Pillen-Rückruf 2.700 Antibabypillen-Packungen sind betroffen

Berlin · Eine Firma ruft eine Antibabypille zurück, weil Anwenderinnen bei der Einnahme Fehler machen und schwanger werden könnten. Was sollen betroffene Frauen jetzt tun - und wie viele sind es überhaupt?

Wegen falsch bedruckter Tablettenverpackungen ruft der Pharmahersteller Pfizer mehrere Chargen einer Antibabypille zurück (Symbolbild).

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Nach dem Rückruf der Antibabypille „Trigoa“ wegen falsch bedruckter Tablettenverpackungen bleibt die Zahl der betroffenen Frauen weiter unklar. An Apotheken und Großhandel seien bundesweit gut 2.700 Packungen der betroffenen Chargen ausgeliefert worden, teilte die zuständige Berliner Aufsichtsbehörde, das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), auf Anfrage mit. Den Rückruf habe der Hersteller Pfizer am 3. und 4. Dezember an Apotheken und Großhandel kommuniziert. Pfizer erklärte, man gehe davon aus, dass eine „geringe Anzahl“ an Anwenderinnen abgegeben wurde. „Wir bedauern die Unannehmlichkeiten und entschuldigen uns in diesem Zusammenhang.“

Der Pharmaexperte Gerd Glaeske (Universität Bremen) kritisierte angesichts der Behördenwarnung vor ungewollten Schwangerschaften die Kommunikationspolitik des Herstellers. „Gerade unter dem Aspekt der eingeschränkten Zuverlässigkeit der Verhütung sollte mit dem Rückruf eine öffentliche Warnung einhergehen“, sagte der Wissenschaftler. Erst am Montagnachmittag und damit eine Woche nach der Information an Apotheken und Großhandel waren auf der Pfizer-Webseite allgemeine Angaben zum „Trigoa“-Rückruf zu finden, am Abend folgten Hinweise für Anwenderinnen. Diese sollten demnach mit ihrem Arzt das weitere Vorgehen besprechen. „Vorsichtshalber ist die Verwendung eines zusätzlichen, nicht-hormonellen Verhütungsmittels, z.B. Kondom, ratsam.“

Die Berliner Behörde hatte den Rückruf am Freitag in einer Pressemitteilung publik gemacht, aber kaum Details genannt. Eine Pfizer-Sprecherin erklärte auf Anfrage: „Die Information zum Rückruf von drei Trigoa-Chargen ist in Abstimmung mit den hier zuständigen Behörden erfolgt. Unsere Informationen erfolgen in Einklang mit dieser Abstimmung.“ So seien beispielsweise Ärzte und Apotheken in ganz Deutschland aktiv informiert worden. Weitere Informationen seien derzeit nicht geplant.

Glaeske betonte, im Fall von Schwangerschaften sei der Hersteller nach seiner Einschätzung „haftbar zu machen für Folgen mangelnder Produktqualität“. Fehler wie falsch bedruckte Durchdrückverpackungen müssten aus seiner Sicht in der Qualitätssicherung des Herstellers auffallen. Da zunehmend im Ausland produziert werde, fielen Fehler manchmal aber erst den Anwendern oder Apothekern auf. Das Online-Magazin „Apotheke Adhoc“ schrieb im Zusammenhang mit den falschen „Trigoa“-Blistern, Pfizer habe die Produktionsstätte verlagert, die Pille werde nun in Irland produziert. Das Unternehmen selbst reagierte nicht auf die Frage, wie der Fehler passierte.

„Trigoa“ ist ein sogenanntes Dreiphasenpräparat, das bereits seit vielen Jahren auf dem Markt ist. Die Dragees sind unterschiedlich hoch dosiert und haben verschiedene Farben. Laut Anleitung werden zuerst die sechs hellbraunen, dann die fünf weißen und schließlich die zehn ockerfarbenen Dragees eingenommen. Bei den Chargen X34106, X51153 und W98332 war aber die Beschriftung falsch. Es könne zu Anwendungsfehlern und ungewollter Schwangerschaft kommen, warnte das Lageso.

Frauenärzte rechnen deshalb nun aber nicht mit reihenweise Schwangerschaften. Die in der Pille enthaltenen synthetischen Hormone seien „zu jedem Zeitpunkt ausreichend hoch dosiert, um einen Eisprung zu verhindern, auch dann, wenn die Dragees in einer falschen Reihenfolge eingenommen werden“, erklärte der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Christian Albring, am Montag auf Anfrage. „Das gilt, solange eine regelmäßige, tägliche Einnahme alle 24 Stunden gesichert ist.“ Etwaige Folgen für den Hormonhaushalt betroffener Frauen waren zunächst unklar.

Laut einem am Montag auf der Webseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlichten Hinweis an Apotheker und Ärzte sollten Frauen über den Rückruf informiert werden, die zwischen dem 27. November und dem 6. Dezember ein entsprechendes Rezept eingelöst haben könnten - ein drei Tage längerer Zeitraum als in ersten Behördenangaben. Packungen aus den betroffenen Chargen sollten über Apotheken zurückgegeben werden. Bei Rückrufen prüfen Apotheker zudem ihre Lagerbestände, so dass beanstandete Chargen nicht mehr ausgegeben werden.

Der Rückruf macht sich laut dem Vorsitzenden der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK), Martin Schulz, bereits in Apotheken bemerkbar - die AMK bekomme Verärgerung zu spüren. Die Apotheken seien zwar von Pfizer zum Zurücksenden der betroffenen Arzneimittelpackungen aufgefordert worden - „Portokosten würden aber nicht erstattet werden und zur Erstattung der Arzneimittel wurden von der Firma uns gegenüber bisher auch keine Angaben gemacht“. Pfizer kündigte am Montagabend „eine Rückerstattung für die betroffenen Packungen“ an.

Für „Trigoa“ ist nun ein Lieferengpass bis voraussichtlich April 2019 gemeldet. Für betroffene Frauen heiße das, dass sie sich ein neues Rezept über ein vergleichbares Präparat ausstellen lassen müssen, hieß es von der AMK.

(özi/dpa)