Psychologie So hält die Liebe auch im Urlaub

Düsseldorf · Urlaub gilt als die entspannteste Zeit im Jahr. Doch für viele Paare ist sie das genaue Gegenteil. Bei wem der Urlaub eher das Zeug zur Krise als zur Erholung hat und was man tun kann, damit es ein Happy End gibt.

 Trotz Urlaub findet das Paar keine Ruhe im Beziehungsstress. (Symbolbild)

Trotz Urlaub findet das Paar keine Ruhe im Beziehungsstress. (Symbolbild)

Foto: Shutterstock/pixelrain

Reise planen, Koffer packen, los zum Flieger – schon ist der Zoff in der Partnerschaft da. Warum müssen wir immer All-inclusive-Urlaub machen? Jedes Mal ist dein Koffer so schwer! Kannst du nicht einmal pünktlich sein? Schon jetzt ist klar: Urlaub genießen wird nichts. Trotz Sonnenschein herrscht Eiseskälte in der Beziehung. Am Ende der Urlaubszeit steht die Partnerschaft kurz vor dem Aus.

Tatsächlich ist die Zeit nach dem Urlaub anfällig für Trennungsdramen. Rund ein Drittel der Paare gehen nach der gemeinsamen Ferienzeit auseinander, ein weiteres Drittel nach Weihnachten und das übrige Drittel verteilt sich auf das Jahr, sagt der Berliner Paartherapeut und Buchautor Wolfgang Krüger. Da man in den Ferien dem Alltag entflieht, offenbaren sich genau dort die Probleme einer Beziehung. „Urlaub ist wie eine Inventur“, sagt Vera Matt, Paartherapeutin in Wülfrath und Berlin.

Erste Anzeichen dafür, ob die gemeinsamen Ferien zum Fiasko werden, zeigen sich jedoch schon bei der Planung. „Der eine will in die Berge, der andere ans Meer. Am Ende fahren beide in die Wüste und fühlen sich fremdbestimmt. Keiner kann seinem eigentlichen Wunsch nachgehen“, sagt Matt. Der Zoff ist programmiert. Sie hält es darum für wichtig, bereits bei der Urlaubsplanung, an die eigenen Bedürfnisse zu denken und zu verstehen, dass man auch als Paar nicht ausschließlich im Doppelpack funktioniert.

Der Rat der Paartherapeutin für die Urlaubsplanung:

  • Schließen Sie nur Kompromisse, wenn Sie sie wirklich tragen können. Für den anderen an einen Urlaubsort zu fahren, den man selbst nie gewählt hatte, kann nur gut gehen, wenn man diese Entscheidung wirklich ernst meint.
  • Entscheiden Sie sich nicht aus sozialer Konvention heraus für einen Paarurlaub, wenn Sie eigentlich lieber alleine verreisen würden.

In der Realität steht bei der Urlaubsplanung jedoch meist die Suche nach einem hippen Urlaubsziel im Vordergrund als der Blick auf das, was der Beziehung gut täte. Das hat laut Krüger zur Folge, dass sich nur die Hälfte der Paare in ihren Ferien so erholt, dass es ihnen danach besser geht. Das birgt Konfliktpotential. Vor allem dann, wenn das Paar auch in der Freizeit nicht gut als Team funktioniert.

Dies ist seiner Einschätzung nach einer der Hauptgründe für das Beziehungsaus nach der gemeinsamen Ferienzeit. Im Alltag zu Hause fällt nicht so schnell auf, dass das Team nicht gut funktioniert. Die Partnerschaft explodiere bevorzugt im Urlaub. Denn dort halten viele die plötzliche Zwangsnähe zum anderen nicht aus. Die gewohnten Rückzugsmöglichkeiten – die Leseecke oder der Garten, Klavier oder Skat spielen mit Freunden – sind nicht vorhanden.

Plötzlich vermisst er den Sportclub und sie das abendliche Telefonat mit der besten Freundin. Aus der entstehenden Unzufriedenheit entsteht Streit.

Moos sieht darin eine Parallele zum zankigen Verhalten, wie es Kinder zeigen, um auf sich aufmerksam zu machen. „Ein Paarkonflikt im Urlaub ist nichts anderes als der Versuch, Nähe zu erzeugen“, sagt Matt. Mit üblem Ende, denn ein streitlustiger Partner bekommt allenfalls negative Aufmerksamkeit.

Durch Urlaub ist Beziehung meist nicht zu retten

Das zeigt: In Urlaub zu fahren, um eine Beziehung zu retten, der es an Basis fehlt, hat wenig Aussicht auf Erfolg. „Man ist als Schicksalsgemeinschaft unterwegs“, sagt Krüger. Schon Banalitäten werden im ungewohnten Umfeld zum Problem und geben Anlass für zusätzlichen Streit. Schnarcht der Partner, kann man nicht wie zu Hause aufs Gästezimmer ausweichen. Gibt es Ärger miteinander, kann man nicht kurz den Freund anfunken, um sich zu einem Feierabendbier zu verabreden. Bekannte Muster funktionieren im Urlaub nicht. Darum raten die Therapeuten dazu, wankende Beziehungen besser im heimischen Wohnzimmer als auf einer einsamen Insel zu retten.

Nur in einem Fall sieht Krüger Urlaub als geeigneten Rettungsanker für die Beziehung: Wenn die Gründe für die Missstimmung nicht in der Basis der Beziehung begründet liegen. Das könne die Pflege der Eltern sein, eine starke Jobbelastung, der Hausbau oder die Erziehung von Kindern. All das kann zwar auch zu Streit miteinander führen, doch gibt es hier die Chance, abseits der Alltagspflichten durch eine Auszeit wieder sein gemeinsames Fundament zu finden.

In solchen Fällen kann es hilfreich sein, die Großeltern mit in die Betreuung der Kinder einzuspannen, sich bewusst für einen Cluburlaub mit Kinderanimation zu entscheiden oder älteren Kindern ihren ersten eigenen Urlaub mit einer Ferienfreizeit zu gönnen, um auch selbst wieder einmal Zeit als Paar zu finden.

Urlaubstipps für schwierige Paarsituationen

Paare, die ihre Beziehung hingegen als kritisch einschätzen, können den Urlaub miteinander wagen, wenn sie sich für die richtige Form von Urlaub entscheiden. Die Paartherapeuten geben folgende Tipps:

  • Peilen Sie einen gemeinsamen Urlaub mit Freunden an. Durch die Gesellschaft der größeren Gruppe ist das Paar nicht auf sich selbst fokussiert, sondern findet auch andere Gesprächspartner. Das kann helfen, entstehende Spannung abzufedern.
  • Denken Sie über einen Aktivurlaub nach. Gemeinsame Erlebnisse können eine Partnerschaft stärken. Auch die Erfahrung sportlich im Team zu funktionieren, kann das Vertrauen zurückbringen, dass es auch in anderen Bereichen ebenso funktioniert.
  • Planen Sie eine Rundreise statt einen Poolurlaub. Durch wechselnde Urlaubseindrücke und -ziele ist der Fokus eher auf Äußeres gerichtet. Aufregende Erlebnisse halten Sie eher davon ab innere Aufreger zu suchen und sich daran festzubeißen.
  • Denken Sie über eine Kulturreise nach. Das gibt neue Eindrücke. Durch das vorgegebene Rahmenprogramm hat auch Ihr Urlaub einen festen Rahmen. Dadurch entfällt der Streit über die Tagesgestaltung.
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