Von Analphase bis Zigarre Das kleine Sigmund-Freud-Lexikon

Wien · Sigmund Freud hat das Kunststück geschafft, gleich mehrere von ihm geprägte Fachbegriffe in der Alltagssprache unterzubringen. Und auch sonst setzte der Begründer der Psychoanalyse jede Menge Duftmarken.

Sigmund Freud - Sein Leben in den wichtigsten Begriffen
Foto: dpa, fme tba

Freudsche Fehlleistung und Ödipuskomplex sind Begriffe, die jeder schon mal gehört hat. Aber was genau bitte ist ein "analer Charakter"?

ANALPHASE: Gemäß Freud folgt in der frühen Kindheit auf die orale die anale Phase. Das Kind lernt, dass die Erwachsenen seine Darmentleerung mal loben, mal kritisieren - je nachdem, ob es dabei auf dem Töpfchen sitzt. Wenn die Eltern zu viel Zwang ausüben, kann sich das Kind zu einem "analen Charakter" entwickeln, einem Sauberkeitsfanatiker und Geizhals, der nie sein Portemonnaie erleichtert.

BART: Freuds weißer Bart, sein Markenzeichen, war immer sorgsam gestutzt. Psychiater in aller Welt kopierten ihn später.

COUCH: Steht heute in London und sieht ganz anders aus als man denken würde, nämlich reichlich kurz und komplett verdeckt von einem Perserteppich. Darunter ist sie ziemlich hässlich.

DROGEN: "Ich bin ein großer wilder Mann, der Kokain im Leib hat", schrieb Freud an seine Verlobte Martha. Anfangs hielt er die Droge für eine Art Allheilmittel, verteilte sie unter seinen Schwestern.
Später erkannte er den Fehler.

ES: Freuds Bezeichnung für die dunklen Triebkräfte, die den Menschen seiner Überzeugung nach zum großen Teil beherrschen.

FILM: 1925 bot Hollywood-Produzent Samuel Goldwyn Freud 100 000 Dollar, wenn er am Drehbuch für einen Liebesfilm mitarbeiten würde. Freud lehnte ab.

GESTAPO: Vor seiner Ausreise nach London musste der prominente Jude Freud den Nazis 1938 bescheinigen, dass er von ihnen nicht misshandelt worden war. Mit waghalsigem Spott schrieb er: "Ich kann die Gestapo jedermann auf das Beste empfehlen."

HUNDE: Freud war ein großer Hunde-Freund. Seinem Chow-Chow Jofie sprach er diagnostische Fähigkeiten zu: "Wen die Jofie nicht mag, bei dem stimmt was nicht!"

ITALIEN: Freuds liebstes Urlaubsland. Seine Familie ließ er aber zu Hause - sie mitzunehmen, war ihm zu teuer.

JUNG, CARL GUSTAV: Lange sah Freud in ihm seinen Kronprinzen, doch dann bekam er Streit mit ihm - so wie mit fast allen seiner Schüler.

KREBS: Seit 1923 trug Freud eine Kieferprothese, weil ihm wegen eines Tumors der größte Teil des rechten Oberkiefers entfernt worden war. Er war danach nie mehr schmerzfrei

LIBIDO: Laut Freud einer der Haupttriebe des Menschen. Er selbst lebte aber schon mit Ende 30 enthaltsam. Er sei "ohne sexuelle Lust und impotent", klagte er.

MONROE, MARILYN: Gilt als prominentestes "Opfer der Psychoanalyse". Wegen ihrer Depressionen suchte die Schauspielerin Hilfe bei wechselnden Psychiatern Freudscher Prägung, die ihren Zustand aber nur noch verschlimmerten. 1962 starb sie an einer Überdosis Tabletten.

NOVELLEN: Freud schrieb über seine Patienten "nach Art von Novellen". Die packenden Fallstudien sicherten ihm eine Leserschaft weit über Fachkreise hinaus.

ÖDIPUSKOMPLEX: Wie in dem gleichnamigen Drama von Sophokles verlieben sich Freud zufolge viele kleine Jungen in ihre Mutter. Aus Angst, vom Vater kastriert zu werden, überwinden sie den Komplex und identifizieren sich mit dem Vater.

PENISNEID: Freud vertrat die Auffassung, dass Mädchen Jungen um ihren Penis beneiden. Die Feministinnen haben ihm dies nie verziehen.

RATTENMANN: Neben dem Wolfsmann sein berühmtester Patient. Der junge Jurist hatte panische Angst vor einer Foltermethode, bei der dem Gefangenen ein Topf mit Ratten auf dem Gesäß festgebunden wird. Die Ratten fressen sich dann durch... Als geheilt entlassen, fiel der Rattenmann im Ersten Weltkrieg.

SAMMELLEIDENSCHAFT: Freud häufte 3000 antike Figuren, Schalen und Vasen an. Außerdem sammelte er Briefmarken, Feuerzeuge und Witze. Als Ersatzhandlung für fehlende sexuelle Eroberungen, wie er glaubte.

TRAUMDEUTUNG, DIE: Der Titel seines berühmtesten Buches. Träume sind demnach Träger geheimer Botschaften und deuten auf versteckte Wünsche hin.

UNTERBEWUSSTSEIN: Entgegen landläufiger Meinung kein Freudscher Terminus, vielmehr spricht er vom Unbewussten als dem nicht direkt zugänglichen Bereich der menschlichen Psyche.

VERSPRECHER, FREUDSCHER: Ein Versprecher, der unbeabsichtigt die wahren Gedanken des Sprechenden enthüllt. Auch Freudsche Fehlleistung genannt.

WIEN: Die Stadt, in der Freud fast sein ganzes Leben verbrachte. Er war ihr in inniger Hassliebe zugetan.

ZIGARRE: Jeden Tag rauchte Freud 20 Havanna-Zigarren. "Verschobene Masturbation", sagte er dazu.

(dpa)
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