DAK-Studie Drei Millionen Beschäftigte schlucken Aufputschmittel

Berlin · Doping im Job nimmt zu: Knapp drei Millionen Beschäftigte putschen sich nach einer Studie mit Medikamenten auf, um den Leistungsdruck im Beruf besser auszuhalten.

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Foto: dpa

Knapp drei Millionen Menschen in Deutschland schlucken verschreibungspflichtige Pillen, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein und Stress sowie Ängste abzubauen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit.

Für die Studie wurden Arzneimitteldaten von 2,6 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten analysiert. Zusätzlich wurden mehr als 5000 Berufstätige im Alter von 20 bis 50 Jahren befragt. Zudem wurden die aktuellen Daten mit denen der DAK-Umfrageergebnisse zu diesem Thema von 2009 verglichen. Das Ergebnis: Innerhalb von sechs Jahren ist der Anteil der Beschäftigten, die "Hirndoping" betreiben, von 4,7 auf 6,7 Prozent gestiegen.

Die Dunkelziffer sei laut Experten aber noch viel höher. Hochgerechnet auf die Bevölkerung hätten damit fünf Millionen Erwerbstätige schon einmal leistungssteigende oder stimmungsaufhellende Mittel genommen. Jeder Zehnte sei für diese Form des Hirndopings prinzipiell aufgeschlossen.

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Foto: Techniker Krankenkasse

Auslöser für den Griff zur Pille sind laut der Studie meist hoher Leistungsdruck sowie Stress und Überlastung. Vier von zehn Dopern gaben demnach an, bei konkreten Anlässen wie Präsentationen oder wichtigen Verhandlungen Medikamente zu schlucken.

Männer versuchen laut Studie damit vor allem, noch leistungsfähiger beim Erreichen ihrer beruflichen Ziele zu werden. Zudem wollen sie auch nach der Arbeit noch Energie für Freizeit und Privates haben.

Frauen nehmen hingegen solche Medikamente am ehesten, damit ihnen die Arbeit leichter von der Hand geht und sie emotional stabil genug sind. Dabei nennt laut der Studie viele Kontakte mit Menschen als Grund für den Medikamentenmissbrauch.

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Foto: gms

Doch obwohl Leistungsdruck als Auslöser zum Hirndoping genannt wird, sind nicht die Top-Manager oder Kreative sie sich am meisten mit Medikamenten aufputschen. Laut der Studie steigt das Risiko für Hirndoping, je unsicherer der Arbeitsplatz und je einfacher die Arbeit selbst sei. Laut der Studie haben Beschäftigte mit einer einfachen Tätigkeit zu 8,5 Prozent bereits Mittel zur Leistungssteigerung eingenommen. Bei Gelernten oder Qualifizierten seien es nur 6,7 Prozent. Bei den hochqualifizierten Beschäftigten wären es 5,1 Prozent. "Das Klischee der dopenden Top-Manager ist damit vom Tisch", sagte DAK-Vorstandschef Herbert Rebscher bei der Präsentation der Studie.

Dabei spielten nicht nur äußere Faktoren, sondern auch die innere Haltung eine Rolle. So seien übertriebene Ansprüche an die eigene Leistungsfähigkeit häufig ein Problem.

Am häufigsten greifen Beschäftigten demnach zu Medikamenten gegen Angst, Nervosität und Unruhe (60,6 Prozent). Dann folgen Mitteln gegen Depressionen (34 Prozent). Etwa jeder achte Doper schluckt Tabletten gegen starke Tagesmüdigkeit. 11,1 Prozent nehmen Betablocker.

Mehr als jeder Zweite bekommt laut DAK-Report für die entsprechenden Medikamente ein Rezept vom Arzt. Jeder Siebte erhält Tabletten von Freunden, Bekannten oder Familienangehörigen, und jeder Zwölfte bestellt sie ohne Rezept im Internet.

"Auch wenn Doping im Job in Deutschland noch kein Massenphänomen ist, sind diese Ergebnisse ein Alarmsignal", warnte Rebscher. Suchtgefahren und Nebenwirkungen des Hirndopings seien nicht zu unterschätzen.

Nach Angaben des Doping-Experten Klaus Lieb zeigen die Medikamente oft nur kurzfristige und minimale Effekte auf die kognitive Leistungsfähigkeit. Auf der anderen Seite gebe es "hohe gesundheitliche Risiken, wie körperliche Nebenwirkungen bis hin zur Persönlichkeitsveränderung und Abhängigkeit", erklärte der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Mainz. Es könne zu Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Nervosität und Schlafstörungen kommen, mögliche Langzeitfolgen seien noch völlig unklar.

(AFP)
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