Lärm im OP sorgt für mehr Komplikationen Wie Handys und Lärm die Operateure ablenken

Hannover · Wer unters Messer muss, der wünscht sich einen Operateur mit besonders ruhigem Händchen. An Ablenkung durch klingelnde Handys und ohrenbetäubenden Lärm denkt keiner. Dabei würden bei weniger Radau im OP weniger Komplikationen passieren, belegt eine Studie.

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Klirren, klappern, Handy klingeln — in deutschen Operationssälen geht es alles andere als leise zu. Der Eingriff, bei der die Schwester dem Chirurgen wortlos das Skalpell reicht, gibt es nur im Fernsehen. In Wirklichkeit dröhnt der Krach in Spitzenwerten so laut wie eine Motorsäge durch den gekachelten Raum, in dem hoch konzentriert gearbeitet werden soll.

Lärmquellen gibt es dort viele: Chirurgen, Anästhesisten, OP-Schwestern oder Medizinstudenten plauschen über ihre Erlebnisse am Wochenende, OP-Besteck fliegt klappernd in Schalen, das Radio dröhnt, medizinische Geräte piepen und pochen, Handys oder Pieper melden sich. "Der durchschnittliche Lärmpegel im OP liegt bei 63 Dezibel", sagt Dr. Carsten Engelmann, Oberarzt in der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). So laut sind ein Rasenmäher, der in zehn Metern Entfernung vorbeifährt oder eine ratternde Nähmaschine.

Zahl der Komplikationen verringert sich um die Hälfte

Besser wäre das für die Mediziner selbst und auch für den Patienten anders, zeigen Studien-Ergebnisse, der MHH. Die Chirurgen konnten sich bei der wissenschaftlichen Untersuchung bei einem geringeren Geräuschpegel besser konzentrieren und bei den Patienten sank die Zahl der Komplikationen nach dem Eingriff um die Hälfte. Es gab weniger Nachblutungen und Infektionen.

Das mag nicht wundern, zieht man weitere Studien zu Rate. So steigt zum Beispiel das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gefäßwandveränderungen durch Krach an. Reduziert man den Geräuschpegel von 65 auf rund 55 Dezibel, sinkt diese Gefahr beispielweise um 20 Prozent. Nachgewiesen ist auch, dass bei einem Dauerschallpegel von 60 Dezibell im Schlaf Stressreaktionen auftreten.

Geräusch-Warner sorgen für Ruhe

Für die Untersuchung in Hannover hatten die Wissenschaftler 150 Eingriffe, die länger als 20 Minuten dauerten unter die Lupe genommen. Zunächst maßen sie den Lärmwert wie er normalerweise auftritt. Danach verordneten sie den OP-Teams ein Geräuschsenkungsprogramm. Dazu wurden große optische Geräusch-Warner in den Blickachsen des Operationssaals aufgehängt, das OP-Telefon auf das optische Signal umgestellt, Privatunterhaltungen waren tabu und Handys mussten draußen bleiben.

Neben den positiven Effekten auf die operierten Patienten, waren auch die Operateure danach besser drauf, hält Studienleiter Engelmann fest: "Offenbar stört der Lärm im OP viele Chirurgen, nur wird das leider zu selten ausgesprochen."

(wat)
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