Immer mehr Deutsche erkältet Wie gut ist die neue Grippe-Impfung?

Ärzte untersuchen derzeit immer mehr Patienten mit Erkältungskrankheiten. Das Spektrum reicht von milden Verläufen bis zu schweren Formen der Grippe und Lungenentzündungen. Impfungen werden empfohlen – vor allem für Risikopatienten. Wie gut der neue Impfstoff ist, muss sich zeigen.

Fragen und Antworten zur Grippe-Impfung
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Foto: dapd

Ärzte untersuchen derzeit immer mehr Patienten mit Erkältungskrankheiten. Das Spektrum reicht von milden Verläufen bis zu schweren Formen der Grippe und Lungenentzündungen. Impfungen werden empfohlen — vor allem für Risikopatienten. Wie gut der neue Impfstoff ist, muss sich zeigen.

Wie gut ist der Impfschutz? Diese Gretchenfrage beschäftigt Infektionsmediziner mit saisoner Sicherheit. Unlängst wurde sie eher betrüblich beantwortet: Die Schutzwirkung der Grippe-Impfung vom Herbst 2011 war im Vergleich mit den Vorjahren deutlich schwächer ausgefallen. Das berichtete die Fachzeitschrift "Eurosurveillance", die sich mit der Epidemiologie von Infektionskrankheiten beschäftigt. Sie berief sich auf eine Studie des "European Centre for Disease Prevention and Control" (ECDC) in acht Ländern Europas (ohne Deutschland).

Da heißt es hoffen, dass eine Prophezeiung des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin Wirklichkeit wird. Wie das RKI mitteilte, hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO schon im Frühjahr angekündigt, für die nun erwartete Grippesaison die Zusammensetzung des Impfstoffs neu zu justieren — zwei der drei Virenstämme sollen verändert werden.

Jedenfalls ist jetzt auch wieder Zeit für die aktuelle Grippeschutzimpfung. Von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlen wird sie besonders beruflich exponierten Personen mit viel Kontakt zu anderen Menschen (wie Busfahrer, Lehrer und Klinikpersonal), allen über 60-Jährigen, Risikogruppen und chronisch kranken Menschen, wie Diabetikern, Herzpatienten, Nierenkranken oder Menschen mit einer Erkrankung der Atemwege, Menschen mit HIV oder einer angeborenen Immunschwäche sowie Schwangeren nach dem dritten Monat.

Wie immer sind allerdings Grippe und Erkältung unterschiedliche Erkrankungen. Ärzte untersuchen derzeit immer mehr Patienten mit Krankheiten. Das Spektrum reicht von milden Verläufen bis zu schweren Formen der Grippe und Lungenentzündungen. Bei viralen Infekten läuft die Nase, die Nebenhöhlen sind verstopft, im Hals herrscht ein Kratzen, die Stimme ist heiser, Schleim will aus dem Körper befördert werden. Vor allem abends piesackt der Husten die Leute, was sie schlecht einschlafen lässt. Morgens warten dann regelmäßig dicke Köpfe.

Auch die Bronchitis wird fast immer durch eingeatmete Viren verursacht. Sie sind so klein und leicht, dass sie als sogenanntes Aerosol oft über Stunden hinweg in der Luft schweben können. So wandern sie von einem Menschen zum nächsten. Beim Atemwegsinfekt ist das ausgehustete Sekret anfangs noch glasig und transparent. Das ist für den Mediziner ein Hinweis darauf, dass Viren am Werk sind. Im Verlauf der Bronchitis wird das Sekret zäher und ändert seine Farbe ins Weißlich-Gelbe.

Diese Veränderung des Sekrets bewirken Bakterien, die auf die bereits geschädigte Schleimhaut aufsiedeln. Man spricht von einer bakteriellen Superinfektion. Gegen Ende der Infektion dominiert auf den zerstörten Atemschleimhäuten meist eine Erregerpopulation aus der Gruppe der vergrünenden Streptokokken (Streptococcus vermidans); das gelbliche Sekret bekommt jetzt einen zusätzlichen Grünstich. Das ist indes ein sicherer Hinweis, dass die Bronchitis sich der Endphase nähert und bald überstanden sein wird.

Gleichwohl, als Auslöser der Erkältung kommen in den allermeisten Fällen Viren in Betracht — und zwar zwischen 200 und 300 verschiedene, die sich fortwährend verändern und für das Immunsystem eine massive Herausforderung darstellen. Denn haben sich die körpereigenen Abwehrkräfte erst einmal auf bestimmte Viren eingestellt, so sind meist bereits neue Erreger entstanden, bei denen die angepasste Abwehrstrategie des Immunsystems nicht greift. Gegen einen Schnupfen wird man daher nicht immun, selbst wenn man ihn einmal durchlitten hat. Die neu entstandenen Erreger können sich mitunter im menschlichen Organismus besonders gut verbreiten und so schwerere Symptome hervorrufen, als dies bei Erkältungen gewöhnlich der Fall ist.

Offenbar sind einige der momentan grassierenden Viren dieser mutierten Kategorie zuzuordnen. Nur so lässt sich der besonders schwere und langwierige Husten bei vielen Patienten erklären. Fachleute glauben jedenfalls, dass eine Information in ihrem Erbgut diese Viren besonders leicht an die Schleimhäute des Atemsystems andocken lässt. Sind diese etwa durch die kalte Jahreszeit und trockene Raumluft entsprechend anfällig, können sich die Keime leicht verbreiten — und da sie zudem vermutlich äußerst ansteckend sind, ist in manchen Betrieben nahezu die gesamte Belegschaft erkrankt.

Was den Husten anlangt: Die Sammelstelle für Sekret ist dummerweise der Rachenraum. Dorthin gelangt auch Sekret aus den Nabennebenhöhlen, das an der hinteren Rachenwand nach unten abläuft. Betroffene verspüren ein Fremdkörpergefühl und neigen zum Räuspern. Dadurch werden die Schleimhäute erst recht wieder gereizt. Da es sich um Viren handelt, sind Antibiotika nutzlos. Die meisten Ärzte verordnen Maßnahmen zur Linderung der Symptome. Am wichtigsten ist ausreichende Flüssigkeitszufuhr, am besten mit Kräutertee (etwa Salbei); außerdem sollten sich Patienten schonen und sich eine besonders vitaminreiche Ernährung gönnen. Hausmittel wie beispielsweise heiße Zitrone, heiße Milch mit Honig, Nasenduschen oder Inhalationen bieten ebenfalls eine Chance gegen die Beschwerden. Das Kamillendampfbad trocknet allerdings die Schleimhäute aus und ist eher kontraproduktiv. Dagegen ist ein Spaziergang in kalt-feuchter Luft nicht verkehrt — wenn man warm angezogen ist.

Epidemiologen stellen übrigens ein interessantes Phänomen fest: Je mehr gewöhnliche Erkältungen im Umlauf sind, desto weniger Fälle der schweren, mitunter nicht ungefährlichen Influenza-Grippe gibt es. Eine Erklärung dafür gibt es bislang nicht. Freilich sollten Patienten, bei denen der Husten über sehr lange Zeit anhält, doch einen Arzt aufsuchen. Es kann sich nämlich eine andere Krankheit dahinter verbergen — und so mancher Patient kam in die Praxis mit einem lästigen Husten und verließ sie mit der Verdachtsdiagnose eines Bronchialkarzinoms.

Jeden Herbst und Winter bedrohen neue Stämme von Grippeviren menschliches Leben. Für Wissenschaftler ist die Bestimmung der gefährlichen Stämme in jedem Jahr ein Rennen gegen die Zeit, um aus ihnen Impfstoffe zu gewinnen. Die Furcht vor einer "Super-Grippe" läuft mit. Forschern der Universität zu Köln und des Imperial College London ist es nun gelungen, grundlegende Eigenschaften der Evolution des Grippevirus zu entschlüsseln, die zu verbesserten Vorhersagemethoden für künftige Virenstämme führen können. Dafür werteten sie die Daten Tausender Grippe-Virenstämme aus und verglichen ihre Ausbreitung in der menschlichen Bevölkerung.

Die Studie soll in Zukunft zu einer zielgenaueren Entwicklung von Impfstoffen führen, indem sie hilft, diejenigen Virenstämme zu bestimmen, deren Auftreten in der kommenden Saison am wahrscheinlichsten ist.

(csi)
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