Pulverspeise Soylent Was wäre, wenn Sie nie wieder essen müssten?

New York · Einkaufen, Kochen, Essen - für den Amerikaner Rob Rhinehart wurde das alles irgendwann so lästig, dass er sich entschied, eine Alternative zu entwickeln. Mit Erfolg: Soylent heißt das Pulver, das Essen für immer abschaffen soll - und den Körper angeblich dennoch mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt.

 Rob Rhinehart mit seiner Erfindung "Soylent" — die herkömmliches Essen komplett ersetzen soll.

Rob Rhinehart mit seiner Erfindung "Soylent" — die herkömmliches Essen komplett ersetzen soll.

Foto: dpa

Es ist eine dieser Geschichten, wie sie das Silicon Valley als Mekka für Technologie-Fans und Start-ups schreibt: Drei Jungs sitzen Tag und Nacht in einer beengten Wohnung zusammen, und tüfteln an einer neuen Geschäftsidee. Eine erste Finanzspritze haben sie zwar erhalten, aber langsam wird das Geld knapp, und somit auch die Zeit. Was ist zu tun?

Für Rob Rhinehart war die Antwort darauf eindeutig: das Essen abschaffen und die Zeit effektiver nutzen. Was sich für einige verdächtig wie eine Essstörung anhören mag, war tatsächlich der Beginn einer aufstrebenden Geschäftsidee. Als Elektroingenieur begann Rhinehart den Vorgang des Essen aus einer anderen Perspektive zu sehen. "Essen ist eindeutig verbesserungsfähig", schreibt er in einem seiner Blog-Einträge. Gesagt, getan. Anstatt weiterhin Geld und Zeit in Fast Food zu investieren, begann Rhinehart, sich mit Ernährungsratgebern, Biochemie und den Infos der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA zu beschäftigen. Er lernte, welche Vitamine und Nährstoffe der Körper zum Überleben braucht, wie viele Kalorien und welche Nahrungsmittelzusätze auf dem Markt bereits erhältlich sind.

Bis er eines Tages, so beschreibt er es dem Magazin The New Yorker, anstatt zum Supermarkt zu gehen, alle Nährstoffe in Pulverform im Internet bestellte, und sie in einem Mixer mit etwas Wasser zusammen kippte.

Heraus kam ein beiges, dickflüssiges und geruchloses Getränk, dass nach etwas Feinschliff, die Notwendigkeit zu essen vollständig abschaffen sollte. Rhinehart jedenfalls ernährt sich seit seiner Entdeckung Anfang 2013 ausschließlich von dem Pulvergemisch, das er in Anspielung an einen Film aus den 70er Jahren Soylent nannte. In dem Science-Ficton Streifen "Soylent Green" richtet die Menschheit die Erde so zu Grunde, dass die Regierung beginnt, Ernährungspillen aus Menschenfleisch zu verteilen.

Seit einem Monat keinen Bissen Nahrung

"Ich fühle mich wie der Sechs-Millionen-Dollar-Mann. Meinem Körper geht es eindeutig besser, meine Haut ist klarer, meine Zähne weißer, mein Haar dicker und ich habe keine Schuppen mehr", schreibt Rhinehart in seinem Blogeintrag zu "How I stopped eating Food". Und fasst zusammen: "Ich habe nun seit einem Monat keinen Bissen Nahrung zu mir genommen, und es hat mein Leben verändert."

Die Idee stieß im Internet auf so großes Interesse, dass Rhinehart sich mit einigen Partnern zusammenschloss, eine Fundraising-Kampagne startete und Soylent in Produktion ging. Seit Mai 2014 kann sich nun jeder ernähren ohne zu essen.

Eine Tagesration Soylent, gemischt mit Wasser und Öl, liefert dem Körper 2000 Kalorien pro Tag und alle notwendigen Nährstoffe für nur 10 Dollar, so das Versprechen. Getrunken werden kann es je nach Bedarf über mehrere Male oder auch auf einmal.

Ernährungswissenschaftler allerdings äußern sich immer wieder kritisch über solche Trinkdiät. Zwar ist Soylent sogar von der amerikanischen Lebensmittelbehörde FDA als Lebensmittel, und nicht wie die meisten Pulver dieser Art, als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen. Die Befürchtung besteht jedoch, dass auf Dauer eine Mangelernährung auftreten könnte. Während beim Gang in den Supermarkt oder ins Restaurant der Mensch häufig automatisch zu jenen Lebensmitteln greift, die ihn mit fehlenden Nährstoffen versorgen, ist die Dosierung aller Inhaltsstoffe bei Soylent immer die gleiche. Ganz abgesehen davon, dass ein gemeinsamer Abend mit Freunden bei gutem Essen dann gar nicht mehr auf der Agenda steht.

My @soylent just arrived! So excited!! pic.twitter.com/KXCDi9gWKX

(ham)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort