Unkrautvernichter Das umstrittene Glyphosat: Harmlos oder krebserregend?

Düsseldorf · Glyphosat ist ein höchst umstrittener Unkrautvernichter, der verbreitet in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Umweltschützer laufen schon seit langem Sturm dagegen, auch die Krebsforschungsagentur der WHO hält ihn für wahrscheinlich krebserregend. Eine EU-Behörde behauptet in ihrem neuen Gutachten das Gegenteil - mit weitreichenden Folgen.

Bundesweit wurden laut Umweltbundesamt im Jahr 2012 knapp 6000 Tonnen reine Wirkstoffmenge Glyphosat aufgebracht.

Bundesweit wurden laut Umweltbundesamt im Jahr 2012 knapp 6000 Tonnen reine Wirkstoffmenge Glyphosat aufgebracht.

Foto: dpa, ade sv htf

Auch in Deutschland werden viele Pflanzen mit dem Unkrautvernichter Glyphosat behandelt. Umstritten ist, welche Auswirkungen der Stoff auf den Menschen hat. Umweltschützer und eine WHO-Agentur halten ihn für wahrscheinlich krebserregend, eine EU-Agentur sorgt nun mit einem gegenteiligen Urteil für Wirbel.

Glyphosat ist einer der weltweit am meisten eingesetzten Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln. In der Landwirtschaft und im Gartenbau wird es vor der Aussaat zur Unkrautbekämpfung verwendet. Getreide darf in Deutschland unter bestimmten Umständen auch vor der Ernte damit behandelt werden.

Bundesweit wurden laut Umweltbundesamt im Jahr 2012 knapp 6000 Tonnen reine Wirkstoffmenge aufgebracht. Dabei werden Glyphosat oft noch Beistoffe beigemischt. Sie sollen das Eindringen in die Pflanze erleichtern. Diese Stoffe sind nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikoforschung zum Teil giftiger als das Glyphosat selbst.

Nach Ansicht der Efsa ist es "unwahrscheinlich, dass Glyphosat eine krebserregende Gefahr für den Menschen darstellt". Die Behörde schlägt aber vor, einen neuen Grenzwert für die akute Aufnahmemenge von Glyphosat, etwa während einer einzigen Mahlzeit, einzuführen und die Höchstgrenze bei 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht zu setzen.

Der bisher bestehende Grenzwert für die regelmäßige tägliche Aufnahme soll hingegen von 0,3 auf 0,5 Milligramm erhöht werden.

Sowohl das Ergebnis der Bewertung als auch das Vorgehen der Behörde werden scharf kritisiert. So bemängeln die Umweltschutzorganisationen Friends of the Earth und Greenpeace Intransparenz und fehlende wissenschaftliche Unabhängigkeit.

"Es ist ein schwerer Fehler der Efsa, sich auf die mangelhafte und industrienahe Vorarbeit des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu stützen", kritisierten Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter und Pestizidexperte Harald Ebner.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht die Empfehlung als einen "Beleg für die unglaubliche Ignoranz der Behörde gegenüber den Gesundheitsrisiken des Wirkstoffes".

Die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO hatte Glyphosat im Juli als wahrscheinlich krebserregend eingestuft, das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung hält es hingegen für unbedenklich. Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen warnen seit langem vor einer Neuzulassung des Mittels. Sie wollen verhindern, dass Glyphosat weiterhin in Europa zum Einsatz kommt.

Die Efsa ist nach eigenen Angaben zu einer anderen Einschätzung als die IARC gekommen, weil sie mehrere Studien bewertet hat, die von der WHO-Agentur nicht mit einbezogen worden waren. Zudem gibt es unterschiedliche Bewertungen von Studien und unterschiedliche Ansätze: Während die Efsa nur die Wirkung von Glyphosat bewertet hat, beurteilte die IARC auch Mittel, in denen Glyphosat enthalten ist.

Außerdem bewertet die IARC, wie stark die Beweise dafür sind, dass etwas zum Beispiel Krebs auslösen könnte - das ist nicht das Gleiche wie das Risiko, durch das Mittel an Krebs zu erkranken.

Die aktuelle Zulassung für Glyphosat gilt noch bis Ende Juni 2016. Bis dahin muss die Entscheidung über eine mögliche Neuzulassung fallen. Dazu macht die EU-Kommission einen Vorschlag - dieser braucht dann die nötige Mehrheit in einer Gruppe nationaler Experten der EU-Staaten.

Bei all dem geht es übrigens nur um die Substanz Glyphosat. Es ist dann an den EU-Staaten zu entscheiden, ob die Pflanzenschutzmittel, die Glyphosat enthalten, sicher sind und auf ihrem Gebiet in den Verkehr gebracht werden dürfen.

(dpa)
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