Wissenschaftlerin verletzt sich an Nadel Verdacht auf Ebola-Infektion in Hamburg

Hamburg · Eine Wissenschaftlerin sticht sich bei der Arbeit mit dem hochgefährlichen Ebola-Virus trotz Schutzanzug mit einer Spritze. Weil sie sich dabei möglicherweise infiziert hat, liegt sie auf der Isolierstation der Hamburger Uniklinik. Als erster Mensch weltweit wurde die Frau dort mit einem Impfstoff behandelt, der bisher nur an Affen getestet wurde. Noch gibt es keine Anzeichen für eine Erkrankung, endgültige Entwarnung kann aber erst nach der 21-tägigen Inkubationszeit gegeben werden.

 In einer Notfalleinheit für hochinfektiöse Patienten wird die Patientin behandelt.

In einer Notfalleinheit für hochinfektiöse Patienten wird die Patientin behandelt.

Foto: Universitaetsklinikum Eppendorf UKE, AP

Bei der Frau handelt es sich um eine erfahrene Mitarbeiterin des renommierten Bernhard-Nocht-Instituts (BNI) für Tropenmedizin. Seit vielen Jahren arbeitet die Frau im Hochsicherheitstrakt des Instituts, stellt im Labor Antikörper her.

Am vergangenen Donnerstag unterlief ihr dann ein kleiner, aber möglicherweise fataler Fehler: "Sie stach sich in einen Finger", sagte der stellvertretende Leiter des BNI, Egbert Tannich. Unmittelbar danach ließ sich die Frau im Uniklinikum untersuchen und begab sich am nächsten Tag vorbeugend auf die Infektionsstation.

Weil Ebola-Fieber meistens zum Tod führt - bei dem vorliegenden Virus-Typ liegt die Sterblichkeit bei 90 Prozent - und es einfach an Alternativen mangelt, entschieden sich die Hamburger Ärzte in Absprache mit der Patientin und einem internationalen Experten-Team zu einem schweren Schritt: Die Frau wurde am Samstag mit einem Stoff geimpft, der bisher nur an Affen getestet wurde.

Fieber offenbar nur Impfreaktion

24 Stunden später bekam die Frau Fieber. Dies könnte die übliche Impfreaktion sein - oder das erste Symptom der Ebola-Erkrankung, erklärten die Mediziner. Daher wurde die Frau auf die Isolierstation verlegt. Dort liegt sie derzeit in einem großen Plastikzelt und wird von Ärzten und Pflegern in gelben Schutzanzügen versorgt.

Die Ärzte sind aber optimistisch. Zum einen seien die Impfreaktionen zurückgegangen. "Die Patientin ist eigentlich völlig gesund", sagte der Ärztliche Direktor des Uniklinikums, Jörg Debatin, am Dienstag. Und der stellvertretende Leiter des Instituts für Tropenmedizin und Infektiologie am Uniklinikum, Stefan Schmiedel, fügte hinzu: "Daraus, dass die Patientin seit fünf Tagen keine Symptome gezeigt hat, leiten wir eine günstige Prognose ab. Wir glauben mit einiger Sicherheit, dass es nicht zu einer Übertragung gekommen sein muss." Definitiv ausschließen lasse sich dies aber erst nach Ende der Inkubationszeit, die maximal 21 Tage beträgt.

Auch die Umstände des Unfalls lassen hoffen. Die Frau trug bei ihrer Arbeit drei Handschuhe übereinander. "Dadurch war die Stichverletzung am Finger minimal", sagte Tannich und fügte hinzu: "Außerdem war die Spritze zum Zeitpunkt des Einstichs leer, so dass die Wahrscheinlichkeit einer Kontamination sehr gering ist."

Keine Epidemie zu befürchten

Eine Epidemie, wie sie etwa im Film "Outbreak - Lautlose Killer" mit Dustin Hoffman, Rene Russo und Morgan Freeman beschrieben wird, ist nach Einschätzung der Ärzte ausgeschlossen. "Eine Ansteckungsgefahr besteht nur, wenn Symptome zu sehen sind", erklärte Debatin. Die Patientin habe aber keine Symptome gehabt, bevor sie in die Klinik gekommen sei. Es bestehe also keinerlei Gefährdung der Bevölkerung.

Das meist tödlich verlaufende Ebola-Fieber eignet sich wie kaum eine Krankheit als Stoff für filmische Horror-Szenarien. Es löst schwere innere Blutungen aus, die meist in kurzer Zeit zum Tod führen. Eine Heilung gibt es nicht, 50 bis 90 Prozent der Infizierten sterben. Bei den letzten großen Ausbrüchen, vor allem im Kongo und in Uganda, starben Hunderte Menschen.

Das Virus wird bei direktem Kontakt mit Körperflüssigkeiten übertragen. Einen Laborunfall, wie er nun in Hamburg geschehen ist, gab es laut Bernhard-Nocht-Institut noch nie in Deutschland. "Dieser Unfall hätte nicht passieren dürfen", sagte Tannich und betonte, die Sicherheitsbedingungen in dem Labor seien gut. Seit mehr als 20 Jahren werde dort geforscht, lediglich ein kleiner Kreis von besonders geschulten Mitarbeitern sei dort tätig. "Aber jeder Mensch hat mal einen schlechten Tag oder ist mal einen Moment unachtsam", sagte Tannich.

(AP/rm)
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