Heil- und Hilfsmittelreport 2012 Therapien häufig falsch verschrieben

Berlin · Massagen, Ergotherapien oder Bandagen: Zwar sind die Ausgaben für sogenannte Heil- und Hilfsmittel deutlich gestiegen, ihr Einsatz geht aber oft am Patientenbedarf vorbei.

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Foto: TK

Zu diesem Ergebnis kommt der Barmer GEK Heil- und Hilfsmittelreport 2012, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Besonders Kinder, Rückenkranke und Pflegebedürftige sind demnach von einer Über-, Unter- oder Fehlversorgung betroffen.

Trotz einer insgesamt guten Versorgungslage gerate der Einsatz von Heil- und Hilfsmitteln noch oft "zum wohlgemeinten therapeutischen Streuschuss", erklärte der Vizechef der Krankenkasse, Rolf-Ulrich Schlenker.

So wurden den Versicherten der Barmer GEK im vergangenen Jahr insgesamt 400.000 Verordnungen für klassische Massagen ausgestellt, die damit zu den umsatzstärksten Heilmitteln gehören. 85 Prozent davon entfallen je zur Hälfte auf akute und chronische Wirbelsäulenerkrankungen wie Blockaden, Arthrosen oder Bandscheibenvorfälle. Bei chronischen Beschwerden reichten allerdings Massagen als alleinige Therapie nicht aus, erklärte der Autor des Reports, Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen. Er hält die Verordnungen daher für problematisch.

Lückenhafte Versorgung in Heimen

Eine lückenhafte Unterversorgung gibt es demnach auch bei Pflegeheimbewohnern. Obwohl körperliche Aktivitäten gerade bei Demenzpatienten sinnvoll sind, erhalten nur 36 Prozent der Pflegebedürftigen Physiotherapie und nur fünf Prozent eine Ergotherapie. "Alarmierend" sei laut dem Report, dass die Behandlungen mit zunehmendem Alter abnehmen. Eine Ergotherapie soll Menschen helfen, nach Krankheit, Verletzung, Behinderung oder - im Falle von Kindern - bei Entwicklungsverzögerungen alltägliche Handlungen zu üben.

Auch bei Kindern mit einer sogenannten Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADHS) wird die Ergotherapie laut Glaeske in nur 20 Prozent der Fälle eingesetzt. Dabei müsse es gerade bei ADHS neben der Verschreibung von Medikamenten wie Ritalin auch ergänzende oder alternative Therapiemöglichkeiten geben.

Insgesamt stiegen die Ausgaben für Heil- und Hilfsmittel im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung laut dem Report binnen fünf Jahren um 22 beziehungsweise 30 Prozent. Schlenker sprach von einem "Wachstumsmarkt erster Güte".

(AFP)
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