Neue Ergebnisse in der Forschung Studie: Fünf bis 6,5 Stunden Schlaf sind optimal

New York (RPO). Menschen brauchen offenbar deutlich weniger Schlaf als angenommen. Während viele Experten ein tägliches Ruhepensum von sieben bis acht Stunden empfehlen, liegt die optimale Schlafdauer einer Langzeitstudie zufolge zumindest bei älteren Frauen zwischen fünf und 6,5 Stunden.

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Foto: Shutterstock/baranq

Darauf deuten die Daten von etwa 450 Frauen ab 50 Jahren hin, die in den 1990er Jahren an einer Studie teilgenommen hatten. In den 14 folgenden Jahren starben knapp 90 Teilnehmerinnen. "Wenn die Schlafdauer objektiv gemessen wurde, lag die beste Überlebensrate überraschenderweise bei jenen Frauen, die fünf bis 6,5 Stunden schliefen", sagt Studienleiter Daniel Kripke von der Universität von Kalifornien in San Diego.

Damit sollten Frauen auch bei einem Schlafpensum von nur fünf Stunden keine Sorge um ihre Gesundheit haben, betont der Mediziner in der Zeitschrift "Sleep Medicine". Überraschend war auch ein zweites Resultat der Untersuchung: Bei älteren Frauen hatte eine obstruktive Schlafapnoe keine Auswirkung auf die Mortalität. Eigentlich gelten die nächtlichen Atemaussetzer als Risikofaktoren etwa für Bluthochdruck und erhöhte Sterblichkeit. Möglicherweise gelte dies aber nur für jüngere Frauen, vermutet Kripke.

Wer nun aber gerne und häufig länger schläft, muss sich wegen dieser Studienergebnisse keine Sorgen machen. Andere Befunde zeigen nämlich, dass die Natur Menschen mit einem ganz individuellen Hang zum Schlaf ausgestattet hat. So spielte der Zusammenhang zwischen Genen und Schlaf entsprechend eine zentrale Rolle bei der 18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) in dieser Woche in Bremen. Mehr als 1.800 Mediziner tauschten sich dabei über den aktuellen Stand der Schlafforschung aus, besonders über Schlafstörungen und -erkrankungen.

Guter Schlaf ist nach Expertenansicht notwendig, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. So zeigten viele Studien den Zusammenhang zwischen der Gedächtnisleistung von Menschen und ihrem Schlaf, sagt der Vorsitzende der DGSM, der Neurologe Geert Mayer. Durchschnittlich schlafen die Deutschen sieben Stunden am Tag. Doch wie viel Zeit jeder Einzelne im Bett verbringen müsste, werde neben den Lebensbedingungen wesentlich von den Genen mitbestimmt. "Manche Kurzschläfer kommen mit fünf Stunden hin, Langschläfer benötigen gern neun", sagt Mayer.

Eine Disposition, die Folgen haben kann. "Seit zehn Jahren gab es Vermutungen über eine Verbindung von Kurzschlafen und einem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, weil beides häufiger gemeinsam auftrat. Doch man hielt das für Zufall", sagt Mayer. An der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität habe die Theorie nun aber erhärtet werden können.

Narkolepsie mit großer Müdigkeit am Tag

Beantworten konnte die Wissenschaft vor kurzem auch wichtige Fragen zur Narkolepsie, einer seltenen, bis heute unheilbaren Erkrankung, die für Betroffene sehr belastend ist. Ein Symptom sei große Müdigkeit am helllichten Tag, ja unvermitteltes Einschlafen, erläutert Mayer. "Bei starken Gemütsbewegungen und emotionalen Reizen kann es zudem zu einer Schwäche der Muskulatur kommen", sagt er. Die Folge: Narkoleptikern können die Gesichtszüge entgleisen, sie können unter Umständen kurz nicht mehr sprechen oder stürzen gar. "Und das alles bei vollem Bewusstsein", sagt Mayer, der auf die Schlafkrankheit spezialisiert ist.

Lang schon hatten die Mediziner den Verdacht, Narkolepsie könne eine Autoimmunerkrankung sein. In diesem Fall würde also die körpereigene Abwehr Nervenzellen im Gehirn angreifen, die Schlafen und Wachen kontrollieren. 2009 gelang es Mayer zufolge beim Vergleich von Gensätzen von Gesunden und Kranken, diesen Zusammenhang nachzuweisen.

2010 wurde in einer Studie des Europäischen Narkolepsienetzes auch ein neuer Zusammenhang mit der Funktion der Humanen Leukozyten Antigene (HLA) gefunden, die für Transplantationen wichtig sind: Sie entscheiden darüber, ob transplantiertes Gewebe angenommen oder abgestoßen wird. Die Studie konnte einen Zusammenhang mit einer Autoimmunerkrankung des Auges herstellen. Es gelang Mayer zufolge aber auch der Nachweis von Genen, die vor einer Narkolepsie schützen.

15 Gene für die innere Uhr

Insgesamt sind Forscher der Verbindung von Genen und Schlaf schon seit Jahrzehnten auf der Spur, so Geert Mayer. Die Wissenschaft kennt inzwischen nach Angaben der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Abteilung der Neurogenetik der Universität Münster mindestens 15 Gene, die an der inneren Uhr des Menschen drehen. Sie entscheiden, wer Lerche oder Eule ist, wer also früh zu Bett geht und wer erst spät.

Anders als beim Schlafzeitpunkt wusste man über die Gene, die die Schlafdauer beeinflussen, bislang wenig. Aber auch das änderte sich inzwischen. Anfang 2010 vermeldete die Münchener Forschergruppe, man habe einen Zusammenhang zwischen Varianten in einem der bekannten Uhren-Gene und den Stunden gefunden, die Menschen im Bett verbringen. "Manche Menschen brauchen eben einfach mehr Schlaf und sind deshalb nicht faul oder willensschwach", sagt Geert Mayer.

(apd/pst)
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