Zu wenig gefragt, zu viel geröntgt Röntgen: Welche Untersuchungen überflüssig und welche unverzichtbar sind

Salzgitter (rpo). Röntgenuntersuchungen belasten den Körper. Besonders wenn zu viele davon gemacht werden. Das Problem in Deutschland ist, dass viele Facharztpraxen mit Röntgengeräten ausgestattet sind und somit keine Kontrolle über die bereits gemachten Untersuchungen vorliegt. Viele Röntgenuntersuchungen sind überflüssig, manche aber auch unverzichtbar.

<P>Salzgitter (rpo). Röntgenuntersuchungen belasten den Körper. Besonders wenn zu viele davon gemacht werden. Das Problem in Deutschland ist, dass viele Facharztpraxen mit Röntgengeräten ausgestattet sind und somit keine Kontrolle über die bereits gemachten Untersuchungen vorliegt. Viele Röntgenuntersuchungen sind überflüssig, manche aber auch unverzichtbar.

"Wann wurde ihr Rücken das letzte Mal geröntgt?", möchte der Orthopäde wissen. "Vor zwei Jahren". Zeit für eine neue Aufnahme, entscheidet der Mediziner. Ob kürzlich weitere Röntgendiagnosen gemacht wurden, fragt er seine Patientin nicht. Tatsächlich ist es deren vierte Aufnahme in diesem Jahr. Doch auch sie schweigt.

Dabei hätten beide allen Grund nachzufragen: Unnötige Röntgenaufnahmen können zum Gesundheitsrisiko werden. Nach einer Schätzung von britischen Forschern gehen etwa 1,5 Prozent der Krebserkrankungen hier zu Lande auf Röntgenuntersuchungen zurück.

Deutschland hält nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) bei der Zahl der Röntgenuntersuchungen in Europa eine Spitzenstellung. Einen Grund dafür sieht Sybille Jegodzinski vom Bundesverband der Deutschen Radiologen in der so genannten Teilradiologie. Während die Patienten in anderen europäischen Ländern für jede Röntgenaufnahme zum Radiologen überwiesen werden müssten, seien viele Fachärzte hier selbst mit Röntgengeräten ausgestattet. Deshalb würden auch mehr Aufnahmen gemacht, sagt Jegodzinski.

BfS-Präsident Wolfram König sieht die Ärzte in der Pflicht: "Nutzen und Risiko einer radiologischen Untersuchung müssen künftig noch sorgfältiger abgewogen werden, um den Trend der steigenden Strahlenbelastung zu stoppen", forderte König unlängst bei der Vorstellung des Strahlenschutzberichts.

Röntgenuntersuchungen sind natürlich nicht nur ein Risiko. Oft sind sie sogar unverzichtbar, etwa wenn ein Knochenbruch vermutet wird. Die Strahlung passiert das weiche Gewebe, nicht aber feste Körpermaterialien wie Knochen oder Zähne. An diesen Stellen bleibt der Röntgenfilm weiß. So können Frakturen zuverlässig sichtbar gemacht werden.

Hingegen sollte die Röntgenaufnahme nie eine Routine-Untersuchung sein. Nur wenn dies der einzige Weg ist, an fehlende Informationen zu gelangen, sollte diese Methode in Betracht gezogen werden. König rät den Patienten, sich stets erklären zu lassen, weshalb eine Untersuchung erfolgt. Auch sollte der Patient bereits vorhandene Bilder mitbringen. Unter Umständen muss die Aufnahme dann nicht wiederholt werden.

Hilfreich ist zudem ein Röntgenpass, in dem alle Untersuchungen dokumentiert werden. Erhältlich ist der Pass in jeder Praxis. So können unnötige Doppeluntersuchungen verhindert werden.

Auch Computertomografien (CT) sollten in dem Pass vermerkt werden, da bei dieser Methode ebenfalls Röntgenstrahlung angewandt wird. Die CT ist mittlerweile sogar der Hauptgrund für den Anstieg der Strahlenbelastung, da die Dosis der Röntgenstrahlung bei dieser Technik im Schnitt höher liegt als bei der klassischen Methode.

Bei der Durchleuchtung des Knochens oder der Gliedmaßen mit der herkömmlichen Röntgentechnik werden Werte erreicht, die deutlich unter einem Millisievert liegen. Lediglich für Aufnahmen der inneren Organe wie Galle, Magen oder Darm werden Dosen in der Größenordnung von zehn Millisievert verwendet. In diesem Bereich bewegen sich auch die Belastungen bei einer CT-Aufnahme. Durchleuchtungen des Brust- und Bauchraumes erzielen sogar Werte bis zu 30 Millisievert.

Grund für die unterschiedliche Belastung beider Verfahren ist die Technik. Bei der CT werden die Röntgenstrahlen in Pulsen abgegeben, wobei für ein einziges Schnittbild bereits mehr als ein Dutzend Pulse ausgesandt werden. Bei der klassischen Aufnahme wirken die Strahlen dagegen kurzzeitig kontinuierlich auf den Menschen ein. Sinnvoll ist eine CT beispielsweise nach einem Unfall mit Kopfverletzungen. Mit dieser Methode lassen sich zuverlässig gefährliche innere Blutungen im Gehirn sichtbar machen.

Kontrovers wird demgegenüber die Mammografie diskutiert. Dabei wird die weibliche Brust mit Röntgenstrahlen durchleuchtet, um einen eventuell vorhandenen Tumor rechtzeitig zu erkennen. Während die Untersuchung empfohlen wird, wenn beim Abtasten der Brust Knoten zu spüren sind, zweifeln einige Mediziner den Sinn einer Routine-Mammografie an, wenn kein Verdacht vorliegt.

Die Untersuchung auf Brustkrebs ist jedoch ein Beispiel, bei dem zunehmend auch alternative Verfahren in Frage kommen. Mit der Magnetresonanztomografie (MRT) werden mehr als doppelt so viele Patientinnen richtig diagnostiziert, berichten Bonner Wissenschaftler. Die Trefferquote liegt bei 96 Prozent, mit der Mammografie nur bei 42 Prozent. Sie fordern daher, bei Risikopatientinnen eine MRT-Aufnahme statt einer Mammografie.

Bei der MRT wird keine Röntgenstrahlung ausgesandt. Die meist röhrenförmigen Geräte arbeiten mit einem sehr starken Magnetfeld. Mit diesem Verfahren lassen sich zum Beispiel Tumoren orten, Störungen der Blutversorgung erkennen und Erkrankungen des Nervengewebes sichtbar machen. Manche Patienten leiden in der engen Röhre an Platzangst, doch langfristige schädliche Nebenwirkungen sind bislang nicht beschrieben worden.

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