Immunschwächekrankheit Neuer Hoffnungsschimmer für Aidskranke

Straßburg (RPO). Mehr als 25 Jahre nach der Identifizierung des Aids-Virus suchen die Forscher in aller Welt noch immer nach einem Impfstoff gegen die heimtückische Immunschwächekrankheit. Mehrfach wurden bereits Antikörper gefunden und ihr Wirkungsmechanismus entschlüsselt. Doch Hoffnungen auf einen Impfstoff wurden letztlich immer wieder enttäuscht, weil Aidsviren stark mutieren und die Antikörper wirkungslos machen. Jetzt gibt es für hunderte Millionen Menschen, die weltweit mit dem HI-Virus infiziert sind, einen neuen Hoffnungsschimmer: US-Forschern gelang möglicherweise der Durchbruch gegen Aids.

Aids: Zehn Fakten zum HI-Virus
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Foto: ddp

Die Wissenschaftler vom US-Institut für Allergien und ansteckende Krankheiten (NIAID) fanden zwei Antikörper, die 90 Prozent aller bekannten HI-Virenstämme ausschalten können - zumindest gelang dies im Labor, wie die US-Wissenschaftszeitschrift "Science" in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet. Die Antikörper mit den Namen VRC01 und VRC02 halten den Versuchen zufolge die meisten HIV-Stämme davon ab, menschliche Zellen zu infizieren.

Forscher vorsichtig optimistisch

Deutsche Forscher geben sich vorsichtig optimistisch. Die Entdeckung der neuen Antikörper sei "sehr vielversprechend", sagt Georg Behrens, Professor für Immunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die neu entdeckten Antikörper könnten die meisten HI-Viren neutralisieren, und zwar an bestimmten "Achillesfersen", die nicht mutierten und somit von den Antikörpern angegriffen werden könnten.

Allerdings stammen die fraglichen Antikörper von einem bestimmten Menschen, wie Behrens gegenüber der Nachrichtenagentur AFP hervorhob. Deshalb sei die "große Frage", ob sie auch an anderen HIV-Infizierten wirksam seien. Das Forscherteam vom NIAID, das zur Weltspitze gehöre, habe dennoch einen wichtigen Schritt nach vorn getan. Denn die von den Antikörpern angreifbaren Stellen seien dank neuer technischer Verfahren gefunden worden. Damit sei der Weg hin zu einem Impfstoff nun "interessanter und sicherer" geworden.

"Das ist ein neuer Stein im Puzzle", betont auch Professor Jan van Lunzen, Leiter des Bereichs Infektiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Erstmals seien an Aidsviren "hochkonservierte Regionen" gefunden wurden, die sich Antikörpern nicht durch Mutation entziehen könnten. Auch Lunzen warnt aber vor überzogenen Erwartungen. Die Arbeit der US-Forscher werde die Grundlagenforschung voranbringen, doch bis zur Entwicklung eines Impfstoffes sei der Weg noch weit. "Das wird noch Jahre dauern", sagte er.

Bisher war es nicht gelungen, Antikörper zu finden, die die Virenstämme unschädlich machen können. Ein Grund dafür ist, dass das Aidsvirus ständig die Proteine auf seiner Oberfläche verändert. Damit entgeht es der Entdeckung durch das menschliche Immunsystem. Die Fähigkeit zur schnellen Mutation führte zu einer großen Zahl von Varianten des HI-Virus. Die US-Virologen konnten nun aber bestimmte Punkte auf der Oberfläche des Virus ausmachen, die bei allen Stämmen gleich bleiben. An diesem "Schwachpunkt" des Virus können die Antikörper VRCO1 und VRCO2 andocken.

Bis diese Entdeckung zur Entwicklung eines Impfstoffes führt, bleibt den Betroffenen nur die medikamentöse Behandlung. Sie hat zwar ihre Lebenserwartung deutlich gesteigert - in Deutschland sind mehr als ein Drittel der HIV-Infizierten heute über 50 Jahre alt. Die Behandlung führt allerdings oft zu starken Nebenwirkungen. Und Langzeitwirkungen zeigen sich meist erst nach Jahrzehnten.

Ende 2008 waren nach Angaben des Robert Koch-Instituts in Deutschland rund 63.000 Menschen HIV-positiv, rund 1100 von ihnen erkrankten an Aids, 650 starben. Weltweit wird Aids bisher für 30 Millionen Todesfälle verantwortlich gemacht.

(AFP/felt)
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