NDR "Markt"-Recherche So schlecht beraten Apotheken in der Erkältungszeit

Hamburg · Viele Menschen leiden jetzt unter einer Erkältung, vor allem Halsschmerzen sind verbreitet. Doch wer damit in die Apotheke geht, wird häufig einseitig und schlecht beraten. Das hat ein Test des NDR Verbrauchermagazins "Markt" ergeben.

 Die Beratung in Apotheken zu Erkältungsmitteln steht nach den Recherchen des NDR-Verbrauchermagazins "Markt" in der Kritik.

Die Beratung in Apotheken zu Erkältungsmitteln steht nach den Recherchen des NDR-Verbrauchermagazins "Markt" in der Kritik.

Foto: dpa, ole cul rho

In zehn Apotheken stellten sich "Markt"-Reporter mit Halsschmerzen vor. Und erhielten überall Lutschtabletten, zu verschiedenen Preisen. Dabei verkaufte eine Apotheke Medikamente gegen Halsschmerzen für knapp 32 Euro. Besonders auffällig: In neun dieser zehn Apotheken wurden Produkte von Dobendan empfohlen - ohne den Kunden nach möglichen Unverträglichkeiten zu befragen. Pharmakologen kritisieren das Ergebnis, und sprechen von einer "Werbemaschinerie" in Apotheken.

"Das zeigt, dass das Marketing von Herstellern wirkt, jenseits der Fragestellung, ob es sich um sinnvolle Arzneimittel handelt. Auch Apotheker werden von Werbung beeinflusst", sagt Professor Gerd Glaeske, Pharmakologe und Leiter der Abteilung für Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung an der Universität Bremen, dazu.

Die Apothekervereinigung ABDA äußerte sich schriftlich gegenüber "Markt": "Welchen Einfluss das Marketing auf Patientennachfragen und damit in der Folge auf die Vorratshaltung von Apotheken hat, können wir nicht beurteilen."

"Dolo-Dobendan kann Allergien auslösen"

Allein in sechs Apotheken wurde das Medikament "Dolo-Dobendan" verkauft. Es enthält auch den Wirkstoff Benzocain. Für den Pharmakologen Professor Gerd Glaeske problematisch: "Das soll den Halsschmerz betäuben, aber es ist ein Mittel, was möglicherweise Allergien auslösen kann. Deshalb ist es sehr wichtig, dass in der Apotheke darauf hingewiesen und entsprechend informiert wird. Insofern würde ich immer fragen, wenn ich so ein Mittel verkaufen würde, ob jemand rasch allergisch reagiert. Und das scheint mir an keiner Stelle passiert zu sein."

Der Hersteller von "Dolo-Dobendan", das Unternehmen "Reckitt Benckiser", erklärt "Markt": "Wie bei allen Arzneimitteln können Unverträglichkeiten gegen Wirkstoffe oder sonstige Bestandteile auftreten. Es liegen derzeit jedoch keine Anhaltspunkte vor, dass bei der Anwendung von Dolo-Dobendan ein erhöhtes Allergiepotential auftritt."

Für Glaeseke bleibt: "Aber wenn ich in die Apotheke gehe, dann möchte ich eine vernünftige Beratung haben und nicht quasi der passive Verkäufer einer Werbemaschinerie sein, die der Hersteller angeworfen hat."

(ots)
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