Die Jagd auf den Darmkeim Mutierte EHEC-Form in Magdeburg entdeckt

Berlin (RPO). In einer Probe aus einem Abfallbehälter in Magdeburg ist das mutierte EHEC-Bakterium nachgewiesen worden. Bei dem gefundenen Bakterium vom Stamm O104:H4 handelt es sich um die Form, die in Norddeutschland grassiert und die schweren EHEC-Erkrankungen auslösen kann, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Sachsen-Anhalt am Mittwoch sagte.

 Für eine Entwarnung zu früh: Die Minister Bahr und Aigner auf einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Für eine Entwarnung zu früh: Die Minister Bahr und Aigner auf einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Foto: dapd, dapd

Nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) handelt es sich hierbei aber nicht um eine Lebensmittelprobe. "Es handelt sich um einen Gurkenrest, der längere Zeit im Müll lag", sagte BVL-Sprecherin, Nina Banspach. Damit sei bisher auf keinem Lebensmittel EHEC 0104 festgestellt worden, fügte sie hinzu.

Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem gefährlichen Darmkeim stieg bundesweit auf 26. EU-Gesundheitskommissar John Dalli lobte derweil das Krisenmanagement Deutschlands. Die EU will indes die Hilfen für betroffene Gemüsebauern auf 210 Millionen Euro erhöhen.

Dem Sprecher des Gesundheitsministeriums in Magdeburg zufolge wurde das Bakterium auf einem Gurkenrest entdeckt. Da der Abfall aber zwei Wochen in der Tonne lagerte, könnten keine Rückschlüsse gezogen werden, wann und wie das Bakterium in die Tonne gelangte. Die belastete Probe wurde aus dem Bio-Abfall einer am 19. Mai erkrankten dreiköpfigen Familie aus Magdeburg entnommen. Am 30. Mai konnte der Erreger auf dem Reststück einer Gurke nachgewiesen werden. Die Familie habe sich zuvor nicht in Norddeutschland aufgehalten.

Bahr: "Noch zu früh für eine Entwarnung"

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte im Zusammenhang mit den Erkrankungsfällen, es sei noch zu früh um Entwarnung zu geben. Dennoch gebe es auch eine positive Entwicklung. Die Anzahl der Neuinfektionen sei in den vergangenen Tagen fortwährend rückläufig gewesen.

Laut Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sind bisher Erkrankungswellen an acht Orten in Deutschland identifiziert worden, die bis nach Bienenbüttel zurückverfolgt wurden. Zurzeit werde noch geprüft, ob weitere Krankheitshäufungen auf diesen Betrieb zurückzuführen seien.

Mehr als 1.950 Menschen mit EHEC infiziert

Mehr als 1.950 Menschen seien indes bundesweit mit dem Erreger infiziert, sagte die Bremer Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) in Berlin. Fast 690 Patienten litten am Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS), das bei EHEC-Infektionen auftreten und zum Tod führen kann. Bundesweit stieg die Zahl der Todesfälle auf 26.

EU hilft Gemüsebauern mit 210 Millionen Euro durch Krise

Brüssel will den von der EHEC-Welle hart getroffenen Gemüsebauern in Europa nunmehr 210 Millionen Euro Entschädigung bereitstellen. Das kündigte EU-Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos in Brüssel an. Die Bauern sollen damit 50 Prozent ihrer Verluste ersetzt bekommen; für unverkäuflich gewordene Gurken, Tomaten, Paprika, Zucchini und Salate. Ciolos hatte zunächst einen Notfallfonds in Höhe von 150 Millionen Euro vorgeschlagen.

Der EHEC-Erreger könnte künftig einfacher und schneller identifiziert werden: Das chinesische Beijing Genomics Institute (BGI) entwickelte einen neuen Diagnosetest. Dieser ermögliche ein Ergebnis innerhalb von zwei bis drei Stunden, teilte das Unternehmen mit.

"Keine einfache Sache"

Die schnelle Entwicklung eines Medikaments gegen den Erreger hingegen ist Experten zufolge unwahrscheinlich. "Ein Medikament zu entwickeln, ist keine einfache Sache", sagte der Direktor des Instituts für Klinische Molekularbiologie der Universität Kiel, Stefan Schreiber, in der ARD.

EU-Gesundheitskommissar John Dalli lobte die Bemühungen der Deutschen in der EHEC-Krise. Die Mitarbeiter der European Food Safety Agency und des European Centre for Disease, die die deutschen Experten in den vergangenen Tagen unterstützt hätten, seien beeindruckt von der Arbeit, sagte Dalli in Berlin. Er hält trotz massiver Kritik am Krisenmanagement deutscher Behörden von EU-Ländern die Warnung vor dem Verzehr von Gurken für gerechtfertigt. Es habe gewisse Hinweise auf Bakterien auf E-Coli-Bakterien auf Gurken gegeben, wenn auch nicht der spezifische Stamm.

(apd/csi)
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