Neue Studie Mehrheit der Deutschen zur Organspende bereit

Berlin · Das Vertrauen in die Transplantationsmedizin kehrt nach den Skandalen der vergangenen Jahre nur langsam zurück. Eine Studie zeigt: Die Deutschen sind über das Thema so gut informiert wie noch nie.

Die wichtigsten Fakten zur Organspende
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Foto: dpa, Jan-Peter Kasper

Mit dem Thema Organspende haben sich 87 Prozent der Bevölkerung auseinandergesetzt. Aber nur knapp jeder Dritte (31 Prozent) besitzt einen Organspende-Ausweis, mit dem man seine Entscheidung für oder gegen eine Organentnahme im Todesfall dokumentieren kann. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung durch die Krankenkasse Barmer GEK, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt.

Die Organspende in Deutschland erlitt 2012 einen schweren Image-Schaden. Damals wurde publik, dass es bundesweit in fünf Transplantationszentren Manipulationen bei der Vergabe von Organen gegeben hat. Der Fall wog schwer, denn in Deutschland sind Spenderorgane knapp. Auf rund 11.000 Menschen, die auf ein Spenderorgan warten, kamen vor dem Skandal zwischen 1200 und 1300 Spender pro Jahr. In Folge des Skandals ist die Zahl im vergangenen Jahr auf 864 gesunken.

In Deutschland dürfen Organe entnommen werden, wenn eine entsprechende Einwilligung des Betroffenen oder der Angehörigen vorliegt und zwei Ärzte unabhängig voneinander den Gehirntod — also eine unumkehrbare Schädigung des Gehirns — festgestellt haben.

Knapp die Hälfte der Befragten gab an, dass die Organspendeskandale ihr Vertrauen negativ beeinflusst hätten. Grundsätzlich gilt aber: Je intensiver sich jemand mit dem Thema Organspende beschäftigt hat, desto höher ist die Bereitschaft, seine Organe im Todesfall zur Verfügung zu stellen. So erklären 53 Prozent, "bestimmt" oder "wahrscheinlich" zur Organspende bereit zu sein. Bei denen, die sich mit der Frage gründlich auseinandergesetzt haben, sind es zwei Drittel. "Wir werden in unseren Bemühungen für mehr Aufklärung zu sorgen, nicht nachlassen", sagte Christoph Straub, Chef der Barmer GEK.

Die Chronik des Organspendeskandals
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Foto: dpa, Jan-Peter Kasper

Die Zahl der Organspendeausweise ist im vergangenen Jahr leicht angestiegen. 2013 besaßen nur 28 Prozent der Bevölkerung einen entsprechenden Pass, wie eine Erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigt. Grund für den Anstieg dürfte die neue "Entscheidungslösung" sein. Seit Ende 2012 müssen die gesetzlichen und privaten Kassen ihre Versicherten regelmäßig über die Möglichkeit zur Organspende aufklären. Die Kampagnen zeigen Wirkung: So wissen 83 Prozent der Bevölkerung, dass sie mit dem Ausweis Angehörigen im Ernstfall eine schwierige Entscheidung abnehmen können. Aber nur 53 Prozent ist auch bewusst, dass sie sich mit dem Ausweis auch gegen eine Entnahme von Organen entscheiden können.

Schon vor dem Skandal war die Zahl der Organspender in Deutschland niedrig. Im europäischen Vergleich lag Deutschland in der hinteren Hälfte. Das Jahr 2012 brachte den Absturz ins untere Drittel. Reformbedarf gab es also auch unabhängig von den Manipulationen an den Empfänger-Listen.

Seitdem ist viel geschehen, was mehr Transparenz, mehr Kontrolle, bessere Überprüfbarkeit und eine bessere Organisation des Vergabesystems betrifft. Beispielsweise muss nun jede der 1350 Entnahmekliniken in Deutschland über einen Transplantationsbeauftragten verfügen. Manipulationen an Wartelisten für Organe werden mit bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet.

Das Vertrauen kehrt aber nur langsam zurück. In diesem Jahr sieht die Deutsche Stiftung Organspende erstmals wieder "Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation für die Patienten auf der Warteliste", wie eine Sprecherin sagte. Eine echte Trendwende sei dies aber noch nicht.

(qua)
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