Bislang unheilbar Medikament verzögert Beginn von Alzheimer

Boston/Frankfurt (rpo). Möglicherweise ist Forschern ein erster Schritt in Richtung Durchbruch bei der Behandlung von Alzheimer-Krankheit gelungen. Der Ausbruch der bislang unheilbaren Krankheit lässt sich offenbar mit einem Medikament hinauszögern.

 Im Labor gelang der Durchbruch.

Im Labor gelang der Durchbruch.

Foto: POOL, AFP

Hinweise darauf lieferte erstmals eine Studie mit dem Wirkstoff Donepezil und knapp 800 Patienten an der Mayo-Klinik in Rochester im US-Staat Minnesota, wie das "New England Journal of Medicine" berichtete. Im ersten Jahr des Versuchs trat die Krankheit bei den mit Donepezil behandelten Menschen seltener auf. In Deutschland leiden rund 700.000 Menschen an der Alzheimer-Krankheit.

Die Wissenschaftler untersuchten in einer Doppelblind-Studie 769 Patienten aus den USA und Kanada, die zwar noch nicht an Alzheimer litten, aber schon leichte Erinnerungsstörungen zeigten, was die Forscher als Vorform der Krankheit einstuften. Die Krankheit geht mit dem schleichenden Verlust der Persönlichkeit, der Gedächtnisleistungen, des logischen Denkvermögens und der Sprache einher.

Risiko der Erkrankung bleibt gleich

Die Patienten der Studie erhielten drei Jahre lang entweder Donepezil, Vitamin E oder ein wirkungsloses Scheinpräparat. Zwar war das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, letztlich in allen drei Gruppen gleich. Doch die mit Donepezil behandelten Menschen erkrankten im ersten Jahr seltener. Dieser Verzögerungseffekt hielt bei Patienten, die erblich bedingt den Eiweißstoff Apolipoprotein E4 (ApoE4) tragen, sogar zwei bis drei Jahre an, wie die Wissenschaftler in der Online-Ausgabe des Fachblatts vom Donnerstag berichteten. ApoE4 gilt als genetischer Risikofaktor für Alzheimer, da es bei diesen Patienten überproportional häufig vorhanden ist.

"Dies ist die bislang einzige Studie, die die Fähigkeit zeigt, die klinische Diagnose hinauszuschieben", erklärte Ronald Petersen, der Leiter der Studie, die von Pharmaunternehmen mitfinanziert wurde. Vitamin E hatte in der Untersuchung keinerlei verzögernden Einfluss auf die Krankheit. Eine britische Studie hatte allerdings kürzlich ergeben, dass Donepezil bei der Behandlung einer bereits vorhandenen Erkrankung lediglich einen minimalen Effekt hat und die Einweisung in ein Pflegeheim oder das Fortschreiten von Beeinträchtigungen nicht nennenswert verzögert.

Donezepil ist in Deutschland zur Behandlung von leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz zugelassen. Der Wirkstoff gehört zur Gruppe der Acetylcholinesterase-Hemmer, die bewirken, dass im Gehirn wieder mehr des Botenstoffs Acetylcholin zur Signalübermittlung zur Verfügung steht. Durch den Untergang von Nervenzellen bei der Alzheimer-Krankheit wird der Botenstoff nicht mehr ausreichend produziert, was die eingeschränkten Gedächtnisleistungen erklärt.

Zahl der Kranken wird sich voraussichtlich verdoppeln

Alzheimer wird sich in der alternden Gesellschaft voraussichtlich zur großen Volkskrankheit entwickeln, in Deutschland kommen derzeit jährlich rund 200.000 Patienten hinzu. Experten gehen davon aus, dass sich die Zahl der Kranken in den nächsten 40 Jahren verdoppeln wird. Eine Heilung ist nach derzeitigem Wissensstand nicht möglich. Aber der Krankheitsverlauf kann durch Medikamente und spezielle verhaltenstherapeutische Maßnahmen um Monate oder sogar Jahre verzögert und der Gesamtzustand der Patienten deutlich verbessert werden.

(ap)
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