Gift entsteht beim Fritieren Krebsalarm bei Chips und Pommes

München · Vor sechs Jahren herrschte Alarmstimmung: Forscher hatten in Pommes, Chips und Weihnachtsgebäck das krebserregende Acrylamid entdeckt. Nun haben sie zusätzlich das stark krebserregende Glycidamid in den Lebensmitteln entdeckt. Die Gesundheitsgefahr soll aber dennoch gering sein.

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Foto: rpo, Johannes Bornewasser

Wissenschaftler der Technischen Universität München wiesen den mit Acrylamid verwandten, weitaus gefährlicheren Stoff erstmals diesen Lebensmitteln nach, wie sie am Montag mitteilten. Schon geringste Mengen könnten Mutationen auslösen. Allerdings gibt Toxikologe und Lebensmittelchemiker Matthias Baum von der Technischen Universität Kaiserslautern Entwarnung: Die Substanz werde im Körper in weitaus größeren Mengen gebildet, als im Essen nachgewiesen wurde.

Die Münchner Forscher hatten Glycidamid in Dosen zwischen 0,3 und 1,5 Mikrogramm (Millionstel Gramm) pro Kilo nachgewiesen. Typischerweise finde man in denselben Lebensmitteln 300 bis 600 Mikrogramm Acrylamid, schreiben sie. Letzteres wird in der Leber zu Glycidamid abgebaut - ein Prozess, der laut Baum hauptsächlich für die bekannte krebserregende Wirkung von Acrylamid verantwortlich ist.

Es gebe Publikationen, die davon ausgingen, dass im menschlichen Körper rund zehn Prozent des Acrylamids umgewandelt würden, sagte der Toxikologe. Demnach entsteht in der Leber ein Vielfaches der in den Lebensmitteln nachgewiesenen Menge an Glycidamid. "Aus dem Bauch heraus gesagt, dürfte das, was die Kollegen an Glycidamid gefunden haben, keinen wesentlichen Beitrag leisten", erklärte Baum.

Auch der Leiter der Münchner Studie, Michael Granvogl, sagte, er wolle nicht eine erneute Panik wie beim Acrylamid auslösen. Es gehe darum, dass Herstellungsprozesse optimiert würden, um die Belastung zu senken. Er selbst jedenfalls esse noch Pommes Frites. Das gilt auch für Baum: "Ich mache mir dabei wesentlich mehr Sorgen um Übergewicht als um Glycidamid", sagte er.

Um zu sagen, ab welcher Dosis Glycidamid gefährlich werde, wisse man noch nicht genug, erklärte Baum. Deswegen gelte derzeit noch der Ansatz, die Belastung so gering wie möglich zu halten.

Wie Acrylamid entsteht auch Glycidamid, wenn kohlenhydratreiche Speisen hoch erhitzt werden. Die Reaktion beginnt laut den Münchner Forschern ab 120 Grad, oberhalb von 180 Grad steigt der Gehalt des Giftstoffes stark an. Glycidamid bildet sich dabei durch eine Reaktion von Acrylamid mit Teilen des Frittierfettes und Sauerstoff.

Entscheidend für die Menge ist deswegen neben der Temperatur auch die Art des Fettes. Gerade bei den eigentlich als gesund geltenden ungesättigten Fettsäuren entstehe besonders viel Glycidamid, erklärten die Münchner Forscher. Sie empfehlen kurzes Frittieren bei 175 Grad, damit weniger Glycidamid entsteht - eine Maßnahme die auch die Acrylamid-Belastung senkt. Grundsätzlich gelte: "Vergolden statt verkohlen."

Außerdem sinke der Glycidamid-Spiegel, wenn Frittierfette wie Palmöl verwendet würden, deren Fettsäuren gesättigt seien. Diese gelten allerdings als deutlich ungesünder - speziell im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes.

Kartoffelchips und Pommes Frites waren 2002 in Verruf geraten, nachdem in ihnen erstmals Acrylamid nachgewiesen worden waren. Seither hätten ihre Hersteller den Anteil dieses Gefahrenstoffes durch verbesserte Verfahrensabläufe stark reduziert, schreiben die Münchner Forscher. Entsprechendes erhoffen sie sich jetzt auch für Glycidamid.

(ap/RPO)
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