Jahrbuch Sucht 2017 Viel Alkohol und Medikamente - weniger Zigaretten

Berlin · Das Jahrbuch Sucht fasst jährlich die aktuellen Daten, Fakten und Trends zum Konsum von legalen und illegalen Drogen sowie zu abhängigem Verhalten in Deutschland zusammen. Vor allem der Pro-Kopf-Konsum beim Alkohol liegt demnach auf sehr hohem Niveau.

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Foto: dpa, Jens Büttner

2015 wurde mit umgerechnet 9,6 Liter reinem Alkohol ebenso viel getrunken wie im Jahr davor. Der Gesamtverbrauch an alkoholischen Getränken sank 2015 nur leicht um gut ein Prozent auf 135,5 Liter pro Kopf. Etwa 3,4 Millionen Menschen hatten demnach im Jahr 2015 mit einem Alkoholproblem zu kämpfen, knapp 1,8 Millionen von ihnen waren demnach alkoholabhängig.

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Foto: Shutterstock / Michael Courtney

In Deutschland sind bis zu 1,9 Millionen Menschen von Medikamenten abhängig und damit vermutlich mehr als von Alkohol. Als alkoholabhängig gelten rund 1,77 Millionen Menschen, das geht aus dem Bericht der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hervor. Der Bremer Gesundheitsexperte Gerd Glaeske kritisierte eine "hohe Intransparenz" bei der Verordnung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln.

Etwa vier bis fünf Prozent aller verordneten Arzneimittel besitzen demnach ein erhebliches Potenzial für Missbrauch und Abhängigkeit, darunter vor allem die Schlaf- und Beruhigungsmittel mit Wirkstoffen aus der Familie der sogenannten Benzodiazepine, zu denen auch das bekannte Valium gehört. In den vergangenen Jahren sind die Verordnungen dieser Mittel in der gesetzlichen Krankenversicherung zwar zurückgegangen, der Anteil der privat verordneten Mittel nahm allerdings zu.

Der Bremer Gesundheitsexperte Gerd Glaeske kritisierte eine "hohe Intransparenz" in diesem Bereich. Privatrezepte für Schlaf- und Beruhigungsmittel seien heutzutage eher die Regel als die Ausnahme. "Sie verschleiern letztlich eine kritische Arzneimittelversorgung, weil sie an keiner Stelle systematisch erfasst und ausgewertet werden", erklärte Glaeske.

Betroffen von diesen Verordnungen sind demnach vor allem ältere Menschen über 65 Jahre und davon zwei Drittel Frauen. Eine Arzneimittelabhängigkeit habe gravierende Auswirkungen auf die älteren Menschen, erklärte der Gesundheitsexperte. Die tägliche Einnahme führe bei ihnen zu immer mehr Wirkstoffmengen im Körper und damit zu unerwünschten Wirkungen wie Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit oder der Gangunsicherheit, oft verbunden mit Stürzen und schwer heilenden Knochenbrüchen.

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Foto: Shutterstock/eldar nurkovic

Intransparent ist Glaeske zufolge auch die Schmerzmittelversorgung in Deutschland. So werden rund 150 Millionen Packungen unterschiedlichster Schmerzmittel verkauft, davon rund 106 Millionen Packungen beziehungsweise 70 Prozent ohne Rezept direkt in den Apotheken.

Der Bremer Experte forderte eine bessere Kooperation von Ärzten und Apothekern, um den problematischen Konsum von Schmerzmitteln zu begrenzen. Zudem müsste die Werbung für rezeptfreie Arzneimittel mit Missbrauchspotenzial untersagt werden.

Der Konsum von Tabakprodukten ging merklich zurück. 2016 wurden 7,7 Prozent weniger Fertigzigaretten konsumiert als im Jahr zuvor. Stark gestiegen ist hingegen der Konsum von Pfeifentabak - von 1732 Tonnen im Jahr 2015 auf 2521 Tonnen im vergangenen Jahr. Das war ein Plus von mehr als 45 Prozent.

Jeder achte Deutsche über 14 Jahre hat auch schon einmal E-Zigaretten probiert. Beim Großteil blieb es aber bei einem einmaligen Versuch. Nur 2,2 Prozent haben in der Vergangenheit regelmäßig E-Zigaretten konsumiert.

(AFP)
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