Mäuse als Überträger Hantavirus breitet sich in Deutschland stark aus

Berlin · Das Hantavirus ist in Deutschland auf dem Vormarsch. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2007 wurden mit 526 Erkrankungen bereits sieben Mal so viele Fälle bekannt wie 2006 und auch die Gesamtzahl im Rekordjahr 2005 wurde schon übertroffen.

 Hantavirus: Wissenschaftler gehen wegen der unspezifischen Symptomatik von einer hohen Dunkelziffer aus.

Hantavirus: Wissenschaftler gehen wegen der unspezifischen Symptomatik von einer hohen Dunkelziffer aus.

Foto: ddp, ddp

Bis Ende Mai wurden dem Robert Koch-Institut in Berlin bundesweitweit 526 Infektionsfälle gemeldet, davon allein 405 aus Baden-Württemberg.

Die Infektion kann sich mit leichten, grippeartigen Symptomen bis hin zu akutem Nierenversagen äußern und muss in der Regel im Krankenhaus behandelt werden. Übertragen werden die Viren durch den Kot, den Urin und den Speichel von Nagetieren, hauptsächlich von Mäusen und Ratten.

Es gibt mehrere Arten von Hantaviren, wobei die einzelnen Virentypen auf eine oder nur wenige Tierarten beschränkt sind. Das so genannte Puumala-Virus wird über die Rötelmaus verbreitet und kommt in Deutschland am häufigsten vor.

Diese lebt in Buchen- und Mischwäldern sowie waldnahen Gärten, weshalb auch regionale Häufungen bei den Infektionen beobachtet werden, beispielsweise auf der Schwäbischen Alb, in der Eifel oder in Teilen des Bayerischen Waldes. Diese Regionen werden als Endemiegebiete bezeichnet. Mehrere Fälle wurden dieses Jahr jedoch auch aus Rheinland-Pfalz und Niedersachsen gemeldet, einzelne Fälle traten weiterhin in Hessen, Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern auf.

"Die Häufigkeit von Hantavirus-Erkrankungen ist verknüpft mit der auftretenden Menge der Rötelmäuse", erklärt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut in Berlin. "Die Rötelmäuse zeigen alle zwei bis drei Jahre eine so genannte Massenvermehrung. Diese Entwicklung wurden durch den vergangenen milden Winter noch begünstigt." Die Populationsspitzen treten in den verschiedenen Regionen Deutschlands zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf, was laut Glasmacher auch erklären könnte, warum in einem Jahr eine der endemischen Regionen stärker betroffen ist und in einem anderen Jahr eine andere.

Die Ansteckung mit dem Virus erfolgt in den meisten Fällen durch das Einatmen des Staubes der getrockneten Ausscheidungen der Nagetiere oder über den Kontakt von Hautwunden damit und in seltenen Fällen durch Bisse. "Der normale Verlauf ist leicht bis mittelschwer", sagt Achim Konrad, Chefarzt in der Albklinik in Münsingen auf der Schwäbischen Alb. "Von den bisher beobachteten 20 Fällen in unserer Klinik verliefen zwei Fälle schwer mit Blutungen, höhergradigem Nierenversagen und einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. Beide Patienten haben sich jedoch komplett erholt."

Typische Symptome der Hantavirus-Infektion sind Fieber, Abgeschlagenheit, Krankheitsgefühl, Muskel- und Gelenkbeschwerden sowie Kopfschmerzen. Die Symptome treten etwa 10 bis 20 Tage nach der Infektion auf und ließen keinen Rückschluss auf die Schwere des Verlaufs zu, erklärt Konrad. Häufig trete ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Nierenversagen auf, das jedoch in fast allen Fällen spontan wieder ausheilt und nur in seltenen Fällen eine vorübergehende Dialyse notwendig macht. Bei Verdacht auf eine Infektion mit dem Hantavirus sollte daher unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Die sichere Diagnose der Erkrankung ist nur über eine Blutuntersuchung möglich.

Bislang gibt es noch keinen Impfstoff gegen das Virus und es steht auch keine spezielle Therapie zur Verfügung. Die Symptome der Krankheit können jedoch gut bei einem Krankenhausaufenthalt behandelt werden, der in der Regel zwischen 4 und 14 Tage dauert. Die Patienten tragen im Normalfall keine Spätschäden davon.

Um sich in Deutschland vor einer Infektion mit dem Hantavirus zu schützen, sollte man vor allem den Kontakt mit Mäusen oder deren Ausscheidungen vermeiden. Eine besondere Gefährdung besteht beim Reinigen von Schuppen, Scheunen und sonstigen Räumen, in denen Mäuse gelebt haben. Deshalb sollte hierbei darauf geachtet werden, möglichst wenig Staub aufzuwirbeln und einen geeigneten Atemschutz sowie Einweghandschuhe zu tragen. Auch bei Arbeiten im Wald und mit Holz ist man einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt.

Weiterhin ist eine Bekämpfung von Mäusen innerhalb des Wohnbereiches sowie der näheren Umgebung - beispielsweise durch Mausefallen - ratsam. Dazu gehört auch das penible Einhalten von Hygiene- und Vorsorge-Maßnahmen: Lebensmittel in dicht verschließbaren Behältern aufbewahren, benutztes Geschirr direkt nach dem Essen abspülen, Abfall zeitnah entsorgen sowie kein Tierfutter und Wasser über Nacht nach draußen stellen. Mögliche Eintrittsöffnungen für die Nagetiere ins Haus sollten gut verschlossen werden. Beim Beseitigen von Nagetierkadavern und den Ausscheidungen sollte man diese vorher mit einem Desinfektionsmittel besprühen.

(afp2/RPO)
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