Übertragung von Krankheiten Gel soll Zeckenbiss lindern

Düsseldorf · Zecken haben Saison, auch die von ihnen übertragene Borreliose breitet sich aus. Selbst Haustiere – besonders Katzen – können die Parasiten auf Menschen übertragen. Das Bernhard-Nocht-Institut testet ein Gegenmittel: ein Gel, das rund um die Bissstelle aufgetragen werden soll.

Die zehn wichtigsten Zecken-Infos
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Foto: dpa, Patrick Pleul

Zecken haben Saison, auch die von ihnen übertragene Borreliose breitet sich aus. Selbst Haustiere — besonders Katzen — können die Parasiten auf Menschen übertragen. Das Bernhard-Nocht-Institut testet ein Gegenmittel: ein Gel, das rund um die Bissstelle aufgetragen werden soll.

Die Borreliose ist in Deutschland flächendeckend verbreitet. Das Robert-Koch-Institut hat ermittelt, das sieben Prozent der 14- bis 17-Jährigen mindestens einmal in ihrem Leben von einer mit Borrelien infizierten Zecke gebissen wurden. Auch wenn die Krankheit nach der Infektion nicht sofort ausbricht, bleibt der Erreger mehrere Jahre gefährlich.

Ein neues Medikament soll die Infektion jetzt nach dem Zeckenbiss stoppen. Das Hamburger Bernhard-Nocht-Zentrum für klinische Studien (BNCCT) und das Leipziger Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie suchen Freiwillige für den Test eines von der Schweizer Pharma-Firma Ixodes AG entwickelten Gels.

Wie groß ist die Gefahr der Borreliose- Infektion durch eine Zecke?

"Je nach Region sind bis zu 35 Prozent der Zecken in Deutschland mit Borrelien infiziert", sagt Sabine Stauga, Studienärztin am BNCCT. Über den Anteil der Gebissenen, die tatsächlich an Borreliose erkranken, gibt es unterschiedliche Zahlen, die zwischen zwei und zehn Prozent schwanken. Das häufigste Frühsymptom ist die "Wanderröte" ein roter Hautausschlag. Allerdings gibt es auch Krankheitsverläufe, wo die Röte nicht beobachtet wird. Bei einer beginnenden Borreliose treten oft noch lange nach dem Stich Grippe ähnliche Symptome auf.

Welche Gefahren gibt es noch?

Besonders in Süddeutschland tragen Zecken in ihrem Speichel den Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), einer Form der Hirnhautentzündung. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt eine Impfung für alle, die sich oft im Freien aufhalten oder in die Regionen fahren, in denen die Wahrscheinlichkeit hoch ist, sich anzustecken. Das sind Baden-Württemberg, Bayern, Südhessen und Thüringen. Im Jahr 2011 gab es zwar mit 423 Fällen mehr Patienten als ein Jahr zuvor; FMSE dehne sich aber räumlich nicht weiter aus, betont das RKI. Die Krankheit kann das ganze Jahr über ausbrechen. Gegen eine Infektion mit diesem Virus wirkt das neue Gel nicht.

Wie soll das Medikament eingesetzt werden?

"Am besten wartet man nicht eventuelle Symptome ab, sondern trägt das Gel gleich nach dem Entfernen der Zecke an der Stichstelle auf", berichtet Jens Knauer vom Fraunhofer-Institut über erste Studien. Die vorbeugende Behandlung sei nur dann erfolgreich, wenn das Gel innerhalb der ersten fünf Tage aufgetragen werde. Das Medikament dient aber nur zur Vorbeugung, nicht zur Behandlung.

Wie wirkt die Substanz?

Das Gel enthält das Antibiotikum Azithromyzin, das die Borreliose-Erreger in der Haut abtötet. Es dauert etwa acht Stunden bis die Erreger aus dem Darm der Zecke in die Haut wandern. Man weiß von den Bakterien, dass sie sich dann die ersten Tage rund um die Bissstelle aufhalten und erst später im Körper ausbreiten. Durch die lokale Wirkung des Antibiotikums werde der Körper wenig belastet, so Knauer.

Wie weit ist der Test?

In Deutschland und Österreich werden ungefähr 1200 Freiwillige gesucht, die nach einem Zeckenbiss das Gel testen. Wer mitmachen will, kann sich beim Bernhard-Nocht-Institut unter der E-Mail-Adresse studien@bnitm.de melden. Die entfernte Zecke muss mitgebracht werden, damit getestet werden kann, ob sie Träger der Borrelien war. Bis gestern gab es 550 Teilnehmer, sagte Sabine Stauga. , Für eine erste Auswertung sei die Datenlage aber noch zu gering, alle vorher laufenden Studien seien aber vielversprechend gewesen. Ist die Studie erfolgreich, soll das Medikament 2014 in den Handel kommen.

Wo lauern Zecken?

Nicht nur in der freien Natur, sondern auch in städtischen Gärten und Parks. Sie sitzen auf Gräsern, in Gebüschen und im Unterholz, sie können sich aber nicht — wie oft behauptet — von Bäumen herablassen. Zecken haben spezielle Sensoren an den Vorderbeinen, mit denen sie ihre Opfer erkennen. Sie krallen sich dann daran fest.

Was ist mit Haustieren?

Eine aktuelle Studie des RKI zeigt auf, dass sich viele Besitzer von Katzen oder Hunden beim unvorsichtigen Umgang mit ihren Tieren infizieren. Demnach sind vor allem Katzenbesitzer gefährdet. Für Tiere gibt es Halsbänder oder Präparate, die Zecken abhalten. Hunde können gegen Borreliose geimpft werden, allerdings sind 90 Prozent von ihnen wegen der zahlreichen Zeckenbisse ohnehin immun.

Was tun bei einem Zeckenbiss?

Mit einer spitzen Pinzette die Zecke am Leib packen und vorsichtig gerade nach oben ziehen (nicht drehen, nicht quetschen). Es gibt dafür besondere Zeckenpinzetten und auch spezielle Zeckenkarten aus der Apotheke.

(RP/anch/das)
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