Erreger im Wasser gefunden Experte: EHEC könnte sich in Umwelt einnisten

Berlin/Münster (RPO). Der Fund des gefährlichen EHEC-Erregers in einem Bach bei Frankfurt am Main weckt neue Sorgen bei Laien und Experten. Der Wissenschaftler Helge Karch hält es für möglich, dass sich der Keim dauerhaft in der Umwelt festsetzt. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ging am Wochenende davon aus, dass der Höhepunkt der Epidemie überschritten ist.

 Helge Karch, Direktor des Instituts für Hygiene des Uni-Klinikums Münster, hat wesentlich zur Entschlüsselung von EHEC beigetragen.

Helge Karch, Direktor des Instituts für Hygiene des Uni-Klinikums Münster, hat wesentlich zur Entschlüsselung von EHEC beigetragen.

Foto: dapd

"Viele Menschen scheiden derzeit den Erreger aus. Wir können also nicht ausschließen, dass er sich in unserer Umwelt bereits eingenistet hat", sagte Karch am Wochenende in Münster.

Dass der gefährliche EHEC-Keim nun im Erlenbach aufgetaucht sei, überrasche ihn nicht, sagte Karch, der Direktor des Instituts für Hygiene des Uni-Klinikums Münster, am Samstag. Es müsse nun mit aller Kraft versucht werden, den EHEC-Stamm aus der Umwelt "zu eliminieren."

Grund für Gewässerverunreinigung weiter unklar

Bakterien des Erregertyps O 104:H 4 waren am Freitag in dem Bach gefunden worden. Das Gewässer rückte ins Blickfeld der Behörden, nachdem auf einem nahegelegenen Gemüsehof weniger aggressive EHEC-Erreger nachgewiesen worden waren.

Ob die Erreger über ein benachbartes Klärwerk in den Bach gerieten, wird derzeit untersucht. Nach Angaben des hessischen Sozialministeriums besteht jedoch keine Verbindung zwischen dem Fließgewässer und der Trinkwasserversorgung. Die hessischen Behörden rechnen frühestens am Montag mit neuen Erkenntnissen darüber, wie der Keim in das Gewässer gelangt sein könnte.

Gesundheitsminister Bahr zufolge geht die Zahl der Neuinfektionen zurück. Zwar sei weiterhin mit Todesfällen zu rechnen. "Das Schlimmste haben wir aber hinter uns", sagte Bahr am Samstag bei einem Besuch des Münsteraner Hygieneinstituts. Bahr versicherte, Lehren aus dem aktuellen EHEC-Ausbruch ziehen zu wollen. Insbesondere wolle er das Meldeverfahren von Krankheitsfällen optimieren.

Experte bestreitet einfache Übertragung von Menschen auf Essen

Der Mediziner Zastrow kritisierte Behördeninformationen, wonach der EHEC-Keim von Menschen auf Lebensmittel übertragen werde. Wer so etwas behaupte, verstehe nichts von der Thematik, sagte der Chefarzt für Hygiene an den Vivantes-Kliniken Berlin der Nachrichtenagentur dapd am Sonntag. Ein derartiger Fall könne allenfalls dann eintreten, wenn an der Hand befindliche Exkremente auf ein Lebensmittel gebracht würden. Diese Form der Übertragung gelte dann auch für die Erreger von Cholera, Typhus, Salmonellen und Hepatitis A, fügte der Experte hinzu.

Das hessische Sozialministerium hatte am Freitag mitgeteilt, eine mit EHEC infizierte Mitarbeiterin eines nordhessischen Partyservices habe offenbar den Keim auf Lebensmittel übertragen. Daraufhin erkrankten 20 Teilnehmer einer Familienfeier an EHEC.

Laut Zastrow wäre die Epidemie früher beendet worden, hätten die Behörden die Erkrankten gezielter nach dem Verzehr von Sprossen befragt. Da belastete Sprossen als Auslöser schwerer EHEC-Ausbrüche bekannt gewesen seien, habe es sich bei dem Versäumnis um einen "schweren methodischen Fehler" gehandelt, monierte der Wissenschaftler.

(DAPD/pst)
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