14 weitere Kinder erkrankt EHEC-Massentest im Kreis Paderborn

Düsseldorf (RPO). Der Kreis Paderborn hat einen EHEC-Massentest angeordnet. 500 Kinder in 25 Schulen und Kindergärten sowie 300 Senioren müssen laut einem Zeitungsbericht Stuhlproben abgeben. Derweil geht die Suche nach der Infektionsquelle für die aktuelle Erkrankungswelle in Deutschland unvermindert weiter.

Laut dem Bericht im "Westfalen-Blatt" wird darüber hinaus das Personal (über 100 Beschäftigte), das das Essen ausgibt, untersucht. Die Schulen und Kindergärten waren von einem Cateringbetrieb in Bad Lippspringe mit Essen beliefert worden. Ein 88-Jähriger und eine 91-Jährige, die das Essen des Caterers bekommen haben, sind bereits an EHEC erkrankt.

Auch die Grundschule Altenbeken war von der Fleischerei beliefert worden. Hier waren zunächst drei Schüler durch EHEC-Bakterien erkrankt und hatten das lebensbedrohliche HU-Syndrom entwickelt. 30 Schüler, die in der Schule essen, gaben Stuhlproben ab.

Wie das "Westfalen-Blatt" weiter berichtet, wurde bei 14 weiteren Schülern – nur ein Test war negativ – eine Infizierung mit dem EHEC-Erreger festgestellt, ohne dass die Kinder erkrankten. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) ist dies nicht ungewöhnlich. Erwachsene, die sich infizierten, erkrankten deutlicher häufiger als Kinder. Kinder könnten trotz EHEC-Infizierung gesund bleiben.

Die 14 positiv getesteten Schüler könnten den Keim aber übertragen und dürfen nicht zur Schule. Sie tragen das Bakterium in sich und können es auf der Toilette ausscheiden und damit andere Schüler anstecken. Aus Vorsicht ist die Grundschule Altenbeken bis Dienstag geschlossen.

Kleesamen unter Verdacht

Seit einigen Wochen wissen die deutschen Experten, dass der Darm-Keim "Enterohämorrhargische Escherichia Coli" (EHEC) auf Sprossen gewesen sein muss und so die Infektionswelle im Mai ausgelöst wurde. Jetzt führt die Spur weiter nach Afrika: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und das Europäische Zentrum zur Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) haben einen Bericht vorgestellt, in dem die Möglichkeit erwähnt wird, dass Bockshornkleesamen aus Ägypten mit EHEC-Bakterien belastet gewesen sein könnten.

Bereits im Jahr 2009 gab es in Bordeaux 15 Fälle von blutigen Durchfällen oder dem sogenannten "hämolytisch-urämischen Syndrom" (HUS), bei dem die Nieren der Patienten versagen. Die Patienten wurden untersucht, damit die Keime genetisch analysiert werden konnten. Drei Patienten trugen damals den Bakterienstamm O104:H4. Das Erbgut des EHEC-Stamms, der die diesjährigen Infektionen in Deutschland verursacht hat, ist der in Frankreich gefundenen Variante sehr ähnlich.

Dieser Bakterienstamm ist äußerst selten in Europa, deswegen war es unwahrscheinlich, dass die Erkrankungen in Frankreich und Deutschland unabhängig voneinander stattfanden. Auch die Krankheitsverläufe ähnelten sich sehr: Betroffen waren hauptsächlich Frauen, wobei sich sonst häufiger Kinder infizieren und an HUS erkranken.

Außerdem waren die Keime besonders resistent gegenüber Antibiotika, was die Behandlung erschwerte. Wie auch in Deutschland wurden die Patienten in Frankreich nach ihren Essgewohnheiten befragt: Es zeigte sich, dass diejenigen, die den Stamm O104:H4 trugen, auf demselben Fest gewesen sind und Sprossen gegessen hatten.

Sprossen weiterhin als Infektionsquelle verdächtig

Die Wissenschaftler der EFSA und des ECDC unterstützten damit die Hypothese, dass die EHEC-Keime, die in Deutschland die Krankheit ausgelöst haben, auf Sprossen gewesen sind. Davon ausgehend gab es weitere Recherchen: Grundsätzlich mussten die Experten davon ausgehen, dass die Sprossen an jeder Station des langen Vertriebswegs mit EHEC hätten verseucht werden können.

Die bisherige Nachverfolgung hat gezeigt, dass Bockshornkleesamen, die aus Ägypten importiert worden sind, mit beiden Erkrankungsereignissen in Zusammenhang stehen. Allerdings ist es weiterhin unklar, ob dadurch alle Infektionen erklärt werden können, weil die Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchungen noch nicht vorliegen. Sollte sich bestätigen, dass die Ausbrüche in Deutschland und Frankreich dieselbe Ursache hatten, ist es möglich, dass auch in anderen europäischen Ländern EHEC-Bakterien Darmkrankheiten auslösen.

Seit Anfang Mai hat das Robert-Koch-Institut (RKI) 3110 Infektionen mit EHEC gezählt. Davon sind 17 Patienten gestorben. Außerdem wurden dem RKI 841 Fälle eines HUS übermittelt, wovon 30 Patienten verstorben sind. Ausländische Patienten mit HUS oder EHEC wurden bislang aus mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie aus der Schweiz, aus Kanada und den USA gemeldet, so das RKI. Bei diesen Patienten sei meist ein Bezug zu Deutschland bekannt.

Weiterhin hält das Bundesamt für Risikobewertung die Verzehrempfehlung aufrecht, auf rohe Sprossen zu verzichten. Sie sollten gar gekocht werden, indem sie mehrere Minuten auf mindestens 70 Grad Celsius erhitzt werden.

(chk/dapd)
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