Mittlerweile 16 Todesopfer in Deutschland EHEC: Das Rätseln geht weiter

Berlin (RP). Nachdem Experten die mit EHEC-Bakterien verunreinigten Gurken analysiert haben, zeigt sich: Sie waren nicht der Auslöser der aktuellen Infektionswelle mit dem Darmkeim. Ein Schnelltest soll nun helfen, die Suche nach dem Ursprung der Erreger voranzubringen.

Der EHEC-Erreger in Nahaufnahme
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Die Experten vom Robert-Koch-Institut (RKI) tappen wieder im Dunkeln: Die spanischen Gurken, die seit Tagen als möglicher Auslöser für die Infektionen mit dem enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) gehandelt wurden, erhalten nun den Freispruch. "Bei zwei der vier Gurkenproben zeigte sich keine Übereinstimmung mit dem in Stuhlproben von Patienten gefundenen EHEC-Typ", sagte die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks.

Spanische Experten verurteilen die Vorgehensweise der Deutschen. Agrarministerin Rosa Aguilar macht die Hamburger Behörden für den Einbruch der Gemüseexporte verantwortlich. Russland, Österreich, Belgien und Tschechien hatten Importverbote für spanisches Obst- und Gemüse verhängt. Die spanischen Bauern beziffern ihre Einnahmeausfälle auf 200 Millionen Euro pro Woche.

Gesetze gegen Düngen mit "Fäkalwasser"

Schon früher war Spanien wegen seiner Dünge-Praxis in die Kritik geraten: Im Juli 2005 berichtete die Zeitung "El país" von Grundbesitzern aus der südöstlichen Region Murcia, die ihre Felder mit "Fäkalwasser aus ihren Wohnhäusern" düngten. Die damalige Umweltministerin Cristina Narbona bestätigte das Vorgehen. Mittlerweile gibt es in Spanien — wie auch in Deutschland — Gesetze, die verbieten, Obst und Gemüse mit Fäkalien zu düngen.

Hierzulande dürfen Bauern nur unter strengen Auflagen Abwasser auf die Felder geben. Wenn die Pflanzen schon Früchte tragen, ist es verboten, weil das Infektionsrisiko zu hoch ist. In Spanien ist bisher nur eine EHEC-Erkrankung festgestellt worden. Dabei handelt es sich um einen Mann, der von einem Deutschland-Aufenthalt zurückgekehrt war. Spanische Exporteure vermuten daher die Quelle der Infektionen in Hamburg. Alle bisher Erkrankten hätten sich in Deutschland infiziert, das gefundene infizierte Gemüse sei auf dem Hamburger Großmarkt umgeschlagen worden.

"Was machen die in Hamburg?", fragte José María Pozancos vom Erzeugerverband gestern im spanischen Rundfunk. Die Quelle der EHEC-Bakterien ist also weiterhin unklar. "Das ganze Geschehen ist ziemlich undurchsichtig. Ursprung der Infektionen können Güllewagen sein, die zwischen den Pflanzen hergefahren sind, oder auch verunreinigten Wasser, ", sagt Isabelle Mühlhausen.

Für die Ernährungsexpertin von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen steht fest: "Es ist schwer, die Quelle zu identifizieren." Wenn man wie in Mecklenburg-Vorpommern belastete Tomaten, Gurken und Salate findet, dann beginnt die Suche quasi erst: "Die Vertriebswege müssen geklärt werden, außerdem muss untersucht werden, ob diese Keime wirklich die Erreger sind, die auch die Betroffenen im Darm tragen."

Forscher entwickeln Schnelltest

Um die Suche zu beschleunigen hat Helge Karch, Direktor des Instituts für Hygiene am Universitätsklinikum Münster, einen Schnelltest entwickelt. Mit ihm lässt sich innerhalb von vier Stunden sagen, ob Patienten an dem aktuellen EHEC-Bakterium erkrankt sind. "Mit dem Verfahren können nicht nur Proben von Menschen untersucht werden, sondern auch von Lebensmitteln", sagt Karch.

Der aggressive Erreger breitet sich derweil unvermindert aus. Die Zahl der Fälle mit Komplikationen stieg bundesweit auf 373, wie das RKI gestern meldete. Mittlerweile gibt es 16 Todesopfer. Drei davon in NRW. Eine Frau starb in Schweden. Sie hatte sich vor Ausbruch der Krankheit in Hamburg aufgehalten. Die Experten gehen davon aus, dass sich die Zahl der Neuinfektionen und der Toten weiter erhöhen wird. Die Bundesländer bereiten sich darauf vor.

Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, der hessische Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU), sagte unserer Redaktion: "Wir können kurzfristig gegenseitig Hilfestellung leisten, indem wir medizinische Apparatur und Personal austauschen." Teilweise werde dies auch schon gemacht, betonte Grüttner. "Auch der Austausch zwischen den Chefärzten und den Kliniken funktioniert sehr gut. Insbesondere bei den Blutplasma-Vorräten gibt es bereits einen Austausch." Grüttner forderte die Bevölkerung zudem auf, Blut zu spenden.

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