Analyse zum gefährlichen Virus Deutschland ist gegen Ebola gewappnet

Genf · Die Ebola-Epidemie in Westafrika hat eine neue Dimension erreicht: Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den internationalen Gesundheitsnotfall ausgerufen. Damit kann Ebola wirksamer bekämpft werden. Was Sie jetzt über das gefährliche Virus wissen müssen.

Ebola - Von ersten Fällen zum Internationalen Gesundheitsnotfall
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Foto: Festa/ Shutterstock.com

Das Ebola-Virus scheint nicht zu bremsen. Erstmals erreicht es Länder außerhalb Afrikas; Infizierte wurden soeben in die USA und nach Spanien ausgeflogen - unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen. Die wurden auch in Afrika in der Regel befolgt, aber dort sind selbst Ärzte, Schwestern und Pfleger erkrankt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was bedeutet die Bezeichnung "Internationaler Gesundheitsnotfall"? Die Weltgesundheitsorganisation WHO kann jetzt weltweit Vorschriften zur Eindämmung des Ebola-Ausbruchs erlassen. Deren Umsetzung fällt aber in nationale Zuständigkeit. Die Länder mit Ebola-Fällen sollen Krisenzentren einrichten. Deren Aufgaben: Infektionsprävention, Labortests, Information der Bevölkerung. Damit Fälle schneller entdeckt werden und besser über Risiken aufgeklärt wird, sollen traditionelle Führer und Heiler einbezogen werden.

Kommt diese Entscheidung zu spät? Ja. Seit Monaten ist die Gefahr einer nicht beherrschbaren Epidemie bekannt; das Virus hat mehrere afrikanische Grenzen übersprungen. Die WHO hätte deutlich früher reagieren müssen. Bart Janssens, Einsatzleiter der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen", erklärt seit Wochen, wie "händeringend nötig" eine massive Reaktion sei, um Leben zu retten und die Epidemie abflauen zu lassen: "Es hat Leben gekostet, dass zu langsam gehandelt wurde."

Die wichtigsten Fakten zu Ebola
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Foto: AP/Frederick Murphy

Was bedeutet das für uns in Europa? Können Infizierte nach Deutschland kommen? Das Virus hat längst Nigeria erreicht, dort gibt es bereits mehrere Tote. Die Lufthansa fliegt zweimal von Frankfurt aus täglich Ziele in Nigeria an: Lagos und Abuja. Das Berliner Robert-Koch-Institut stuft aber das Ebola-Risiko in Europa als gering ein. Instituts-Präsident Reinhard Burger sagte gestern, ein Überspringen sei nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich. "Durch die zunehmende Zahl von Fällen in den westafrikanischen Ländern steigt natürlich auch die Wahrscheinlichkeit oder das Risiko, dass ein Infizierter in der Phase, in der er noch keine Symptome zeigt, ein Flugzeug besteigt", betonte Burger. Dabei sei es nicht auszuschließen, wenn auch unwahrscheinlich, dass auf diese Weise die Krankheit nach Europa kommen könnte.

Wie verhält sich derzeit der Flughafen Frankfurt? Er ist nach eigenen Angaben durch Strategiepläne gerüstet, Patienten mit und ohne Symptome ärztlich zu begleiten, abzufangen und in eine Hochsicherheits-Quarantäne der Frankfurter Uniklinik zu bringen. Auch sollen die Kontaktpersonen des Infizierten erfasst und isoliert werden. Das würde auch passieren, wenn in Deutschland der erste Ebola-Fall durch einen in Westafrika Infizierten und dann Ausgereisten eintreten sollte. Momentan bekommen Passagiere am Frankfurter Flughafen Infomaterial ausgehändigt.

Wäre es sinnvoll, Nigeria-Passagiere bei der Ankunft in Frankfurt grundsätzlich zu untersuchen? Das ist dort geplant, wenn die Lage noch dramatischer wird. Auch in Nigeria denkt man darüber nach, alle Passagiere in einem Screening zu erfassen. Aber die logistischen Hürden sind immens; realistisch erscheint ein solches Vorgehen ohnedies nicht. Die ersten Ebola-Symptome sind Allerwelts-Symptome, die einer schweren Erkältung ähneln und in den meisten Fällen nicht auf Ebola hinauslaufen.

Was sollten Passagiere einer Maschine aus Nigeria grundsätzlich beachten? Körperkontakt sollte unbedingt vermieden werden. Intensives Händewaschen auf den Bordtoiletten ist unentbehrlich, auch Desinfektionsmittel mit viruzider (Viren tötender) Komponente sollten verwendet werden.

Ist ein Mundschutz notwendig? Mundschutz wird derzeit nicht empfohlen, weil die Übertragung durch sogenannte Aerosole eher die Ausnahme zu sein scheint. Er kann aber nicht schaden; an die entsprechenden Bilder von Passagieren etwa aus Fernost zu Zeiten der Sars-Plage haben wir uns ja gewöhnt. Handschuhe sind sinnvoller.

Von welchem Moment an ist ein mit dem Ebola-Virus Erkrankter ansteckend? Nach derzeitigen Erkenntnissen von dem Moment an, da er Symptome zeigt. Die Übertragung erfolgt dann durch eine Schmier-, in wenigen Fällen auch durch eine Tröpfcheninfektion. In jedem Fall muss es bei einer Übertragung zu engem Kontakt mit dem Betroffenen oder mit von ihm berührten Gegenständen oder Flächen kommen.

Wie lang ist die Inkubationszeit? Beim Ebola-Virus ist sie sehr unterschiedlich - sie reicht von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen. Auch das Robert-Koch-Institut weist darauf hin, dass in der Frühphase der Erkrankung unspezifische Symptome auftreten können, die möglicherweise nicht als relevant betrachtet und mit anderen Krankheiten verwechselt werden.

Wie sind die aktuell erprobten und experimentellen, weil noch nie an Menschen erprobten Therapien zu beurteilen, die einigen infizierten Bürgern etwa aus den USA verabreicht wurden? In Notlagen mit unbeherrschbaren Szenarien können Zulassungsbarrieren übersprungen werden, das ist internationaler Standard. Die bislang gemeldeten positiven Ergebnisse sollte man vorerst zurückhaltend bewerten, da ein Gesundeter auch auf natürlichem Weg genesen sein und der heilende Anteil monoklonaler Antikörper aus Tabakpflanzen nicht seriös beurteilt werden kann. Internationale Virenforscher, darunter der belgische Ebola-Entdecker Peter Piot, fordern jedenfalls den Einsatz von noch in der Erforschung befindlichen Medikamenten gegen das Virus. Die WHO will in der kommenden Woche mit Medizin-Ethikern über einen Einsatz solcher kaum geprüfter Mittel in Westafrika beraten.

(RP)
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