Lebensgefährlicher EHEC-Erreger Durchfall-Infektionen: Mindestens 15 Fälle in NRW

Düsseldorf (RPO). Die Gesundheitsbehörden sind alarmiert: Schwere Darminfektionen mit dem lebensgefährlichen EHEC-Erreger häufen sich. Auch in NRW gibt es immer mehr Fälle - inzwischen mindestens 15.

Die wichtigsten Fakten zum EHEC-Erreger
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Foto: ddp

Wie das Gesundheitsministerium am Montagabend in Düsseldorf mitteilte, wurden landesweit seit Mitte April 15 Durchfallerkrankungen in Folge des EHEC-Erregers durch Laboruntersuchungen bestätigt. Eine Person erkrankte schwer mit dem Symptom Nierenversagen.

Zudem gibt es laut Ministerium bei sieben weiteren schwer Erkrankten den Verdacht auf EHEC. Dafür fehlt aber derzeit eine Bestätigung. Ein Schwerpunkt der Fälle liegt hier im Kreis Paderborn.

In Norddeutschland wurden bis Sonntag mindestens 70 Fälle gezählt, in Frankfurt am Main liegen zwei Patienten im künstlichen Koma. Auch in NRW gibt es erste Fälle.

Die äußerst resistenten Erreger führen zu schweren Durchfällen, die anfangs meist wässrig sind, in schweren Fällen aber auch blutig werden können. Wer darunter leidet, sollte unverzüglich einen Arzt aufsuchen. Der Verlauf der Erkrankungen ist nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) bei den aktuell bekannten Fällen in Norddeutschland ungewöhnlich schwer.

In Niedersachsen wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums mindestens 25 Betroffene registriert. Hamburg hat 13 Erkrankte gemeldet, das Kieler Gesundheitsministerium geht für Schleswig-Holstein von etwa 20 Fällen aus.

Auch Kliniken in Bremen registrierten eine Häufung von EHEC-Infektionen. Allein in Bremerhaven würden derzeit etwa 20 Fälle behandelt, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es nach Behördenangaben drei Verdachtsfälle.

"Beunruhigende Häufung in so kurzer Zeit"

Ein Sprecher des RKI sprach von einer "beunruhigenden Häufung in so kurzer Zeit". Nach wie vor suchten die Behörden nach dem Auslöser für die Infektionen. Unklar sei, ob es sich um einen gemeinsamen Erreger handle. Anhaltspunkt sei das gemeinsame zeitliche Auftreten der Fälle.

In Hessen gebe es derzeit mehrere Infektionsfälle und "sehr, sehr viele" Verdachtsfälle, sagte der Leiter der Infektionsepidemiologie am RKI, Gérard Krause, im Hessischen Rundfunk. Es wird hier vermutet, dass die EHEC-Erreger (Enterohämorrhagische Escherichia coli) von ungewaschenem Gemüse oder Obst übertragen wurden.

Natürliches Reservoir der EHEC-Bakterien ist der Darm von Wiederkäuern, speziell von Rindern. Aber auch Schafe, Ziegen und sogar Kaninchen können Reservoir des Bakteriums sein. Die Infektion kann durch direkten Kontakt mit Tieren oder deren Ausscheidungen sowie durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln erfolgen, zum Beispiel von Rindfleisch oder Rohmilch. Laut einer 2008 durchgeführten Studie des Robert-Koch-Instituts spielen bei lebensmittelbedingten Krankheitsfällen auch Rohwürste eine Rolle. Das können etwa Teewurst, Salami oder Mettwurst sein.

Der Erreger kann auch von Mensch zu Mensch weitergegeben werden, vor allem durch eine sogenannte Schmierinfektion aufgrund mangelnder Hygiene. Den besten Schutz gegen eine Übertragung bietet daher etwa gründliches Händewaschen. Fleisch, insbesondere Rindfleisch, sollte nicht roh verzehrt werden. Alle Arbeitsmaterialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, z.B. Messer, Schneidbretter und Küchentücher sollten gewissenhaft gereinigt werden.

Viele Patienten in kritischem Zustand

In Norddeutschland sind fast alle Betroffenen Erwachsene im Alter zwischen 19 und 55 Jahren, darunter auffälligerweise überwiegend Frauen. Nach bisherigen Erkenntnissen erkrankten die ersten Patienten um den 10. Mai. Ein Teil von ihnen liegt in kritischem Zustand auf Intensivstationen.

Die Hamburger Gesundheitsbehörde warnte, EHEC-Infektionen könnten auch ohne Beschwerden verlaufen und somit unerkannt bleiben. Die Mehrzahl der erkannten Erkrankungen trete als unblutiger, meistens wässriger Durchfall in Erscheinung. Begleitsymptome seien Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Bauchschmerzen, seltener Fieber.

Bei etwa 10 Prozent der Erkrankten verlaufe die Infektion hingegen schwer. Es handle sich dann um eine blutige Darmentzündung, das sogenannte Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS), mit krampfartigen Bauchschmerzen, blutigem Stuhl und teilweise Fieber bis hin zu Nierenversagen oder tödlichem Ausgang. HUS ist nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtig.

In den letzten Jahren ereigneten sich in Deutschland mehrfach Häufungen von HUS-Erkrankungen, ohne dass bisher eine eindeutige Infektionsursache ermittelt werden konnte. Im Jahr 2010 wurden in ganz Deutschland 65 HUS-Fälle gemeldet. Die aktuell auftretenden hohen Fallzahlen sind somit als ungewöhnlich einzustufen.

(AP/jre)
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