Überdosis Diätpillen 21-jährige Britin verbrennt innerlich durch Schlankheitsmittel

Eine Wunderwaffe, die die Kilos wie von selbst von den Rippen purzeln ließe, wäre so manchem einen hohen Preis wert. Deshalb nehmen Abnehmwillige Diätmittel, die den Stoff Dinitrophenol enthalten. Doch seine Nebenwirkungen sind lebensgefährlich: Wer ihn einnimmt, verbrennt regelrecht von innen.

 Jüngstes Opfer der fragwürdiger Diätpillen ist diese 21-jährige Britin, doch auch hierzulande starben schon mehrere Menschen nach der Einnahme von DNP.

Jüngstes Opfer der fragwürdiger Diätpillen ist diese 21-jährige Britin, doch auch hierzulande starben schon mehrere Menschen nach der Einnahme von DNP.

Foto: West Merica Police

Die Sehnsucht nach der Traumfigur treibt viele zu gefährlichen Maßnahmen. So auch die 21-jährige Engländerin Eloise Aimee Parry. Infiziert von dem Versprechen ihr Wunschgewicht ohne Diät zu erreichen, heftete sie ihren Glauben an Wunderpillen, die sie im Internet bestellte. Offenbar wusste sie nicht, dass sie einen hochgiftigen Stoff enthielten.

Nach der Überdosis können die Ärzte nichts mehr tun

Kurz nach der Einnahme des Mittels fühlt sich die junge Master-Studentin unwohl und entscheidet sich, im Krankenhaus Hilfe zu suchen. Offen erzählt sie den Ärzten dort, was passiert ist. Die führen daraufhin einen toxikologischen Test durch. Der erst offenbart, wie schlecht es um die noch ansprechbare 21-Jährige steht, so teilt später die Polizei mit. Denn der hoch gefährliche Stoff Dinitrophenol (DNP), den sie in Überdosis zu sich genommen hatte, war längst in ihrem Blutkreislauf. "Die Droge war in ihrem Kreislauf und es gab kein Gegenmittel, zwei Tabletten sind eine tödliche Dosis und sie hatte Acht genommen", sagt deren Mutter. Den Ärzten sind in einem solchen Fall die Hände gebunden.

In einer öffentlichen Mitteilung beschreibt Eloise Parrys Mutter bewegend, wie im Krankenhaus um das Leben ihrer Tochter gekämpft wird. Als sich die 21-Jährige dort meldete, habe es zunächst keine große Panik gegeben, denn sie sei noch vollkommen klar gewesen. Dann aber überschlagen sich die Ereignisse und der Zustand dramatisiert sich immer weiter. Der englischen Boulevardzeitung Mirror gegenüber beschreibt sie, wie ihre Tochter regelrecht innerlich verbrannt sei. Denn nach der Einnahme von DNP steigt die Körpertemperatur stark an und erreicht auch ohne körperliche Anstrengung leicht 41 Grad Celsius.

Übler Werbespruch: "Dieting by cooking yourself"

Bitterböse wirkt in Anbetracht dessen der Werbeslogan, mit dem das Mittel einmal vertrieben wurde: "Dieting by cooking yourself" versprach er und lag damit nicht falsch. Denn tatsächlich bringt es die Fettverbrennung auf Hochtouren, "mit Nebenwirkungen, die bis zum Tod führen", warnt jedoch Jürgen Odenbach vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Dazu zählen unter anderem Herzrasen, Lungenödeme, Koma, plötzlicher Herztod, Nieren- und Leberversagen oder Multiorganversagen.

DNP sorgt dafür, dass alle über die Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate nicht in für den Körper verwertbare Energie umgewandelt wird, sondern in Wärme umgewandelt wird. Das erklärt die ansteigende Temperatur, die die Ärzte auch bei Eloise Parry beobachteten. Als ihr Kreislauf beginnt instabil zu werden, versuchen sie verzweifelt dem entgegenzuwirken. Als die Atmung aussetzt, beatmen die Mediziner die 21-Jährige. Dennoch verliert sie den Kampf und stirbt qualvoll. Auch in Deutschland kam es in Zusammenhang mit der Einnahme derartiger Wunderpillen zu mehreren Todesfällen. Darunter auch der einer jungen Frau, die über ihre beste Freundin das fragwürdige Diätmittel übers Internet bekommen hatte.

Mittel stammt aus der Sprengstoffherstellung

Ursprünglich, so berichtet Odenbach, sei Dinitrophenol zur Sprengstoffherstellung genutzt worden. Zusammen mit TNT fertigte man in Frankreich aus DNP Artilleriegranaten. "Man beobachtete, dass die Mitarbeiter dort alle kontinuierlich abnahmen. Allerdings litten sie auch unter Schwindelanfällen und Schweißausbrüchen."

Als das Wundermittel 1930 den Markt eroberte, wusste man noch nicht um seine Gefahr. Doch nur wenige Jahre später wurde es in den USA bereits wieder verboten. Auch hierzulande sind Mittel, die Dinitropenol enthalten, nicht über legale Internetapotheken zu bekommen. "Dennoch kann man DNP auf dubiosen Seiten im Internet besorgen", so Odenbach. Meist werden sie dort als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Davor, das immer wieder angepriesene Diätwundermittel zu bestellen, könne man jedoch nur warnen.

Die Betroffenen werden kurzatmig und bekommen Schweißausbrüche. Davon berichten auch Bodybuilder in verschiedenen Foren, in deren Kreisen einige über die gefährlichen Erfahrungen mit DNP sprechen. Aus Tierversuchen weiß man, dass die Chemikalie unfruchtbar macht. "Wahrscheinlich ist DNP krebserregend und erbgutschädigend", sagt Jürgen Odenbach.

Folgen nicht absehbar

Auch auf die unter der Hand gehandelten Dosierungsempfehlungen sei kein Verlass. Man wisse zu wenig über die Halbwertszeiten des Mittels. "Es kann sich im Körper aufaddieren" und so seine verheerende Wirkung auch dann erst zeigen, wenn die Einnahme längst beendet wurde.

Nach dem Tod der 21-jährigen Britin verfolgt nun die Polizei die Spur des im Internet erworbenen Präparats und weist auf eine Mitteilung der für Ernährung zuständigen Behörde hin, in der es heißt: "Wir raten der Öffentlichkeit, keine Tabletten oder Puder zu nehmen, die DNP enthalten. Es ist Industriechemikalie und nicht für den menschlichen Verzehr geeignet. Es kann sehr gefährlich für Menschen sein." Diese Information zum rechten Zeitpunkt hätte der englischen Master-Studentin das Leben retten können.

(wat)
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