Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Fixierung von Psychiatriepatienten muss richterlich genehmigt werden

Karlsruhe · Bislang hatten nur drei Bundesländer - darunter NRW- bei der Fixierung von Psychiatriepatienten einen Richtervorbehalt vorgesehen. Nun sieht das Bundesverfassungsgericht dies als für alle verpflichtend an.

 Eine mit einem Textilband festgebundene Hand eines Patienten (Symbolfoto).

Eine mit einem Textilband festgebundene Hand eines Patienten (Symbolfoto).

Foto: dpa/Hans-Jürgen Wiedl

Fixierungen von Psychiatriepatienten müssen künftig von Richtern genehmigt werden. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe.

Bisherige gesetzliche Regelungen in Bayern und Baden-Württemberg, die keinen Richtervorbehalt für Fixierungen vorsehen, müssen dem Urteil zufolge binnen einem Jahr geändert werden. Dafür soll jedes Bundesland künftig auch eine Richterbereitschaft gewährleisten.

Anlass waren die Klagen von zwei Männern, die auf ärztliche Anordnung hin für mehrere Stunden ans Bett gefesselt worden waren. Die beiden Kläger machen geltend, dass eine Fixierung als Freiheitsentzug einem Richtervorbehalt unterliege. Dem stimmte das Bundesverfassungsgericht nun zu. Die Fixierung eines Patienten sei ein Eingriff in dessen Grundrecht auf Freiheit der Person nach Artikel 104 des Grundgesetzes, sagte der Vorsitzende des Zweiten Senats, Andreas Voßkuhle. Sie sei nur als letztes Mittel zulässig.

Bei der sogenannten Fünf-Punkt- oder Sieben-Punkt-Fixierung ist nun eine Eins-zu-eins-Betreuung durch pflegerisches oder therapeutisches Personal verpflichtend. Zudem muss zwischen 6 Uhr und 21 Uhr künftig ein richterlicher Bereitschaftsdienst zur Verfügung stehen, um die ärztliche Anordnung einer Fixierung überprüfen zu können. Grundsätzlich erfordere Freiheitsentziehung aber eine "vorherige richterliche Anordnung". Wird eine Fixierung in der Nacht vorgenommen, muss eine richterliche Entscheidung am nächsten Morgen eingeholt werden.

Die Fesselung kann nur als "letztes Mittel" angewandt werden, etwa bei der Gefahr der Selbst- oder Fremdgefährdung. Betroffene müssen auch darüber informiert werden, dass sie eine Fixierung rechtlich im Nachhinein überprüfen lassen können.

Auf dem Prüfstand des Verfassungsgerichts stand damit vor allem die Frage, wer eine solche Zwangsmaßnahme in der Psychiatrie anordnen darf.

Die Regelungen in den 16 Bundesländern sind unterschiedlich. Nur Berlin, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben bislang die Einschaltung eines Richters gesetzlich vorgeschrieben. Schon bei der Verhandlung hatte Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle betont, staatliche Freiheitsentziehung sei die schwerste Form der Freiheitsbeschränkung und nur in besonderen Fällen durch das Grundgesetz gedeckt.

(das/AFP/dpa/KNA)
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