Nach Todesfällen in Klinik Bremer Frühchenstation wieder geöffnet

Bremen · Ein gefährlicher Keim tötete drei Babys in einer Bremer Klinik, mehrere Frühgeborene erkrankten. Die Station wurde geschlossen, desinfiziert und umgebaut. Jetzt ist sie wieder geöffnet - und der erste Patient schläft schon friedlich im Brutkasten.

So gefährlich sind Klinikkeime
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Foto: dapd

Der kleine Junge im Brutkasten liegt ruhig auf dem Bauch. Den Kopf mit den schwarzen Locken hat er zur Seite gedreht, die Hände zu winzigen Fäusten geballt. Instrumente überwachen seinen Herzschlag und jeden Atemzug. Das Baby kam am Sonntagabend zur Welt und ist damit der erste Patient auf der Bremer Intensivstation für Früh- und Neugeborene - noch vor der offiziellen Wiedereröffnung am Montagnachmittag.

Etwas mehr als zwei Monate war die Station geschlossen, nachdem sich dort seit April mehrere Neugeborene mit einem resistenten Darmkeim angesteckt hatten. Drei von ihnen starben an der Infektion. Die Staatsanwaltschaft ermittelt sogar wegen sechs Todesfällen. Die Klinik gab die Vorfälle jedoch erst Anfang November bekannt.
Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) ließ die Station daraufhin schließen und schaltete das Robert-Koch-Institut ein.

"Hygiene ist das oberste Gebot"

Die Experten nahmen die Abteilung genau unter die Lupe, konnten aber auch nicht mehr eindeutig feststellen, wie sich die Kinder dort mit dem Erreger infiziert hatten. Sie empfahlen, die Station umzubauen, die Hygienemaßnahmen zu verbessern und ein Frühwarnsystem für Infektionswellen einzurichten. Darüber hinaus zog das Klinikum das Deutsche Beratungszentrum für Hygiene in Freiburg hinzu.

Der Großteil der von den Fachleuten empfohlenen Veränderungen ist inzwischen umgesetzt. "Hygiene ist hier das oberste Gebot" prangt in großer Schrift auf einer Tafel direkt am Eingang der Frühchenstation. Darunter sind viele Hinweise für die Besucher aufgelistet. Auch vor den Patientenzimmern, der Milchküche und den anderen Räumen fordern Schilder zum Desinfizieren der Hände auf.

"Wir haben die Durchgänge zwischen den Zimmern geschlossen und die Zahl der Betten reduziert", erläutert der kommissarische Chefarzt Thorsten Körner. Seinen Vorgänger hatte die Klinikleitung Mitte November entlassen, seither sucht sie einen Nachfolger. In den vergangenen zwei Monaten wurden außerdem alle Böden, Waschbecken und Schränke auf der Station ausgetauscht. Rund 250.000 Euro haben die Neuerungen laut Körner gekostet.

"Wir können nur durch gute Arbeit das Vertrauen langsam wiedergewinnen", sagt der Chefarzt. Seit dem Bekanntwerden der tödlichen Infektionswelle sind die Geburtenzahlen im Bremer Klinikum Mitte stark eingebrochen. 2010 seien dort mehr als 1100 Kinder zur Welt gekommen, im vergangenen Jahr waren es rund 100 weniger. In den anderen Häusern des Bremer Klinikverbundes ist die Zahl dagegen leicht gestiegen oder gleichgeblieben.

Rund eine Million Euro werde der Geburtenrückgang schätzungsweise kosten, sagt Klinikverbund-Sprecher Rolf Schlüter. "Das hängt von der Entwicklung in den nächsten Monaten ab." Doch nicht nur für die Kassen der Klinik ist die Rückkehr zum Alltag wichtig. Auch das Personal hat unter der Situation gelitten. "Ich glaube, da hat sich jeder verantwortlich gefühlt und sich gefragt, ob er sauber gearbeitet hat", meint Krankenschwester Kerstin Kathmann. "Jetzt sind wir froh, dass wir alle wieder zurückkehren konnten."

Mit strahlendem Gesicht verlässt Ibtisem Slaimi die Frauenklinik.
Vor wenigen Tagen hat sie dort ihr zweites Kind entbunden - obwohl sie von den Vorfällen auf der Frühchenstation wusste. "Das kann überall passieren", sagt die junge Mutter. "Das ist natürlich traurig, aber mein Vertrauen hat das nicht zerstört." Auch ihr nächstes Kind würde sie wieder im Klinikum Mitte zur Welt bringen.

(dpa)
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