Zivilisationskrankheiten Bisphenol A in Alltagsgegenständen

Leipzig (RPO). Die in vielen Alltagsgegenständen enthaltene Chemikalie Bisphenol A erhöht möglicherweise das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Über diesen Verdacht berichtete der Würzburger Mediziner Gilbert Schönfelder am Mittwoch auf einem Symposium der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie in Leipzig. Bisphenol A sei ein sogenanntes Xenoöstrogen, das vor allem bei Ungeborenen unerwünschte Wirkungen habe.

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Die Substanz gehört nach Angaben des Mediziners zu den am meisten produzierten Chemikalien und wird unter anderem bei der Herstellung von Plastikverpackungen, der Innenauskleidung von Lebensmitteldosen oder auch in der Innenverkleidung von Kraftfahrzeugen eingesetzt.

Das Xenoöstrogen könne in das Reproduktionssystem eingreifen und zum Beispiel bei ungeborenen Organismen Programme auslösen, die erst nach der Pubertät wirksam werden, warnte Schönfelder. Er nannte in diesem Zusammenhang das Diethylstilbestrol, das in den USA zu Fehlbildungen und Tumorerkrankungen an den Fortpflanzungsorganen von Mädchen und Jungen geführt habe.

Laut Schönfelder sind die genauen Auswirkungen solcher Substanzen, die als Endokrine Disruptoren bezeichnet werden, noch nicht ausreichend erforscht. Anzunehmen sei jedoch, dass die Dosis und der Zeitraum, in denen der Organismus ihnen ausgesetzt sei, für die Entwicklung unerwünschter Effekte ausschlaggebend sei.

Zudem verlaufe die Dosis-Wirkungs-Beziehung der Endokrinen Disruptoren nicht linear. Natürliche Schwankungen im Hormonhaushalt in Verbindung mit der Gabe östrogenhaltiger Medikamente oder der unfreiwilligen Aufnahme von Umweltchemikalien könnten zur unerwünschten Wirkungen führen.

Das Thema der möglicherweise krank machenden Stoffe aus der Umwelt gehört ebenso zum Programm des Endokrinologen-Kongresses wie die Diskussion darüber, inwieweit genetische Ursachen für die Entwicklung von Übergewicht eine Rolle spielen.

Wie Michael Stumvoll vom Universitätsklinikum Leipzig erklärte, bestimmt das Erbgut zu etwa 60 Prozent darüber, ob eine Person Übergewicht oder eine Adipositas, also eine Fettleibigkeit entwickelt. Derzeit diskutiere die Fachwelt zudem darüber, welche Bereiche des Gehirns mit Nahrungsaufnahme und eventuell Übergewicht zu tun haben und wie das Nahrungsverhalten zum Beispiel hormonell reguliert wird.

Deutschland mit Mangel an Endokrinologen

Helmut Schatz vom DGE-Vorstand verwies darauf, dass die Endokrinologie, die sich mit den Hormonen und den Stoffwechselvorgängen beschäftigt, in weiten Teilen der Medizin von erheblicher Bedeutung ist. Zur Versorgung der Bevölkerung, von denen große Teile von Hormon- oder Stoffwechselstörungen leiden, würden Endokrinologen benötigt.

Allerdings gebe es in Deutschland nur rund 400 dieser Spezialisten, von denen 180 in einer niedergelassenen Praxis arbeiteten. Bei rund 80 Millionen Deutschen stehe deshalb nur ein niedergelassener Endokrinologe für 460.000 Einwohner zur Verfügung. Deutlich besser sehe es da zum Beispiel in Frankreich und Italien aus: Bei 56 beziehungsweise 60 Millionen Einwohnern würden dort jeweils rund 3000 Endokrinologen gezählt, sagte Schatz.

(apd/felt)
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