Barmer GEK Arztreport Immer mehr Menschen leiden unter chronischen Schmerzen

Berlin · Mehr als vier Prozent der Deutschen sind von chronischen Schmerzen betroffen, das ergab der aktuelle Arztreport der Barmer GEK. Damit ist die Zahl der Patienten stark gestiegen.

Barmer Arztreport: Mehr Menschen leiden unter chronischen Schmerzen
Foto: Shutterstock/Maridav

Millionen Deutsche leiden darunter, viele über Jahre - Diagnose: Schmerz. Doch die Verbesserungen in der Therapie hinken der Zunahme der Fälle hinterher.

Schmerzen ohne direkten Bezug zu einer anderen organischen Krankheit wurden nach den Daten aus dem neuen Arztreport der Barmer GEK 2014 bei 3,25 Millionen Menschen diagnostiziert. Die Zahl der Fälle ist stark gestiegen. Mehr als vier Prozent der Bundesbürger sind betroffen - 2005 waren es 1,6 Prozent. Die Dunkelziffer von Betroffenen ohne einschlägige Diagnose gilt als hoch. Die Zahl der ambulant behandelten chronischen Schmerzpatienten ist laut Report deutlich gestiegen - auf 655 000 im Jahr 2014.

Die Diagnose "Schmerz", bei der die Ärzte eine körperliche Ursache annehmen, macht mit rund vier Fünftel den größten Anteil aus. Hier gab es seit 2005 einen Anstieg um 72 Prozent. Bei der Diagnose "Anhaltende Schmerzstörung", die eher auf die Psyche zurückgeführten Schmerz umfasst, war der Anstieg bei kleineren Fallzahlen noch höher.

Insgesamt sind chronische Schmerzen laut Statistik bei Frauen häufiger. Bei den 60- bis 64-Jährigen erhielten 4,5 Prozent der Männer und 6,6 Prozent der Frauen die Diagnose "Schmerz". Bei den über 90-Jährigen sind es fast 10 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen. In jüngeren Altersgruppen ist die Diagnose weit seltener.

Chronische Leiden am Muskel-Skelett-System - vor allem der Wirbelsäule - kommen besonders oft bei Schmerzpatienten vor, ebenso wie bestimmte Krebserkrankungen. Über die Zusammenhänge gibt die Studie keinen Aufschluss. Mögliche Gründe reichen von einer Zunahme von Einflüssen wie schmerzauslösenden Körperhaltungen oder von Stress bis hin zu mehr Diagnosen wegen steigender Aufmerksamkeit der Ärzte.

Im Durchschnitt dauert die Leidensgeschichte eines Schmerzpatienten sieben Jahre. Nach Angaben der Bundesärztekammer kämpft jeder Fünfte sogar 20 Jahre und länger gegen die Beschwerden.

Laut Deutscher Schmerzliga und weiterer Fachorganisationen oft über Umwege - es fehle an einer Vernetzung innerhalb der medizinischen Fachgebieten. Erste Anlaufstelle sei oft die Apotheke. Patienten wüsten oft nicht einmal, dass es Ärzte mit einer speziellen schmerzmedizinischen Ausbildung gebe. Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin meint, für eine flächendeckende Versorgung seien mindestens 10 000 Schmerzmediziner nötig. Derzeit gebe es nur 400 Ärzte, die in Vollzeit Schmerzpatienten versorgen.

Die Mediziner setzten sich auf einem Ärztetag bereits vor zwei Jahren für mehr und bessere Schmertherapie ein - unter anderem durch Teams verschiedener Fachrichtungen. Die Akutschmerztherapie in den Kliniken müsse gestärkt werden. Barmer-GEK-Chef Christoph Straub mahnt durchgreifende Verbesserungen an: "Angesichts von Millionen Betroffenen muss die Bekämpfung des chronischen Schmerzes zu einem nationalen Gesundheitsziel werden."

(dpa)
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