Report sieht Einsparpotenzial Arzneimittel-Kosten auf Rekordhoch

Berlin (RPO). Gesundheitsminister Philipp Rösler hat es nicht leicht in diesen Tagen. Von Ärzten und Patienten hagelt es Kritik an seiner großen Gesundheitsreform. Auf einem Gebiet allerdings scheint er mit seinen Plänen genau ins Schwarze zu treffen - bezüglich der Einsparungen bei den Medikamenten. Denn, so zeigt der aktuelle Arzneiverordnungsreport, die Arzneimittel-Ausgaben sind 2009 erneut gestiegen.

Arzneimittelpreise sind jetzt Verhandlungssache
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Foto: ddp

Philipp Rösler äußert gegenüber unserer Redaktion seinen Unmut: "Den Protest auf dem Rücken von Patienten auszutragen, halte ich einfach für unfair - gegenüber ihren Patienten." Er meint damit die Demonstrationen und Praxisschließungen, mit denen Hausärzte am Mittwoch gegen die Pläne des Gesundheitsministers protestieren wollen.

Er erklärte, dies entspreche nicht "dem ärztlichen Selbstverständnis." "Wir wollen keinem Hausarzt etwas wegnehmen. Sondern wir wollen - wie bei anderen Akteuren im Gesundheitswesen - künftige Ausgabenzuwächse zeitweilig begrenzen."

Für jeden liegt greifbar auf der Hand, dass das Gesundheitssystem immer mehr ans Portemonnaie geht. Patienten klagen über Zuzahlungen und höhere Beiträge zur Krankenversicherung, Krankenkassen beklagen das Loch in ihren Kassen und Ärzte beklagen die schlechte Entlohnung. Dass es im deutschen Gesundheitswesen tatsächlich ein Ausgabenproblem gibt, zeigt nun auch der am Dienstag vorgestellte Arzneiverordnungsreport.

Mehrausgaben von 4,8 Prozent

Demnach wurden im Jahr 2009 insgesamt 4,8 Prozent mehr für Arzneimittel ausgegeben als im Jahr davor. Das macht Mehrausgaben von 32,4 Milliarden Euro - ein Rekord. Und in diesem ersten Halbjahr sieht es ähnlich aus: dort konstatiert der Report ein Plus von 4,6 Prozent. Und so kommt der Report zu dem Schluss, dass es noch erhebliche Einsparpotenziale im Bereich der Arzneimittel gibt - und zwar 9,4 Milliarden Euro.

Das hat auch der Gesundheitsminister so gesehen und daher dem Pharma-Markt eine Rosskur verordnet. Die Hersteller müssen künftig beweisen, ob die Arzneien ihren Preis wert sind. Bisher war es so geregelt, dass die Pharmaunternehmen für patentgeschützte Medikamente den Preis selbst festlegen konnten - und die Kassen mussten den Preis zahlen.

Das soll sich nun ändern. Zunächst soll der Nutzen eines Medikamentes ermittelt werden. Dementsprechend müssen die Pharmakonzerne nachweisen, ob ihre neuen und teureren Medikamente einen Zusatznutzen bringen. Dann sollen die Kassen mit den Herstellern über den Preis direkt verhandeln. Zunächst aber dürfen sie ihn selbst festsetzen. Spätens nach einem Jahr allerdings muss es eine Einigung mit den Kassen geben. Nach Schätzungen des Gesundheitsministeriums ließen sich mittelfristig dadurch 1,8 Milliarden Euro jährlich einsparen.

Pharmakonzerne kassieren ab

Der Arzneiverordnungsreport kommt nun zu dem Schluss, dass genau jene patentgestützte innovative Arzneimittel die Preistreiber sind. Die Herausgeber des Reports nennen etwa Asthmamittel, Immuntherapeutika oder Tumortherapeutika als Beispiele. Nach der Studie könnte zudem allein durch den Einsatz von Generika, also der Nachahmermedikamente, 4,1 Milliarden Euro eingespart werden.

Bezeichnend ist auch, dass sowohl die patentgeschützten Arzneimittel, als auch die Generika in Deutschland wesentlich teurer sind als in anderen europäischen Ländern - um 50 bis sogar 100 Prozent. Doch dagegen wollen Schwarz-Gelb und der Gesundheitsminister mit ihrer Reform nun vorgehen. Ob das tatsächlich hilft, die Löcher bei den Krankenkassen zu stopfen, wird sich zeigen.

Der Report beruht übrigens auf Daten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, also einer der Kassen, die sich regelmäßig über die Finanznot beklagen und Beitragserhöhungen als nötig ansehen.

(das/fb)
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