Am 6. Juli ist Weltkusstag Heilendes Küssen
Düsseldorf · Heiße Wangen und Herzklopfen, Kribbeln im Bauch – das Küssen löst sonderbare Effekte aus. Es kann Stress abbauen, aber auch Viren übertragen. Varianten gibt es viele. Aber ob als Handkuss oder bayerisches Bussi - fast alle tun es gern.

So kann man sich küssen
Küsse sehen in verschiedenen Kulturen anders aus. Mal sind sie erlaubt, mal riskiert man gar sein Leben. Davon ablassen, können Verliebte jedoch fast nirgends auf der Welt. Aber wieso küssen sich Menschen überhaupt? Dieses Phänomen beschäftigt die Wissenschaft schon lange.
Sigmund Freud etwa war davon überzeugt, dass Küssen ein angeborener Instinkt sei. Iwan Pawlow nahm seine geglückte Konditionierung von Hunden als Indiz dafür, dass der Kuss ein beabsichtigter Ausdruck von Liebe wäre. Heute haben sich die Wissenschaftler auf die Mitte der beiden Theorien geeinigt: Küssen ist ein offener Instinkt, der grundsätzlich geändert werden kann.
Immunsystem auf Hochtouren
Über 80 Prozent aller Deutschen denken Küssen sei die beste Medizin, und Unrecht haben sie damit nicht. Berühren sich die Lippen, steigt der Herzschlag. Außerdem werden der Stoffwechsel, die Sauerstoffaufnahme und die Blutzirkulation angekurbelt. Das berühmte Kribbeln im Bauch, kommt unter anderem von den ausgeschütteten Glückshormonen, die uns über das Küssen Stress und Schmerzen vergessen lassen. Nicht zu vergessen: Auch das Immunsystem läuft spontan auf Hochtouren. Kein Wunder also, dass der Mensch bei einem leidenschaftlichen Kuss rund 20 Kalorien pro Minute verbrennt.
Aber nicht alle Menschen küssen. Zehn Prozent der Weltbevölkerung tut dies nicht. Und schon Charles Darwin bemerkte auf seinen Reisen, dass die Einwohner von Feuerland ebenso wenig küssten wie die Eingeborenen von Tahiti, Somalia, Australien, Neuseeland oder Papua-Neuguinea. Aber die Globalisierung hat auch da ihre Wirkung getan: Inzwischen küsst über 90 Prozent der Menschheit. Tendenz steigend.
Gebot der Biologie
Die Evolution scheint das Küssen jedenfalls zu favorisieren. Für Neurologen und Sexualforscher ist klar: Der Kuß ist ein biologisches Hilfsmittel bei der Partnerwahl. So haben amerikanische Forscher längst herausgefunden, dass während eines Kusses die körperliche Verfassung des Partners unbewusst ausgelotet wird.
Geprüft wird, ob Gene und Immunsystem des anderen das eigene ergänzen, oder nicht. Dabei kommt es vermutlicha auf den Geruch und Geschmack des Partners an. Je verschiedener die Gene, desto eher kommt der Andere als Partner infrage. Glück für die Nachkommen, denn dank diesem biologischen Checks werden sie immuner gegen Krankheiten und haben eine höhere Lebenserwartung.
Im Herbst droht Ansteckungsgefahr
Aber auf den ersten Blick gibt es auch gute Gründe gegen das Küssen. Immerhin werden beim Küssen intensiv Bakterien ausgetauscht. Mehrere Tausend an der Zahl, die sich ungehemmt vermischen können.Das macht aber nicht krank, sondern stärkt das Immunsystem, durch eine Art natürliche Impfreaktion. Krank hingegen machen Viren. Gerade im Herbst, wenn Erkältungen Saison haben, schieben sich Pärchen den Schnupfen gerne hin und her.
Aber selbst die Gesundheit der Zähne kann durchs Küssen in Gefahr geraten. 70 Prozent aller Deutschen zwischen 35 und 44 Jahren leiden an chronischer Zahnfleischentzündung. Zahnärzte gehen davon aus, dass sich Partner beim küssen mit sowohl mit Karies als auch mit Paradontose anstecken können. Wer also nicht weiss, wieso Zähne und Zahnfleisch einfach nicht gesunden wollen, kann getrost seinen Partner zum Arzt schicken. Hier könnte der Ursprung liegen.
Die Mathematik des Kusses
Doch leichte Nebenwirkungen gibt es bei jeder Medizin. Deshalb sind Neurologen und Psychologen letztlich trotzdem davon überzeugt: So wie Lachen gesund ist, tun auch Küsse gut. Denn in beiden Fällen werden positive Hormone ausgeschüttet. Und da ein glücklicher Mensch auch ein gesunder Mensch ist, kann das Küssen ohne Zweifel als heilsam bezeichnet werden.
Einzige Bedingung: Der Effekt entsteht nur, wenn man jemanden mag. Reines Küssen, um des Küssens willen, bringt dagegen gar nichts.
Küssen gegen Stress
Das Küssen Medizin ist, ist sogar schon wissenschaftlich gemessen worden. Küsse senken bei Frauen und Männern gleichermaßen den Pegel des Stress-Hormos Cortisol. Sinkt der Cortisol-Pegel im Blut, entspannen Körper und Psyche also wieder.
Zudem wird die Ausschüttung von körpereigenen Endorphinen, den natürlichen Opiaten des Körpers, stimuliert. Wer intensiv küsst, gerät also blitzschnell in ein Glückshormon-Hoch. Gleichzeitig setzen die Nebennieren Adrenalin frei, wodurch Aufregung und Stoffwechsel angeregt werden. Darüber hinaus bildet die Bauchspeicheldrüse Insulin und das Immunsystem schickt mehr Abwehrzellen ins Blut, die unerwünschte Abbauprodukte des Stoffwechsels unschädlich machen. Kein Wunder also, dass so Viele beim Küssen ein Feuerwerks im Körper spüren.
Dieser Text erschien bereits im Juli 2012.