Umstrittene Aussage Aids-Hilfe schwächt Kondom-Empfehlung ab

Düsseldorf/Köl · Die Aids-Hilfe NRW hat mit Äußerungen zum Gebrauch von Kondomen Widerspruch in Fachkreisen ausgelöst. Menschen mit HIV seien bei einer gut verlaufenden antiretroviralen Therapie, also bei einer niedrigen Viruslast, nicht mehr infektiös, sagte Arne Kayser vom Vorstand der Aids-Hilfe NRW vor Journalisten in Düsseldorf.

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Foto: dpa/Lukas Schulze

Er fügte wörtlich hinzu: "Man kann also sagen, dass Sex ohne Kondom unter gewissen Umständen auch sicher ist."

Auf Nachfrage hieß es, dass dies zwar keineswegs ein Plädoyer für den generellen Verzicht auf Kondome sei, doch müssten die jeweiligen Partner im Zweifelsfall selbst entscheiden, wie sie sich verhalten. Kayser fügte hinzu, die Schutzwirkung einer erfolgreichen Therapie dürfe nicht dazu führen, Menschen gegen ihren Willen und ohne medizinische Notwendigkeit vorzeitig zu einer Therapie zu überreden, um mögliche Ansteckungen zu verhindern.

Distanz zur Aids-Hilfe

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) ging auf Distanz zur Aids-Hilfe. "Berichte über medizinische Fortschritte bei der Aids-Bekämpfung sind wichtig, denn sie dienen sowohl der Motivation für Betroffene, frühzeitig und konsequent ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, als auch der Entstigmatisierung von Aidskranken. Dabei darf aber auf keinen Fall übersehen werden: Trotz aller medizinischen Fortschritte bleiben Kondome die sicherste Methode der Vermeidung von Aids und anderer sexuell übertragbarer Infektionen."

Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln, die auf eine seit 25 Jahren bestehende Kampagne zur Aids-Prävention ("Gib Aids keine Chance") zurückblicken kann, betonte auf Anfrage, es bleibe trotz aller medizinischen Fortschritte dabei, dass Kondome den besten Schutz vor Ansteckung böten.

Bereits im März hatten die Bundeszentrale und das Robert-Koch-Institut in einer gemeinsamen Erklärung betont, das Kondome weiterhin der entscheidende Schutz vor HIV seien. Der Nationale Aids-Beirat, ein unabhängiges Beratungsgremium des Bundesgesundheitsministeriums, hält den Schutz vor einer Infektion für die "gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten. Unverändert bleibt daher die Bedeutung der aufeinander bezogenen Verhältnis- und Verhaltensprävention." Jede Entscheidung für eine Therapie dürfe nur von den Menschen mit HIV selbst getroffen werden.

Kritik an unwissentlichen Tests

Die Aids-Hilfe NRW übte in diesem Zusammenhang Kritik an Praktiken wie in Wien, wo sämtliche eingelieferten Krankenhauspatienten ohne ihr Wissen auf HIV getestet würden. Die positiv Getesteten, so Kayser mit Blick auf NRW, müssten selbst entscheiden, "ob sie sich sofort einer Therapie unterziehen möchten, zu einem späteren Zeitpunkt oder gar nicht".

Laut Aidshilfe leben in NRW rund 17 500 Menschen mit dem HI-Virus, davon 14 000 Männer und 3500 Frauen. Die Zahl der Kinder mit HIV liege bei unter 50. Im vergangenen Jahr seien 160 HIV-Infizierte in NRW gestorben.

(RP/csi)
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