Belastungen im Arbeitsalltag Ältere Frauen in Pflegeberufen häufiger psychisch erkrankt

Berlin · Ältere Frauen leiden überdurchschnittlich oft unter psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen und dies insbesondere in Pflege- und Erziehungsberufen. Doch noch tun die Regierung und Branchen zu wenig dagegen.

  Eine Pflegerin hält die Hand einer Frau (Symbolfoto).

Eine Pflegerin hält die Hand einer Frau (Symbolfoto).

Foto: dpa/Oliver Berg

Ältere Frauen sind im Vergleich zu Männern und zu jüngeren Frauen deutlich häufiger krankgeschrieben und beantragen wegen ihrer psychischen Erkankungen auch deutlich häufiger eine vorzeitige Erwerbsminderungsrente. Das geht aus der Antwort des Arbeitsministeriums auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Demnach sind Frauen insgesamt im Jahr 2016 an insgesamt 59 Millionen Tagen wegen psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen krankgeschrieben worden, bei Männern waren es nur 39 Millionen. Frauen waren demnach 50 Prozent häufiger psychisch erkrankt.

In der Altersgruppe der 55- bis 60-jährigen Frauen führten psychische Belastungen an 367 Tagen pro 100 Versicherte zu Krankschreibungen, während dies bei den 25- bis 30-jährigen Frauen nur an 174 Tagen der Fall war. Zum Vergleich: Männer zwischen 55 und 60 litten nur an 213 Tagen pro 100 Versicherte an psychischen Erkrankungen.

Die größere Häufigkeit bei älteren Frauen ist auch auf ihre Tätigkeit zurückzuführen. Im Gesundheits- und Sozialwesen stellen Frauen mit 78 Prozent die große Mehrheit der Beschäftigten. In der Kranken- und Altenpflege gab es der Regierungsantwort zufolge 2016 nach dem Hochbau die meisten Krankschreibungen wegen psychischer Belastungen. Beschäftigte in der Gesundheits- und Krankenpflege waren aus diesem Grund durchschnittlich an 29,7 Tagen krankgeschrieben, in der Altenpflege an 29,4 Tagen.

In einer Umfrage des Bundesinstituts für Berufsbildung gaben 68 Prozent der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen und 71 Prozent im Erziehungswesen an, „verschiedene Arbeiten gleichzeitig betreuen zu müssen“, so die Regierungsantwort. Doppel- und Dreifachbelastungen führen oft zu psychischen Erkrankungen.

„Beschäftigte in Pflege und Erziehungsberufen – viele davon Frauen – leisten Arbeit, die enorm wichtig für unsere Gesellschaft ist. Es ist ein Armutszeugnis, dass unsere eigentlichen Leistungsträgerinnen krank werden und bis zum Burn-Out schuften müssen“, sagte die Linken-Politikerin Jutta Krellmann. Um sie zu entlasten, müssen zehntausende Stellen in Pflege, Kitas und Schulen neu geschaffen werden“, forderte sie.

Auch der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sprach von 100.000 fehlenden Kräften in der Kranken- und Altenpflege. Immerhin habe die Koalition das Problem erkannt und beginne gegenzusteuern. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte unlängst ein Pflegepersonalstärkungsgesetz vorlegt, mit dem die Zahl der Pflegekräfte zunächst um 13.000 gesteigert werden soll. Vorgesehen ist etwa, die Bezahlung deutlich anzuheben.

Zudem will Spahn jetzt per Verordnung Personaluntergrenzen für Pflegekräfte in vier intensivmedizinischen Abteilungen der Krankenhäuser vorgeben. Das entsprechende Verfahren dafür sei am Donnerstag eingeleitet worden, teilte Spahn in Berlin mit.

Damit reagiert der CDU-Politiker darauf, dass sich die Verbände von Krankenhäusern und Krankenkassen nicht selbst auf eine Regelung zur Personalstärke einigen konnten. Die Verhandlungen waren Ende Juli gescheitert. Die Personaluntergrenzen sollen ab dem 1. Januar 2019 für die Intensivmedizin, die Geriatrie, Kardiologie und Unfallchirurgie gelten. Sie beschreiben, wieviele Patienten auf eine Pflegekraft kommen dürfen.

„Der Pflegeberuf ist sowohl physisch als auch psychisch anstrengend. Um diesen Belastungen entgegentreten zu können, versuchen die Kliniken in vielfacher Hinsicht den Arbeitsalltag zu verbessern“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum. Die Krankenhäuser würden gern mehr Personal einstellen. „Doch hier haben wir das Problem, dass der Arbeitsmarkt nicht genug Fachkräfte bereithält“, sagte Baum. „Die Krankenhäuser tun sehr viel, brauchen aber mehr Unterstützung durch Bund und Länder.“

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