Die Saison beginnt Zeckenimpfung – wo und für wen sie sinnvoll ist

Düsseldorf · In diesem Jahr könnte wegen des milden Winters die Zeckenzeit besonders früh beginnen. FSME ist die gefährlichste Erkrankung, die durch die Parasiten übertragen werden kann. Eine Impfung hilft. Für wen sie Sinn macht und warum sie auch in NRW wichtig sein kann.

Nicht immer lässt sich eine Zecke so leicht auf der Haut erkennen.

Nicht immer lässt sich eine Zecke so leicht auf der Haut erkennen.

Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Man sieht sie nicht und fühlt sie meist erst, wenn es schon zu spät ist. Die Zecke hat dann längst gebissen. Oft erst Tage oder Wochen später zeigen sich erste Symptome. Denn Zecken übertragen mitunter gefährliche Infektionskrankheiten. Besonders gefürchtet: die Frühsommer-Meningoenzephalitis, auch FSME abgekürzt. Was man über die von Zecken verursachten Krankheiten wissen sollte und wie man sich am besten schützt.

Wann ist Zeckensaison?

Die Aktivität der Zecken ist temperaturabhängig. In der Regel werden die Tierchen ab einer Temperatur von 7 Grad aktiv. Experten geben die Saison daher grob von April bis Oktober an. In diesem Jahr könnte die Saison nach einem recht milden Winter aber durchaus schon früher beginnen. Und sie könnte mit Blick auf das vergangene Jahr auch länger andauern. Denn 2023 gab es im Oktober in manchen Regionen Deutschlands noch sommerliche Temperaturen. Für den Menschen gefährlich ist der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus). Die Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus), auch Winterzecke genannt, ist schon ab einer Temperatur von 4 Grad aktiv. Für den Menschen gilt sie aber als weniger gefährlich, weil sie eher Haus- und Wildtiere als Wirte bevorzugt.

Welche Krankheiten können Zecken übertragen?

Der Biss des kleinen Parasiten kann mehr als 50 Krankheiten auslösen. Am häufigsten und am gefürchtetsten sind in Deutschland aber vor allem zwei Krankheiten: zum einen die Borreliose, eine bundesweit vorkommende Bakterieninfektion. Die Zahl der Infektionen kletterte zwischen 2010 und 2018 von 240.000 auf 312.000 Infektionsfälle, wie aus einer Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Vereinigung hervorgeht.

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Weitaus gefürchteter ist die durch Viren ausgelöste Frühsommer-Meningoenzephalitis, die zwar weitaus weniger häufig vorkommt, in extremen Fällen jedoch tödlich enden kann und im Unterschied zur Borreliose nicht therapierbar ist. Im Jahr 2023 wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) insgesamt 475 FSME-Erkrankungen übermittelt (Stand: 29.1.2024). Damit ging der Wert im Vergleich zum Rekordjahr 2020 (748 gemeldete Fälle) deutlich zurück. Das Robert-Koch-Institut (RKI) listet inzwischen 180 Kreise als FSME-Risikogebiete allein innerhalb Deutschlands auf (Stand Januar 2024).

Welche Risikogebiete gibt es in Deutschland?

Das höchste Risiko, sich hierzulande über einen Zeckenbiss mit FSME zu infizieren, ist im süddeutschen Raum gegeben. Schon lange zählen Bayern, Baden-Württemberg und Südhessen zu den Risikogebieten. Auch das südöstliche Thüringen und Sachsen reihen sich ein. Doch breiten sich die FSME-übertragenen Zecken immer weiter aus. Schon seit einigen Jahren beobachten Experten wie Gerhard Dobler, Leiter des Deutschen Konsiliarlabors für FSME auch einzelne Fälle in NRW. Hier führt das RKI aktuell den Städtekreis Solingen in der Liste der Risikogebiete. Einzelne Risikogebiete befinden sich auch in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen sowie in Brandenburg.

Wie bemerkt man eine FSME?

Die gute Nachricht vorweg: In 70 bis 95 Prozent der Fälle bleibt die FSME-Infektion milde oder verursacht keine Symptome. Einige bemerken jedoch ein bis zwei Wochen nach dem Zeckenbiss grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen oder Schwindel. Meist klingen diese Beschwerden nach einigen Tagen wieder ab und die Krankheit ist ausgestanden. Bei einigen Erkrankten kommt es jedoch nach einer Woche erneut zu Beschwerden, die das zentrale Nervensystem betreffen. Es kann dann zu einer Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute oder des Rückenmarks kommen, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mitteilt. In Folge dessen können Lähmungserscheinungen an Armen und Beinen auftreten, ebenso Schläfrigkeit, Schluck- und Sprechstörungen oder Atemlähmung. Im schlimmsten Fall endet die FSME tödlich.

Wer sollte sich gegen FSME impfen lassen?

Das RKI empfiehlt Personen die Impfung, die in einem Risikogebiet wohnen. Für Personen innerhalb von NRW ist dieser Schutz also sinnvoll, wenn sie im Raum Solingen leben oder arbeiten. Auch wer in Risikogebiete reist oder sich aus beruflichen Gründen oft und lange in der Natur aufhält, sollte sich nach Empfehlung des RKI mit einer Impfung schützen. Da Kinder sich häufig im Freien aufhalten, sieht das RKI auch die Impfung von Kindern für sinnvoll an. Diese können ab dem Alter von einem Jahr geimpft werden. Bei der Impfung von Erwachsenen steht vor allem im Fokus, sie vor schweren Verläufen zu schützen.

Wie oft sollte man sich gegen FSME impfen lassen?

Um eine Grundimmunisierung zu erreichen, sind drei Impfungen erforderlich. Ein bis drei Monate nach der ersten Impfung kann die zweite Impfung erfolgen. Der dritte Piks erfolgt dann nach weiteren fünf bis zwölf Monaten. Nach drei Jahren wird eine erste Auffrischimpfung empfohlen. Weitere Auffrischungen erfolgen im Abstand von fünf Jahren. Ab einem Alter von 50 bis 60 Jahren empfiehlt das RKI die Auffrischimpfung im Abstand von drei Jahren.

Bei Reisen in FSME-Risikogebiete kann nach einem Schnellschema ein Impfschutz auch kurzfristig erreicht werden.

Welche Nebenwirkungen können nach einer FSME-Impfung auftreten?

Wie bei allen Impfungen kann es zu Schmerzen, Rötungen oder Schwellungen an der Einstichstelle kommen. In den ersten vier Tagen nach dem Piks können sich zudem Fieber, Kopf- Muskel- oder Gliederschmerzen zeigen. Auch Unwohlsein und Magen-Darm-Beschwerden können vorkommen. In seltenen Fällen wurden schwere Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen und in Einzelfällen Erkrankungen des Nervensystems beschrieben, die länger anhalten können.

Welches sind die Symptome einer Borreliose?

Eine Infektion mit über Zecken übertragene Borrelien kann verschiedene Organe befallen und unterschiedliche Symptome hervorrufen. Am häufigsten kommt es nach einigen Tagen bis Wochen zur sogenannten Wanderröte, die von Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen sowie Müdigkeit begleitet sein kann. In anderen Fällen ist das Nervensystem betroffen. Typisch dafür sind brennende, vor allem nächtlich auftretende Nervenschmerzen, Taubheitsgefühle, Seh- oder Hörstörungen. In seltenen Fällen sind Arme, Beine oder Rumpf gelähmt. Auch Herz- oder Gelenkentzündungen können in Folge einer Borreliose auftreten. Eine frühzeitig mit Antibiotika behandelte Borreliose heilt schnell und meist vollständig aus.

Was kann man sonst noch tun, um sich zu schützen?

Damit die Zecken erst gar nicht auf die Haut gelangen, bieten bei Ausflügen ins Grüne feste Schuhe, eine lange Hose und Shirts mit langem Ärmel einen gewissen Schutz. Von modischem Chic zwar weit entfernt, aber ebenfalls wirkungsvoll: Hosenbeine in die Socken stecken. Unterstützend sind auch spezielle Abwehr-Sprays oder -Cremes. Grundsätzlich sollte man nach Aufenthalten in Wald und Feld den Körper gründlich nach Zecken absuchen.

Wo beißen Zecken am liebsten?

Es gibt kaum Körperareale an denen nicht schon Zecken gesichtet wurden. Am liebsten beißt sich der kleine Blutsauger jedoch fest, wo die Haut weich, gut durchblutet und dünn ist. Untersuchungen zeigen, dass vor allem Bauch, Brust, Lendenbereich und Kniekehlen zu den beliebten Körperzonen zählen. Laut RKI lassen sich die Blutsauger auch gerne am Haaransatz nieder, in den Achseln, den Ellenbeugen oder gar am Genitalbereich. Bei Kindern klettern die Spinnentierchen häufiger bis auf den Kopf.

An welcher Stelle sind Zeckenbisse am gefährlichsten?

Ganz gleich, ob am Kopf, Hals oder der Kniekehle – ein Zeckenbiss ist an jeder Stelle gleich risikoreich. Entscheidender ist hingegen, wie schnell man den Blutsauger dort entdeckt. Denn wird die Zecke rechtzeitig entfernt, lässt sich zumindest das Risiko einer Borreliose reduzieren. Der Krankheitserreger, die Borrelien also, gelangen nämlich erst nach mehreren Stunden vom Mitteldarm der Zecke in die Blutbahn des Menschen. Bei der Übertragung von FSME gibt es keinen zeitlichen Vorteil. Das Virus wird mit dem Biss der Zecke über ihren Speichel gleich übertragen. Die Symptome aber treten erst nach rund einer Woche auf.

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