Tipps der Unabhängigen Patientenberatung Was tun, wenn der Arzt Zusatzleistungen anbietet?

Berlin (RPO). Fast jeder Patient kennt die Plakate im Wartezimmer: Knochendichtemessungen für ältere Frauen, Ultraschall zur Krebsvorsorge, PSA-Tests zur Früherkennung von Prostatakrebs. Diese "individuellen Gesundheitsleistungen" - nach der Abkürzung auch mit dem putzigen Namen "Igel" bezeichnet - werden nach einer neuen Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK immer häufiger angeboten und auch wahrgenommen.

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Foto: AP

Alle diese Leistungen verbindet, dass sie der Arzt womöglich als sinnvoll empfiehlt, die gesetzliche Krankenkasse sie aber nicht bezahlt. Patienten müssen selbst dafür in die Tasche greifen - und wissen oft nicht, wie sie mit solchen Angeboten umgehen sollen. Denn Ärzte verdienen an "Igel" recht gut, und manche Patienten und Experten sind deshalb misstrauisch.

"Das Thema 'Igel' ist eines der Topthemen bei uns", sagt Betram Lingnau von der Unabhängigen Patientenberatung (UPD). "Es herrscht vor allem Verunsicherung: Ist das eigentlich nötig? Warum zahlt die Krankenkasse nicht? Warum ist das so teuer? Und muss ich das eigentlich machen?"

Manches kann sinnvoll sein

Die Antwort der Patientenberater lautet: Man muss nicht. "Grundsätzlich sollte ein Patient wissen, dass eine 'Igel' immer eine Leistung ist, die nicht dringend oder unbedingt nötig ist", sagt Lingnau. Es bleibe immer genügend Zeit, sich darüber noch einmal genauer zu informieren und abzuwägen, ob die Leistung etwas bringt und das geforderte Geld wert ist.

"Es fällt natürlich vielen Leuten schwer zu sagen: Vielen Dank für die Information, ich überlege mir das noch einmal", sagt Lingnau. "Viele denken, wenn der Arzt das sagt, der wird das schon wissen. Wenn der findet, das ist wichtig, dann investiere ich halt die 20 oder 30 Euro." Vielen sei es auch zu lästig, noch einmal zu kommen und Wartezeit einzuplanen. "Manche befürchten wohl auch, der Arzt könnte beleidigt sein", sagt Lingnau. "Häufig machen sie dann aber die Erfahrung, dass das in Ordnung ist."

Die genaue Prüfung des Angebots ist aus Sicht der Patientenberater sinnvoll, weil es bei den oft teuren Zusatzleistungen nicht nur schwarz und weiß gebe. Zwar betont der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, in seinem Internet-Angebot, die Kasse zahle "Igel" nur deshalb nicht, weil sie eben nicht medizinisch notwendig seien.

Und auch Klaus Zok vom Wido betont, Patienten könnten sicher sein, dass sie nichts Notwendiges verpassen. "Alle medizinisch notwendigen Leistungen werden ja bezahlt", sagt der Wissenschaftler. Unter den 'Igel' seien "viele überflüssige Leistungen, die man nicht braucht". Im Zweifel sollte man bei der Kasse nachfragen, ob sie nicht doch im Leistungskatalog eingeschlossen sind, rät Zok.

Immer Kostenvoranschlag und Rechnung verlangen

Für Lingnau von der Patientenberatung ist die Frage aber vielschichtiger. "Es ist ein schwieriges Thema", sagt der Fachmann. "Es ist nicht alles schlecht oder unnötig. Es gilt zu differenzieren: Was ist für mich persönlich sinnvoll?"

Um das herauszufinden, helfe auch nicht einfaches Surfen im Internet, weil dort auch nicht alle Informationen frei von kommerziellen Interessen seien. Die Unabhängige Patientenberatung ist dagegen ein öffentlich finanziertes Angebot und gilt als zuverlässig. Auch die Verbraucherzentrale Bundesverband verweist Interessierte dorthin zur Beratung.

Hat man sich für eine individuelle Leistung entschieden, sollte man nach Rat der Fachleute auf einem Kostenvoranschlag bestehen. Ärzte müssen zudem vorab darauf hinweisen, dass sie für die "Igel" den höheren Gebührensatz für Privatpatienten nehmen dürfen. Auch über Risiken müssen sie aufklären. Nach der Behandlung müssen sie eine detaillierte Rechnung stellen.

In der Wido-Studie, für die 2.600 Patienten befragt wurden, gaben immerhin 14,5 Prozent der Teilnehmer an, sie hätten keine Rechnung bekommen. "Das geht natürlich gar nicht", sagt Lingnau.

(apd/jre)
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