Studie Warum Achterbahnfahren gegen Nierensteine hilft

Wer Ärger mit Nierensteinen hat, der sollte einmal über eine Fahrt auf der Achterbahn nachdenken. Das soll den Abgang der Steine fördern, sagen amerikanische Forscher und geben Tipps mit welcher Achterbahn Sie am besten fahren, und wo Sie sitzen sollten.

 Am wirkungsvollsten ist die Achterbahnfahrt gegen Nierensteine in den letzten Wagen.

Am wirkungsvollsten ist die Achterbahnfahrt gegen Nierensteine in den letzten Wagen.

Foto: Christian Bertrand/Shutterstock.com

Es waren Hinweise mehrerer Patienten. Sie alle berichteten davon, nach Achterbahnfahrten in einem Freizeitpark ihre Nierensteine los geworden zu sein. "Ich hatte sogar einen Patienten, der sagte, dass er nach mehrmaligen Fahrten drei verschiedene Nierensteine ausscheiden konnte", sagt der Nierenarzt David Wartinger von der Michigan State University. Das machte den Arzt neugierig.

70 Prozent Erfolgsquote

Gemeinsam mit seinem Kollegen Marc Mitchell baute er die Niere des Patienten aus Silikon nach und befüllte sie mit Urin und den drei Harnsteinen des Mannes — alle nicht größer als vier Millimeter. Mit dem 3D-Nierenmodell im Rucksack ging es dann auf die Achterbahn. Ganze 20 Runden drehte Wartinger auf dem ruckeligen Fahrgeschäft im Eisenbahnlook und lies sich samt Niere mal so richtig durchschütteln. Nach jeder Fahrt brachte er die Steine wieder in ihre Ausgangsposition. Das Ergebnis der ungewöhnlichen Forschungsbemühung: In rund 70 Prozent lösten sich die Steine und konnten den Harnleiter ohne weiteren Eingriff passieren. Die besten Ergebnisse erzielte Wartinger, wenn er in der letzten Reihe des Roller Coasters saß. Die Abführrate lag dann bei 64 Prozent. In der vordersten Reihe des Fahrgeschäfts hingegen gingen die Steine nur in 16 Prozent der Fälle ab.

Ähnliches leistet die konventionelle Therapie bei Nierensteinen

Auch wenn diese Studie eher erheiternd wirkt und einige methodische Schwächen aufzeigt, halten auch deutsche Urologen das für möglich. "Letztlich geht es darum, die Steine dazu zu bewegen, sich aus den Nischen zu lösen, in denen sie festsitzen", sagt Elmar W. Gerharz, Urologe aus Frankfurt und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Urologie. David Marghawal, Oberarzt an der Asklepios Klinik in Hamburg Altona bestätigt: "Viel zu Trinken und sich zu Bewegung ist ergänzt durch eine medikamentöse Therapie schon lange als Therapiekonzept etabliert."

Zu große Steine — Hier hat der Spaß ein Ende

An zu großen Steinen rüttelt jedoch auch das unkonventionelle Therapiekonzept nicht. Denn Stein ist nicht gleich Stein, sagt Marghawal. "Bis zu ungefähr fünf Millimeter Größe besteht die Chance, Harnleitersteine auszuscheiden. Unterstützend werden dann Muskulatur erschlaffende und abschwellende sowie schmerzstillende Medikamente gegeben." Bei größeren Steinen hingegen hilft nur ein operativer Eingriff. Auch die Autoren der amerikanischen Untersuchung halten fest, dass bei Steingrößen von über sechs Millimetern, die Wahrscheinlichkeit eines spontanen Abgangs nach einer Achterbahnfahrt gerade mal bei einem Prozent liege.

Nach weiteren Studienfahrten im Freizeitpark mit insgesamt 174 Nieren verschiedener Größe, Form und Gewichtsklassen kamen sie hingegen zu einer hundertprozentigen Erfolgsquote, wenn die Steine in der oberen Kammer der Niere saßen.

Mögliche negative Auswirkungen

Wer das selbst ausprobieren möchte, dem raten die amerikanischen Nierenärzte nach Testläufen auf verschiedenen Achterbahnen zu schnellen und kurvigen Attraktionen ohne Loopings. "Big Thunder Mountain war die einzige, die funktionierte", sagt Wartinger. Seien die Roller Coaster zu schnell und zu rabiat, könne sich das sogar negativ auswirken. Dann nämlich werden die schmerzbringenden Übeltäter mit hohem Druck in die Niere gepresst und lösen sich erst recht nicht.

Gute Wirksamkeit trauen die Wissenschaftler der nicht-invasiven Spaßmethode hingegen zu, wenn große Steine durch eine Stoßwellentherapie zerkleinert wurden. Der beste Weg nach der Behandlung potentielle Reste zu beseitigen, sei der, auf die Achterbahn zu gehen, sagt Wartinger.

Für den Hamburger Urologen Marghawald bleibt jedoch kein Zweifel: "Es ist toll, wenn es geklappt hat. Aber bis auf weiteres ist es kein etabliertes Therapiekonzept." Sein Kollege Gerharz ergänzt: "Um Steinverlust nach Trampolinsprüngen oder Bungee Jumping könnte sich die nächste Studie drehen."

(wat)
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