Onchozerkose Mit Tierarzneien gegen Flussblindheit

Mehr als 20 Millionen Menschen leiden unter Flussblindheit. Die meisten von ihnen sind bitterarm. Wenn das nicht so wäre, gäbe es vielleicht schon längst ein Heilmittel gegen die Krankheit.

Onchozerkose: Mittel aus der Tiermedizin soll bei Flussblindheit hellfen
Foto: dpa, sv htf

Ein Mittel aus der Tiermedizin soll vielen Menschen helfen, die unter Flussblindheit (Onchozerkose) leiden. Die Wurmkrankheit, die durch Kriebelmücken übertragen wird, betrifft weltweit mehr als 20 Millionen Menschen. Die Initiative Medikamente für Vernachlässigte Krankheiten (DNDI) und der Pharmakonzern Bayer unterzeichneten in Berlin einen Kooperationsvertrag über die Entwicklung eines Medikaments, das die Krankheit vollständig heilen soll.

Die Forscher wollen dafür ein Mittel weiterentwickeln, das der Konzern bereits für die Behandlung von Hunden und Katzen produziert. An der Forschung beteiligt ist auch die Universität Bonn. Die Flussblindheit kommt vor allem in Afrika vor. Die Betroffenen gehören zu den Ärmsten der Armen; viele von ihnen leben in schwer zugänglichen Gebieten.

Wer an Flussblindheit erkrankt, spürt zunächst einmal nichts. Erst in einem späteren Stadium wachsen Würmer im Körper heran, die bis zu 50 Zentimeter lang werden können. Sie streuen für die Dauer ihres Lebens - bis zu 17 Jahre - winzige Fadenwürmer, sogenannte Mikrofilarien, die unter anderem das Auge schädigen. So kann es zur Erblindung kommen. Das neue Medikament soll nicht nur die Fadenwürmer bekämpfen, sondern auch die erwachsenen Würmer abtöten.

"Sollte das wirklich funktionieren, dann wäre das fantastisch", sagte Ulrike Loos, Sprecherin der Christoffel Blindenmission. Denn die Wirkstoffe, die bislang eingesetzt würden, hätten zwar die Fadenwürmer erfolgreich zerstört, allerdings ohne den erwachsenen Wurm abzutöten. Deshalb mussten die Betroffenen jahrelang immer wieder behandelt werden.

"Wir gehen davon aus, dass die Entwicklung bis zu neun Jahre in Anspruch nehmen wird", sagte DNDI-Geschäftsführer Bernard Pécoul. Klinische Studien für das neue Mittel, das einfach in der Anwendung sein soll, werden voraussichtlich im Kongo stattfinden, wo in einigen Gebieten laut DNDI rund 40 Prozent der Bevölkerung unter Flussblindheit leiden. DNDI ist nach eigenen Angaben eine Non-Profit-Organisation, die sich auf Forschung an Medikamenten gegen die am meisten vernachlässigten Krankheiten konzentriert.

Die Kosten für die Entwicklung des Medikaments, das Bayer später in Zusammenarbeit mit den Regierungen der betroffenen Entwicklungsländer quasi zum Selbstkostenpreis abgeben will, tragen DNDI (30-40 Millionen Euro) und Bayer HealthCare (rund fünf Mio. Euro für die Forschung plus Kosten für die Zulassung).

Der Wirkstoff Emodepsid stammt ursprünglich vom japanischen Pharmaunternehmen Astellas. Bayer hatte die Rechte daran für die Tiermedizin erworben, darf sie nun aber nach eigenen Angaben auch für das neue Mittel verwenden.

(dpa)
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