Fraunhofer-Institut Neuer Titanschaum als Knochenersatz

Dresden (RP). Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben. Dasselbe gilt für seine Knochen: Werden sie stärker belastet, entwickelt sich dichteres Gewebe. Weniger stark beanspruchte Teile des Skeletts weisen eine geringere Knochendichte auf.

 Der neue Titan-Werkstoff zeigt schaumartige Strukturen und verbindet sich so besser mit den Knochen.

Der neue Titan-Werkstoff zeigt schaumartige Strukturen und verbindet sich so besser mit den Knochen.

Foto: Fraunhofer

Diesen Effekt wollen Mediziner künftig verstärkt nutzen, um Implantate dauerhafter und stabiler mit den Knochen des Patienten zu verbinden. Dafür muss der Knochenersatz indes so aufgebaut sein, dass er ein Einwachsen begünstigt — mit Poren und Kanälen, durch die Blutgefäße und Knochenzellen ungehindert hindurch wachsen können.

Das Material der Wahl bei Implantaten ist bislang Titan: Es ist langlebig, stabil, belastbar und wird vom Körper gut vertragen. Eher problematisch ist dagegen seine Verarbeitung: So reagiert Titan unter hohen Temperaturen mit Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff. Es wird dadurch spröde und brüchig. Das schränkt die Möglichkeiten der Produktion stark ein. Komplexe Innenstrukturen lassen sich zudem so nicht herstellen.

Implantate für stark beanspruchte Knochen sind darum hauptsächlich massive Titankörper — die indes wesentlich steifer sind als das menschliche Skelett. "Der angrenzende Knochen wird kaum noch belastet und bildet sich im schlimmsten Fall sogar zurück. Das Implantat lockert sich und muss ausgetauscht werden", erklärt Peter Quadbeck vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Dresden. Er koordiniert das Projekt "TiFoam", bei dem nun ein neuer Titan-Werkstoff für eine neue Generation Implantate entstand: Mit seiner schaumartigen Struktur ähnelt er dem Aufbau des Knochens.

Der neue Werkstoff entsteht, wenn Schäume aus Polyurethan mit einer Lösung aus Bindemittel und feinem Titanpulver imprägniert werden. Das Pulver lagert sich an den Zellstrukturen der Schäume an. Das Polyurethan und der Binder werden dann verdampft, zurück bleibt der Titanschaum. Seine mechanischen Eigenschaften kommen denen des menschlichen Knochens sehr nahe. Das betrifft vor allem die Balance zwischen hoher Festigkeit und geringer Steifigkeit. Bei Belastung werden die Reize weitergeleitet und fördern die Neubildung von Knochenzellen — und dadurch das Einwachsen des Implantats. Dieses kann und soll deshalb sofort nach dem Einsetzen belastet werden.

Im Projekt "TiFoam" habe man sich darauf konzentriert, die Tauglichkeit des Titanschaums beim Ersatz defekter Wirbelkörper nachzuweisen. Er eignet sich aber ebenso zur "Reparatur" anderer stark belasteter Knochen.

Neben den Werkstoffwissenschaftlern der Fraunhofer-Institute, dem Institut für Keramische Technologien und Systeme in Dresden, waren an der Entwicklung des Titan-Schaums Mediziner der Uniklinik der Technischen Universität Dresden sowie mehrere Unternehmen beteiligt.

(RP)
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