Schmerzhaft, aber oftmals harmlos Mit Hexenschuss richtig umgehen

Berlin · Eine ungeschickte Bewegung, ein kurzer Ruck - und plötzlich geht gar nichts mehr. Ein stechender Schmerz jagt durch den Rücken und zwingt in gebückte Haltung. Laut "Aktion Gesunder Rücken" erleiden 80 Prozent der Menschen mindestens einmal im Leben einen Hexenschuss.

So vermeiden Sie Rückenprobleme
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Bei einem Hexenschuss entsteht eine akute Muskelzerrung im Kreuz. Das führt zu stärksten Schmerzen bei jeder kleinen Bewegung und dazu, dass sich die Rückenmuskulatur krampfartig zusammenzieht.

Doch Panik muss nicht sein. Die Schmerzen sind in vielen Fällen zwar sehr quälend, aber harmlos, sagt Professor Fritz Uwe Niethard, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädie-Chirurgie. In 90 Prozent der Fälle heilt ein Hexenschuss innerhalb von vier Wochen wieder. Aktive Mithilfe des Geplagten ist aber dringend erforderlich.

Nerv muss nicht eingeklemmt sein

Betroffen sind vor allem Menschen zwischen dem dritten und fünften Lebensjahrzehnt. Bei über 60-Jährigen kommt der Hexenschuss kaum noch vor, weil die Wirbelsäule steifer und unbeweglicher geworden ist. Als "Warnschuss" will Niethard die akute Lumbalgie , so der exakte medizinische Begriff, aber nicht verstanden wissen.
Der Hexenschuss ist kein Symptom eines kaputten Rückens. Viel häufiger "schießt die Hexe", wenn man sich unvorsichtig bewegt oder wenn die Rückenmuskulatur ungewöhnlicher Kälte ausgesetzt und gleichzeitig überbeansprucht wird. Keineswegs ist gleich ein Nerv eingeklemmt.

"Über 90 Prozent der Rückenschmerzen sind muskelbedingt", sagt der Hamburger Orthopäde Martin Buchholz. Bei vielen Menschen ist die Rückenmuskulatur durch Bewegungsmangel und eine überwiegend sitzende Lebensweise schon länger geschwächt und verkürzt. Da muss es nicht unbedingt eine ungewohnte Belastung sein, selbst ganz normale Bewegungen wie das morgendliche Aufstehen können die Pein dann auslösen.

Ein Arztbesuch ist bei einem Hexenschuss nur erforderlich, wenn die Schmerzen unerträglich sind. "Man sollte zwei bis drei Tage abwarten und Schmerztabletten nehmen", sagt Niethard, der als Orthopäde an der Schwertbadklinik Aachen arbeitet. "Wenn es dann nicht besser wird, ist ein Arztbesuch ratsam." Wichtigstes Ziel in der Hexenschuss-Therapie ist, dass der Betroffene schnell seine Schmerzen verliert und sich nicht weiter verkrampft. Der Arzt kann Schmerzmittel, örtliche Betäubungsmittel sowie muskelentspannende und entzündungshemmende Mittel direkt in die Rückenmuskulatur spritzen.

Achtung bei Taubheitsgefühlen im Bein

Ganz anders stellt sich die Situation dar, wenn der Schmerz bis ins Bein ausstrahlt sowie Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen hinzukommen. Auch Funktionsausfälle von Blase und Mastdarm sind ein Alarmzeichen. Dann besteht die Gefahr, dass der Ischiasnerv durch eine verrutschte Bandscheibe gereizt oder eingeklemmt ist. In den allermeisten Fällen ist nur ein Bein betroffen. Allerdings kann der Hexenschuss auch mit Pseudo-Schmerzen einhergehen, die den Leiden beim Bandscheibenvorfall sehr ähneln. Dann sind auch die Gelenke zwischen den Wirbeln betroffen. Im Unterschied zu den Ischiasschmerzen sind sie eher bohrend und nicht stechend, sagt der Professor. Außerdem fehlen die Taubheitsgefühle und die Muskelschwäche im Bein.

Schmerzen können chronisch werden

Bei bis zu sieben Prozent der vom Hexenschuss Betroffenen werden die Schmerzen Experten zufolge chronisch. Das passiert vor allem bei jenen, die sich aus Angst vor Rückenschmerzen wenig bewegen. Durch diese Schonhaltung verspannen sich die Muskeln dauerhaft. Bei anderen entwickelt sich ein Schmerzgedächtnis durch die ständigen Schmerzsignale an die Nerven. Sie werden dadurch so empfindlich, dass später kleinste Impulse ausreichen, um die Schmerzen auszulösen. Auch psychischer Stress kann Rückenschmerzen chronisch werden lassen, erklärt Orthopäde Buchholz.

Was ist zu tun?

Der Arzt kann die Diagnose meist anhand der Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung stellen. Bei Verdacht auf schwerere Erkrankungen sind Röntgenaufnahmen, eine Magnetresonanztomografie sowie Untersuchungen des Blutes möglich. Die Behandlung des Hexenschusses basiert auf aktiver Mithilfe des Patienten. Bei akuten Schmerzen helfen eine Wärmflasche oder ein Heizkissen, um die Muskeln zu entspannen.

Wichtig ist es, sich sobald wie möglich wieder zu bewegen. Regelmäßiges Spazierengehen hilft, den Körper besser zu durchbluten und den Bandscheiben mehr Nährstoffe zuzuführen. "Wenn möglich, sind mehrere kurze Spaziergänge am Tag ideal; auch leichtes Fahrrad-Ergometer-Training kann schnell zu einer Besserung beitragen", rät der Wiesbadener Sportmediziner Marco Gassen. In der akuten Phase ist Physiotherapie empfehlenswert. Anschließend sollte sich kontinuierliches Rückentraining anschließen. Auf diese Weise lässt sich einem Hexenschuss gut vorbeugen.

(APD)
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