Stirnmuskel-Durchtrennung führt oft zu Schmerzfreiheit Plastische Chirurgen helfen bei Migräne-Attacken

Düsseldorf (rpo). Migräne ist eine weit verbreitete Krankheit mit zum Teil schweren Schmerzattacken, die bis zum Erbrechen und zur völligen Isolierung in dunklen Räumen führen kann. Die medikamentöse Einstellung ist oft schwierig und führt in der Regel zu keiner dauernden Beschwerdefreiheit. Nun gibt es Hoffnung für viele Migränepatienten.

Der in der Plastischen Chirurgie weit verbreitete Einsatz des NervengiftesBotox zur Behandlung von kosmetisch störenden Hautfalten im Gesicht hat bei vielen Migränepatienten zu der zufälligen Beobachtung geführt, dass die Migräneattacken schwächer und weniger wurden oder sogar ganz verschwanden.

Insbesondere die Behandlung der so genannten Zornesfalten an der Stirn führte zu einer deutlichen Verbesserung des oft beklagten Vernichtungsschmerzes. Da die Wirkdauer des Botolinum-Toxin A bei diesen Beschwerden jedoch nur zwischen drei und sechs Monaten liegt, ist ein regelmäßiges Nachspritzen erforderlich.

Parallel zu diesen Entdeckungen haben Plastische Chirurgen beobachtet, dass die operative Durchtrennung oder Entfernung des "Zornesfalten-Muskels" ebenfalls zu einer Verbesserung oder Beschwerdefreiheit bei einem Teil von Migränepatienten geführt hat.

Daraufhin wurden wissenschaftliche Studien in plastisch chirurgischen Zentren angelegt, die untersuchen sollten, welche Patienten von der Therapie mit Botolinum-Toxin A profitieren und ob man bei einem Therapieerfolg durch eine Durchtrennung des Zornesfalten-Muskels ein dauerhaftes Resultat erzielen kann.

Die ersten Ergebnisse sind überraschend. Nahezu 80 Prozent der Patienten, die nach einer Botolinum-Toxin A-Injektion in die Zornesfalten beschwerdefrei waren oder zumindest einen 50-prozentigen Rückgang ihrer Schmerzattacken feststellten, konnten durch eine Muskel-durchtrennung ihre Migräne dauerhaft behandeln lassen.

Dabei ist das operative Verfahren relativ unkompliziert. Über einen Schnitt am Oberlid, der auch für die Korrektur von Schlupf-lidern bei spezialisierten Plastischen Chirurgen Anwendung findet, wird in örtlicher Betäu-bung der Corrugator-Muskel aufgesucht und durchtrennt. Hierbei wird ein feiner Hautnerv, der durch den Muskel zieht, freipräpariert und dadurch vom Muskelzug entlastet. Die Narben liegen später nahezu unsichtbar in der Lidfalte.

Vermutlich ist hier auch die Ursache der Migräne zu finden: Der ständig angespannte Muskel führt zu Reizungen des Nerves und zu einer verminderten Durchströmung der umliegenden kleinen Blutgefäße. Man spricht von einem Triggerpunkt, der einen Migräneanfall auslösen kann.

Es hat sich gezeigt, dass insbesondere Patienten mit weniger schweren Verläufen, das heißt vier bis 14 Anfälle pro Monat, von der Operation profitieren, wohingegen Patienten mit mehr als 15 Schmerzattacken weniger häufig beschwerdefrei wurden. Neben dem Rückgang der Migränebeschwerden können durch dieses Verfahren nebenbei auch noch kosmetisch störende Schlupflider mitbehandelt und Zornesfalten dauerhaft beseitigt werden.

Wichtig für die Entscheidung zur Operation ist eine gründliche vorherige Untersuchung beim Neurologen. Ob die Krankenkasse die Operationskosten von rund 1.500 Euro übernimmt, muss im Einzelfall abgeklärt werden. In weiteren Studien wird sich die Dauerhaftigkeit des Operationsergebnisses noch beweisen müssen. Die ersten Ergebnisse der Plastischen Chirurgen sind jedoch ermutigend.

(chk)
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