Wie gefährlich ist Lupus? Lady Gagas seltene Krankheit

Düsseldorf (RP). Die 24-jährige US-amerikanische Popsängerin und Songwriterin ist positiv auf die gefürchtete Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes getestet worden. Noch sei die Krankheit nicht ausgebrochen, sagt sie. Lupus kann tödlich verlaufen, die meisten Patienten haben aber gute Prognosen.

Lady Gaga so brav in New York
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Wenn der für seinen Zynismus verschrieene Fernseh-Arzt Dr. House bei seinen kuriosen Fällen nicht weiter weiß, wirft er gern ein Zauberwort in die Runde, einen fetten Happen, der das Team scharf machen soll. "Untersuchen Sie ihn auf Lupus-Antikörper", ruft er etwa dem stets verdatterten Dr. Foreman zu, bevor House sich seine Schmerztabletten einwirft (die er witzigerweise in einem Medizin- Lehrbuch über Lupus versteckt hat).

Natürlich glaubt der Fuchs House nie im Leben, dass ein Patient wirklich an der raren Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes (LE) leiden könnte. Aber wichtig sei es, so lehrt er uns mit jeder Episode, den räudigen Wolf als Differenzialdiagnose im Köpfchen zu haben. Nun, House könnte in diesen Momenten des Lavierens auch Wegener-Granulomatose oder Toxoplasmose rufen — Leiden, die ebenfalls wie Kolibris den Zoo der Medizin bevölkern.

Die ernste Krankheit hinter dem Running Gag hat nun im realen Leben die US-amerikanische Sängerin Lady Gaga eingeholt. Die 24-jährige Sängerin wurde nach eigener Mitteilung positiv auf Lupus getestet. "Im Moment habe ich noch nichts. Aber ich muss sehr gut auf mich aufpassen", erzählte sie im US-Fernsehen dem Talkmaster Larry King.

Fans erinnern sich, dass die Künstlerin in der jüngsten Vergangenheit mehrfach zusammengebrochen ist. Als müsse sie die Krankheit wie ein Phantom verscheuchen, sagt Stefani Joanne Angelina Germanotta (so ihr bürgerlicher Name): "Lupus liegt gewiss in meiner Familie, es ist genetisch. Die Wahrheit ist aber, dass ich keine Anzeichen, keine Symptome von Lupus habe", so Lady Gaga. Grund zur Vorsicht hat sie: Die seltene Autoimmunerkrankung kostete ihre Tante Joanne kürzlich das Leben, meldet der "Daily Star".

Wer an Lupus erkrankt, erlebt den Kampf seines Körpers mit sich selbst, wie es bei Autoimmunerkrankungen immer der Fall ist. Wer den Grund für diese Autoaggressionen, die der Körper gegen seine eigene Zellen mit den Waffen der Immunabwehr führt, herausfinden wird, der könnte mit Fug und Recht auf den Medizinnobelpreis spekulieren. Autoimmunerkrankungen verhalten sich wie intelligente Marschflugkörper, die sich selbst umprogrammieren und die eigenen Truppen bombardieren.

Der Name der Krankheit Lupus erythematodes kommt aus dem Lateinischen und Griechischen und bedeutet Wolfsröte; die flügelförmige Rötung der Wangen nennt man Schmetterlingserythem. Die Narben, die Lupus-Patienten von dieser Rötung im Gesicht behalten, erinnern hingegen an Wolfsbisse. Heidi Klums Ehemann Seal ist ebenfalls Lupus-Patient, seine Narben sind zu seinem Markenzeichen geworden. Erfunden hat diesen Namen im Jahr 1872 übrigens der ungarische Hautarzt Moritz Kaposi, der traurige Berühmtheit durch die Benennung des Kaposi-Sarkoms erlangte, eines Krebs-Typs, den viele Aids-Patienten im Aids-Vollbild vor allem auf der Haut entwickeln.

"Äußerliche Anzeichen des Lupus sind Hautveränderungen und Gelenkschmerzen", sagt Professor Matthias Schneider, Rheumatologe an der Universitätsklinik Düsseldorf und ausgewiesener Lupus-Experte. Schneider berichtet, dass Leistungsschwäche und Müdigkeit ebenfalls oben auf dem Symptomkatalog stehen; auch wer sich von Sonnenlicht geradezu gequält fühlt, sollte an Lupus denken.

Lady Gaga muss aber nicht zwangsläufig erkranken. Es gibt in der Fachliteratur genügend Fälle von symptomfreien Verläufen. Im allerschlimmsten Fall kann die Krankheit aber tödlich enden, freilich wurden die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren immer erfolgreicher.

Die erhöhte Wachsamkeit von Lady Gaga in der Zukunft scheint angeraten, denn sie steht mehrfach im Fadenkreuz der Krankheit: Über die positive Familienanamnese hinaus ist sie eine Frau im gebärfähigen Alter (die allermeisten Lupus- Patienten sind weiblich und jünger).

Sie wird nun darauf achten, welche Erscheinungsform das Chamäleon Lupus annimmt. Es kann sich nur mit ihrer Haut beschäftigen, dann spricht man vom diskoiden LE; von einem systemischen Lupus erythematodes (SLE) ist die Rede, wenn vier von elf sogenannten ACR-Kriterien (siehe Infokasten) zutreffen. Der Zubiss der Krankheit kann Gefäße treffen, das Gehirn, den Magen-Darm-Trakt, das Rippenfell, den Herzbeutel, die Lungen, die Bauchspeicheldrüse. In besonders heftigen Fällen neigt SLE zu schubartigem Fortschritt, der zum Multiorganbefall führen kann. Nur ein Teil der auf die Haut beschränkten Fälle schlägt aber in einen systemischen Lupus um.

Des Wolfes Tücke zeigt sich darin, dass er regelmäßig erst spät erkannt wird. Meist wird ein Rheumatologe die Diagnose stellen, obwohl auch er keine ganz sicheren Laborparameter zur Verfügung hat; es ist vielmehr die Addition von Teilaspekten, die zum unabweisbaren Befund führt. Behandelt wird Lupus mit Kortison, Immunsuppressiva (Medikamenten, die ähnlich wie bei einer Organtransplantation die Immunabwehr unterdrücken) und Zytostatika (Tabletten wie Methotrexat, die Zellwachstum oder -teilung hemmen). Da der LE sich oft wie Rheuma in Gelenken austobt, wird es ohne Schmerzmittel nicht gehen. Im Stufenschema der Behandlung sind auch Antimalariamittel vorgesehen.

Durch diese Therapiestrategien ist der Lupus über die Jahre domestiziert worden. Schneider kann, auch wenn die Diagnose zuerst fürchterlich ist, Entwarnung geben: "97 Prozent der Erkrankten leben nach fünf Jahren noch, 90 Prozent nach zehn Jahren, 80 Prozent nach 20 Jahren." In Deutschland gibt es derzeit etwa 50000 Lupus-Patienten, die Dunkelziffer dürfte allerdings höher liegen. Gelegentlich wird Lupus auch durch Medikamente ausgelöst. Darauf wird in Beipackzetteln stets hingewiesen; setzt man die Tabletten ab, klingt der sogenannte medikamenteninduzierte SLE oft wieder ab. Was kann Lady Gaga tun, um sich vor Lupus zu wappnen? Vor allem für Sonnenschutz sorgen. Für eine Studiomusikerin kein Problem.

(RP)
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