Vor allem bei Standardarzneien Erneut Lieferengpässe bei Krebsmedikamenten

Berlin/Düsseldorf · Bereits seit 2022 sind vor allem Standardarzneien in der Krebstherapie nicht erhältlich. Einfach auf Alternativen umzusteigen, ist dann aber keine Option. Was die Deutsche Krebsgesellschaft fordert.

Das Brustkrebsmittel Tamoxifen ist eines der Medikamente, die Anfang 2023 nicht lieferbar sind.

Das Brustkrebsmittel Tamoxifen ist eines der Medikamente, die Anfang 2023 nicht lieferbar sind.

Foto: dpa/Hannibal Hanschke

Ob Fiebersäfte oder bestimmte Antibiotika: Bei mehreren Medikamenten gibt es seit Längerem in Deutschland Lieferengpässe. Auch Arzneimittel in der Krebstherapie sind seit 2022 nicht mehr so leicht erhältlich. Das teilte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) am 9. Januar mit. „Die Arzneimittelengpässe bestehen bereits seit Jahren, nehmen derzeit aber sicher deutlich zu“, sagte Hermann Einsele, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO.

Die Ursachen seien vielfältig. Es gebe Probleme bei der Herstellung und durch die Abhängigkeit von Lieferketten im Ausland auch einen erhöhten Bedarf. In einzelnen Fällen bestehe das Problem, dass Medikamente aus wirtschaftlichen Gründen vom Markt genommen würden.

Krebsmedikamente in verschiedenen Bereichen betroffen

Betroffen sind demnach vor allem Medikamente, die seit Jahren in der Krebstherapie eingesetzt werden. Laut DGHO sind das zum Beispiel das Brustkrebs-Mittel Tamoxifen und Nab-Paclitaxel, das ebenfalls bei Brustkrebs sowie Bauchspeicheldrüsenkrebs und Lungenkrebs zur Anwendung kommt. Auch unterstützende Arzneimittel für Krebspatienten wie Antibiotika und Harnsäuresenker seien von Lieferengpässen betroffen.

Alternative Medikamente seien keine Option

Engpässe gebe es vor allem bei „Standardmedikamenten“, sagte Matthias Beckmann von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Die Alternativen seien nicht immer gleichwertig. Es könne etwa stärkere Nebenwirkungen geben. „Die Frauen brechen einfach die Therapie ab, wenn die Nebenwirkungen zu hoch sind.“ Zudem wirke sich die Situation auch auf die Beziehung zwischen Ärzten und Patienten aus. „Unser Vertrauensverhältnis mit den Patienten ist nachhaltig gestört durch die Lieferengpässe.“

Im vergangenen Jahr hätten von etwa 200 in Deutschland zugelassenen Krebsmedikamenten etwa 10 „kritisch gefehlt“, sagte Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO. Die Sorge sei, dass ein nicht kompensierter Lieferengpass zu einem Versorgungsengpass werde. „Und eben dann auch, das ist für uns der Horror, dass es in der Tat zu einer Verschlechterung der Prognose kommt.“

Präventives Frühwarnsystem gefordert

Bereits in den letzten Jahren sei ein Register für Lieferengpässe aufgebaut worden. Wörmann forderte, langfristig mehr Produktionsstätten in Europa aufzubauen. Nach Ansicht von Thomas Seufferlein, Mitglied im Vorstand der Deutschen Krebsgesellschaft, muss vor allem das Monitoring ausgebaut werden. „Wir brauchen wirklich ein präventives Frühwarnsystem und entsprechende Möglichkeiten, um ein gegebenenfalls entstehendes Versorgungsdefizit rechtzeitig abzuwenden.“

(lst/dpa)
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