Junge Frauen mit Gendefekt betroffen Durch Mammographie kann Brustkrebsrisiko steigen

Düsseldorf/Amsterdam · Genau den Brustkrebs, den sie verhindern soll, kann eine Mammographie bei jungen Frauen entstehen lassen, wenn sie genetisch vorbelastet sind. Ihr Risiko, ein Mammakarzinom zu entwickeln steigt bei ihnen durch eine einzige Röntgenaufnahme um über die Hälfte an.

Es ist ein Dilemma: Ausgerechnet junge Frauen, die Trägerinnen der Brustkrebsgene BRCA 1 oder 2 sind, wird nahe gelegt, sich sehr engmaschig auf Brustkrebs untersuchen zu lassen. Tun sie das aber per Mammographie, setzt das ihr Risiko den Krebs zu bekommen, den sie verhindern wollen um über 50 Prozent herauf. Ähnlich nachteilig wirken sich bei diesen Betroffenen auch Röntgenaufnahmen der Schulter und des Brustbereichs aus, Knochen-Scans oder Computertomographien (CT). Das fanden Wissenschaftler um Epidemiologin Dr. Anouk Pijpe vom Krebsforschungsinstitut in Amsterdam heraus.

Ein Gendefekt lässt das Risiko hochschnellen

Bestimmte Veränderungen im Erbgut, den Genen, können dazu führen, dass Frauen ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs sowie Eierstockkrebs haben. Ermittelt wird ein solches Risiko bei familiärer Vorbelastung mittels eines Gentests. Unter allen Frauen mit Brustkrebs vermuten Experten wie Prof. Dr. Alfons Meindl zwischen drei und fünf Prozent, die auf die BRCA-Genvariante zurückgehen. Meindl ist Sprecher des Zentrums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs am Klinikum rechts der Isar in München.

Schon länger wird der Zusammenhang zwischen ionisierenden Strahlen und dem Auslösen von Krebs bei dieser speziellen Gruppe von Frauen vermutet. Durch eine Überblicksstudie dreier Studien aus den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien, konnten die Amsterdamer Forscher das belegen. Ausgewertet wurden die Daten von fast 2000 jungen Frauen.

Bekommt eine Frau, die zwischen zwanzig und dreißig Jahren alt ist und von einer der beiden Genmutationen betroffen ist, eine Mammographie-Bestrahlung von 4 mGy, steigt ihr Risiko Brustkrebs zu bekommen um 55 Prozent. Bei Frauen, die jünger sind als 20, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit Brustkrebs zu bekommen um 62 Prozent. Im Alter zwischen 20 und 29 liegt sie bei entsprechender Vorbelastung im Schnitt bei 43 Prozent. Nach dem 30. Lebensjahr war kein erhöhtes Risiko mehr nachweisbar.

Die Dosis ist entscheidend

Außerdem zeigte sich, dass der Zusammenhang zwischen der Röntgenuntersuchung der Brust und dem Brustkrebsrisiko dosisabhängig ist. Je mehr Strahlung die Betroffenen vor dem 30. Lebensjahr ausgesetzt gewesen waren, desto höher das Risiko. Bei ihnen funktioniert durch die Genmutation die Reparatur der DNA nach ionisierender Strahlung nicht richtig. Dadurch wird bei den betroffenen Frauen die Strahleneinwirkung nicht kompensiert.

Die bestehenden Diagnostik- und Therapieleitlinien sehen bei Frauen mit BRCA-Genmutationen vor, ab dem 25. Lebensjahr jährlich ein CT zu machen, zudem halbjährlich ein Ultraschall und ab dem 30. Lebensjahr zusätzlich eine jährliche Mammographie. "Aktuell gibt es Überlegungen, bei Patientinnen mit der BRCA1-Variante auf Monographien zu verzichten", erklärt Prof. Dr. Alfons Meindl vom Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs. Als Onkologe setzt er sich seit vielen Jahren mit den unterschiedlichen Studien zum Nutzen von Mammographien auseinander und hofft auch im Interesse der von Brustkrebs betroffenen Frauen, dass die Ultraschalltechnik sich absehbar so weit fortentwickele, so dass man zukünftig vielleicht ganz auf eine Mammographie verzichten könne. "Unsere eigenen internen Daten belegen, dass man bei den meisten genetisch belsteten Frauen die Mammographie schon jetzt weglassen kann", sagt er.

Untersuchungsmöglichkeiten für junge Frauen

Frauen, die jünger als 30 Jahre sind, sollten darum bei erblicher Vorbelastung besser auf andere Vorsorgeuntersuchungen als die Mammographie zurückgreifen. Die Deutsche Krebsgesellschaft favorisiert in diesem Fall Methoden, die ohne ionisierende Strahlung auskommen. Eine solche Untersuchungsmethode ist zum Beispiel die auch vom Münchener Onkologen empfohlene Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) oder Ultraschall (Sonographie).

Junge Frauen sollten zudem mit regelmäßigen Tastuntersuchungen ihre Brust auf Auffälligkeiten hin abtasten. Experten empfehlen Frauen ab 30 Jahren, das einmal im Monat selbst zu tun, aber auch das jährliche Vorsorgeprogramm beim Gynäkologen in Anspruch nehmen. Mit der Tastuntersuchung lassen sich erste Anzeichen, wie kleine Knoten, Veränderungen der Brustwarze oder Verhärtungen selbst ertasten. In den meisten Fällen spüren Frauen einen Brustkrebs selbst auf. "Das hat vor allem auch bei den jüngeren Frauen eine nicht geringe Stellung", betont Prof. Alfons Meindl. Seiner persönlichen Erfahrung nach werden Tumore durch das Abtasten noch eher entdeckt als durch eine Mammographie. Aus Sicht der Deutschen Krebshilfe ist die Tastuntersuchung der Brust für Frauen ab 30 Jahren als alleinige Maßnahme zur Brustkrebs-Früherkennung allerdings nicht ausreichend. Viele Frauen erspüren innere Verhärtungen oder Knoten erst, wenn der Krebs schon fortgeschritten ist.

Empfehlung für Mammographie ab 50

Unberührt bleibt von diesen Studienergebnissen die Empfehlung des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Krebsinformationsdienstes, zwischen dem 50. und 69. Lebensjahr am kostenlosen Vorsorgeprogramm teilzunehmen, das auch alle zwei Jahre eine Brustmammographie umfasst. Die Kassen laden dann schriftlich zu dieser Vorsorgeuntersuchung ein. Statistisch gesehen ist bei Frauen jenseits der 69 das Risiko am höchsten, einen Brustkrebs zu entwickeln. Rund 53 Prozent der Zielgruppe ab 50 nehmen das Angebot wahr und lassen eine Mammographie machen. Etwa 93 Prozent der Frauen, die bereits an einem Screening teilgenommen haben, kommen nach Aussagen der Kassenärztlichen Vereinigung auch zum Folgescreening nach zwei Jahren.

(wat)
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