Alltagsleiden Kalte Füße — nur unangenehm oder gefährlich?

Krefeld · Ewig kalte Füße – das Leiden vieler Frauen ist meist harmlos. Doch manchmal können ernste Erkrankungen wie Durchblutungsstörungen oder Nervenschädigungen hinter diesem Phänomen stecken.

 Mit kalten Füßen fängt man sich leichter eine Erkältung ein.

Mit kalten Füßen fängt man sich leichter eine Erkältung ein.

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Ewig kalte Füße — das Leiden vieler Frauen ist meist harmlos. Doch manchmal können ernste Erkrankungen wie Durchblutungsstörungen oder Nervenschädigungen hinter diesem Phänomen stecken.

Sie sind die Horrorverstellung eines jeden Mannes und quälen rund 80 Prozent der Frauen in der kalten Jahreszeit: eiskalte Füße. Während im Körperinnern leicht schwankend das Lebensfeuer auf 37 Grad Celsius brennt, kommen normal durchwärmte Füße auf gerade einmal 28 Grad.

Doch das, was sich unter der Bettdecke allabendlich zwischen die Schenkel des Liebsten schiebt, ist deutlich kälter. Wie kann das sein?

Die Menschheitsgeschichte macht es möglich: Männer besitzen mehr Muskelmasse als Frauen. Denn während in grauer Vorzeit die Frauen am wärmenden Feuer saßen und den Nachwuchs aufzogen, waren die Männer auf der Jagd unterwegs. Dafür spendierte die Natur ihnen einen Muskelanteil von 40 Prozent.

Dieser dient dem Körper auch heute noch als Antrieb sowie auch als Heizung. Denn wenn die Muskulatur arbeitet, verwendet der Organismus nur ein Drittel der Energie für die Bewegung. Der Rest wird als Wärme nach außen abgegeben. In dieser Angelegenheit sind Männer dem schwachen Geschlecht deutlich überlegen. Denn Frauen bringen nur halb so viel Muskelmasse mit. Ihre Heizung steht also permanent auf lauwarm.

Erschwerend kommt eine weitere Benachteiligung dazu: Frauen haben bei gleicher Größe eine größere Körperoberfläche. Sie verlieren dadurch mehr Wärme nach außen und kühlen so schneller aus. Wie sehr, das fand man in den 90er Jahren im Experiment heraus. "Man stellte Männer wie auch Frauen auf kalte Metallplatten. Durch ihr kleineres Volumen kühlten die Frauenfüße mehr aus", erklärt Professor Knut Kröger, Chefarzt der Klinik für Gefäßmedizin an den Helios Kliniken Krefeld.

Neben dem kleineren Volumen und der größeren Körperoberfläche gibt es dafür einen weiteren Grund: Der weibliche Körper schaltet schneller auf sein Notaggregat um. Die Kerntemperatur im Körper bleibt dadurch konstant auf 37 Grad. So ist die Arbeit aller lebenswichtigen Organe und auch möglicher Nachwuchs gesichert.

Das allerdings zum Nachteil von Händen und vor allem Füßen. Dort ziehen sich die Blutgefäße zusammen. In Folge dessen kommt vor allem in den Füßen kaum mehr Blut an. Die Temperatur sinkt dort dem Nullpunkt entgegen auf bis zu acht Grad Celsius. Leidlich bekannt ist das vielen abendlich in Schenkelhöhe schockgefrosteten Männern.

"Frostige Füße treten am häufigsten aus diesen Gründen auf und sind harmlos", beruhigt Knut Kröger. Die beste Medizin dagegen sind dicke Socken oder ein wärmendes Fußbad. Auch Bewegung regt die Durchblutung an und führt zum Erwärmen. Helfen kann das zudem kurzzeitig, wenn ein zu niedriger Blutdruck die Ursache ist.

Bewegung regt nämlich die Blutzirkulation an. In jedem Fall lohnt es sich, die frostigen Treter aufzuwärmen. "Denn sie können zu erkältungsähnlichen Symptomen führen", sagt Professor Knut Kröger.

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Beobachten kann man diesen Effekt, wenn man im Winter draußen kalte Füße bekommt. "Die Nase beginnt zu laufen", so der Mediziner. Bei Frauen können solche Frostgefühle außerdem zu Anzeichen einer Blasenentzündung führen, fanden Wissenschaftler heraus.

Deutlich seltener steckt jedoch ein chronischer Gefäßschaden wie eine Arteriosklerose hinter den kalten Extremitäten. Bei ihr kommt es zur Ablagerung von Blutfetten, Bindegewebe, Blutgerinnsel und Kalk in den Blutgefäßen. Diese verengen die Arterien und verringern den Blutfluss.

Meist entwickelt sich der Gefäßverschluss schleichend über Jahre hinweg, denn anfänglich bemerken die Betroffenen oft keinerlei Symptome oder gehen darüber hinweg. Schmerzen, die beim Gehen in der Wade auftreten oder später im Oberschenkel oder Gesäß gelten als frühste Warnsignale.

Werden sie ignoriert, kann es im Verlauf der Erkrankung zu Schmerzen in den Armen oder Beinen, Taubheitsgefühl oder Schwindel kommen. Auch leicht mit der koronaren Herzerkrankung verwechselbare Symptome wie Herzrhythmusstörungen, Herzschmerzen, ein Engegefühl in der Brust oder Ohnmachtsanfälle können hinzukommen. Wer solche Beschwerden feststellt, sollte umgehend einen Arzt aufsuchen.

Es gibt verschiedene Risiken, die das Auftreten eines Gefäßverschlusses in den Beinen wahrscheinlicher machen. Zu ihnen zählen nach Informationen des Berufsverbandes Deutscher Internisten vor allem eine zu cholesterin- und kochsalzreiche Ernährung sowie starkes Rauchen, aber auch körperlicher und seelischer Stress. Neben genetischen Faktoren gelten auch Fettstoffwechselstörungen als Risikofaktoren sowie Bluthochdruck und Diabetes.

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Schreitet die Gefäßverkalkung voran, sind die Betroffenen häufig nicht mehr in der Lage längere Strecken zu laufen. Bleiben die Betroffenen stehen, verbessert sich die Blutzirkulation wieder und sie können einige Schritte tun.

Doch dann wird der Schmerz erneut so groß, dass sie pausieren müssen. Ganz so, als ob sie sich die Auslagen im Schaufenster ansehen wollten. Genau daher hat die Erkrankung auch ihren im Volksmund geläufigen Namen "Schaufensterkrankheit".

Mit der Zeit kann es zu einem Verschluss der Blutgefäße kommen, der arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). Etwa 4,5 Millionen Menschen leiden darunter. Meist aber wird die erschreckend spät erkannt. Nach Informationen der Deutschen Gesellschaft für Angiologie zeigte eine großangelegte Studie, "dass jeder Fünfte über 70-Jährige der beim Hausarzt Untersuchten eine pAVK im beginnenden oder sogar fortgeschrittenen Stadium hatte, ohne davon zu wissen.

"Das Gefühl eines kalten, absterbenden Fußes, Ruheschmerzen oder nächtlich starke Schmerzen sind Anzeichen für ein fortgeschrittenes Stadium der Krankheit", sagt Professor Kröger. Im Schlaf senkt sich der Blutdruck, wodurch die Gefäße weniger durchblutet werden. "Die Füße werden dann noch kälter", erklärt der Krefelder Gefäßspezialist.

Menschen, die also zu kalten Füßen neigen und daneben weitere Missempfindungen haben, sollten sich untersuchen lassen. "In seltenen Fällen kann beispielsweise nach einer Operation oder Verletzung, wie einer Knöchelfraktur ein Nervenschmerz zurück bleiben. Auch dieser kann zu Missempfindungen wie kalten Füßen führen", sagt Kröger.

Heute ist diese Erkrankung unter der Bezeichnung "chronisch regionales Schmerzsyndrom" (CRPS) bekannt, wird aber auch als Morbus Sudeck bezeichnet. Experten schätzen, dass jährlich zwischen 10.000 und 40.000 Menschen in Deutschland daran erkranken.

Neben kalten Füßen zeigt sich die Haut dort häufig bläulich verfärbt und geschwollen. Es kann zudem zu verstärktem Haar- und Nagelwachstum sowie Muskelverkrampfungen kommen.

Als Durchblutungsstörung ist daneben das Raynaud-Syndrom beschrieben, bei dem aber in erster Linie die Finger von attackenartiger Mangeldurchblutung betroffen sind.

Sie werden dann ganz blass, beinahe weiß und eiskalt. "Es tritt jedoch selten an den Füßen auf", sagt Kröger. In den meisten Fällen ist diese Durchblutungsstörung nur kurzzeitiger Natur und verschwindet von selbst wieder. Hervorgerufen wird sie in erster Linie durch Kälte.

Häufig wird auch ein Zusammenhang zwischen Diabetes und kalten Füßen hergestellt. Der aber ist nach Ansicht des Krefelder Chefarztes nicht gegeben. "Der diabetische Fuß ist warm. Allerdings spüren die Patienten ihre Füße häufig in Folge von Nervenentzündungen nicht mehr. Sie spüren dadurch auch Verletzungen oft erst, wenn sie blutige Flecken an Strümpfen oder Teppich wahrnehmen", so der Gefäßmediziner.

Eine große Gefahr besteht laut Kröger für Diabetiker im Winter: Durch die Empfindungsstörungen spüren sie keine Kälte und erleiden dann Erfrierungen, ohne sie zu bemerken.

Um Verletzungen oder Erkrankungen der Füße vorzubeugen, rät er insgesamt dazu, die Füße bei der täglichen Körperpflege mit einzubeziehen. Häufig werde das nicht gemacht.

Vor allem Männer gehen nicht gut mit ihren Tretern um, findet Kröger. "Das liegt daran, dass der Fuß negativ belegt ist." Statt vom Stinkefuß zu sprechen, sollte man besser Kindern schon beibringen, dass auch dieses Körperteil regelmäßig Beachtung brauche.

(wat)
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