Studie Hilft Ritalin gegen Kriminalität?

Chicago · Menschen mit einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) begehen häufiger eine Straftat als andere. Jetzt zeigt eine schwedische Studie, dass Betroffene bei Einnahme von Medikamenten wie Ritalin deutlich seltener kriminell werden.

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Foto: AP

Die Ergebnisse legen nahe, dass Personen mit ADHS über das Kinder- und Jugendlichenalter hinaus von einer Medikamentierung profitieren könnten.

Für die in der aktuellen Ausgabe des Fachblattes "New England Journal of Medicine" veröffentlichten Untersuchung werteten Wissenschaftler um Paul Lichtenstein vom Karolinska-Institut in Stockholm die Daten von rund 16.000 Männern und 10.000 Frauen im Alter von 15 Jahren und älter aus, bei denen ADHS diagnostiziert worden war. Aus den Unterlagen ging hervor, ob ihnen Medikamente gegen Hyperaktivität verschrieben worden waren oder nicht. Hinzugezogen wurden Gerichts- und Gefängnisakten der Jahre 2006 bis 2009; bei Straffälligen wurde geprüft, ob sie zum Zeitpunkt der Straftat medikamentiert worden waren.

Ergebnis: Rund 37 Prozent der Männer (Frauen: 15 Prozent) mit ADHS waren in dem Vierjahreszeitraum mindestens einmal straffällig geworden, in der ADHS-freien Kontrollgruppe waren es neun Prozent (Frauen: zwei Prozent). Erhielten die Personen mit ADHS Medikamente, verringerte sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie straffällig wurden, bei Männern um 32 Prozent und bei Frauen um 41 Prozent.

Vor allem Einbruchs- und Diebstahlsdelikte

Bei den Straftaten handelte es sich überwiegend um Einbruchs- und Diebstahlsdelikte. Er sei überrascht, wie sehr sich die Medikamentierung ausgewirkt habe, sagte William Cooper von der Vanderbilt-Universität in Nashville, der zu ADHS geforscht hat, an der im "NEJM" veröffentlichten Untersuchung aber nicht beteiligt war.

Bisher sei ADHS wahrgenommen worden als eine Störung von Kindern und Jugendlichen, man sei davon ausgegangen, dass im höheren Alter Medikamente nicht mehr notwendig seien, sagte Cooper. "Wir fangen erst jetzt an zu verstehen, dass ADHS für viele Menschen ein Zustand ist, der wirklich das ganze Leben lang andauert."

Verhalten äußerte sich Philip Asherson vom Institut für Psychiatrie am King's College in London. ADHS-Medikamente würden Betroffenen helfen, ihren Alltag besser zu organisieren und impulsives Verhalten besser in den Griff zu bekommen, sagte er.
Außerdem führe eine Medikamentierung dazu, dass Betroffene regelmäßig in therapeutischer Behandlung seien. Nicht zwangsläufig seien es die Medikamente allein, die die Wahrscheinlichkeit straffälligen Handelns verringerten.

Aber auch er schlussfolgert aus der Studie, dass ADHS-Medikamente häufiger verschrieben werden sollten. "Die Studie bringt den Nachweis einer Beziehung zwischen ADHS und Kriminalität und dafür, dass Medikamentierung eine Auswirkung auf Strafanfälligkeit hat."

(APD)
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