Viren, Bakterien, Pilze Händeschütteln ist ungesund

Düsseldorf (RP). Alles schon nachgewiesen: Hände sind Tummelplätze für alle möglichen Viren, Bakterien und Pilze. Manche sind dort vorgesehen, manche geraten durch eine Schmierübertragung dorthin. Durch häufigeres Händewaschen ließen sich etliche Infektionen vermeiden.

Wie sie den Viren aus dem Weg gehen können
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Wie sie den Viren aus dem Weg gehen können

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Foto: ddp

Experten der diversen Psycho-Fächer werden immer aufmerksam, wenn eine Person von sich sagt, sie wasche sich häufig die Hände. Ist dieser Mensch wirklich ein hygienisches Vorbild, oder ist er ein Opfer von Zwangshandlungen? Reinigt er sich, weil es nötig ist oder weil ihm sein Gehirn diese Reinigung immer wieder souffliert?

Könnte sein, dass der übel beleumundete Waschzwang einen eminenten Vorteil hat: Der Waschende ist sauberer als seine Mitmenschen, er ist kein Ansteckungsrisiko und muss auch keines befürchten. Bei einer neuen englischen Studie ist herausgekommen, dass ein — flächendeckendes — Waschgebot sinnvoll sein könnte. Beim "Global Handwashing Day" haben Forscher der Londoner School of Hygiene and Tropical Medicine herausgefunden, dass britische Pendler — also Menschen mit vielen Personenkontakten am Tag — häufig Spuren fäkaler Erreger an ihren Fingern hatten.

Dabei waren, anders als erwartet, Frauen nicht reinlicher als Männer; sogar im angeblich kultivierten London hatten 21 Prozent der untersuchten Frauen Darmbakterien an den Händen, bei den Männern waren es nur sechs Prozent. Jenseits der Hauptstadt kehrten sich die Zahlen um: In Newcastle wurden bei 53 Prozent der Männer Keime befunden, immerhin noch bei 30 Prozent der Frauen.

Die Briten, die ihre Nachbarn vom Kontinent gern der Schmuddeligkeit zeihen, dürfen sich an die eigene Nase fassen. Dabei werden sie nichts Angenehmes riechen, aber auch nichts Unangenehmes — sie riechen gar nichts. Aber an der Nase holen sie sich Keime ab, wie Professor Hartmut Hengel sagt: "Viele Keime befinden sich ja im Nasen-Rachen-Trakt, und wenn die Hand zum Mund oder zur Nase greift, kann sie sehr schnell von ihnen besiedelt werden." Das gilt beispielsweise für den gefürchteten Keim Staphylococcus aureus.

Hengel, leitender Virologe an der Düsseldorfer Uniklinik, erläutert das: "Schmier- und Kontaktübertragungen spielen hier eine große Rolle. Bei mikrobiologischer Untersuchung infizierter Personen lassen sich auch Krankheitserreger auf den Händen finden, etwa die Erreger von Grippe, Masern oder Keuchhusten, und man findet bei Infizierten auch Mykoplasmen oder Chlamydien, alles Keime, die auf der Hand sonst nicht vorkommen — von vielen Darmbakterien abgesehen."

Eine neue Cochrane-Studie hat gezeigt, dass regelmäßiges Händewaschen die Häufigkeit von Magen-Darm-Erkrankungen wie Durchfall um ein Drittel senken kann. Aber auch andere Krankheitserreger wie Grippeviren werden durch Hygiene konsequent vernichtet. Händewaschen reicht fast immer aus; nur im Krankenhaus ist auch Desinfektion nötig.

Neben dem Händewaschen (am besten mit Seife aus dem Seifenspender) gibt es eine weitere effektive Schutzmöglichkeit gegen unerwünschten Keimkontakt: Hände erst gar nicht schütteln. Viele Menschen haben sich diesen Akt angeblicher Höflichkeit schon abtrainiert, weil er potenziell Keime übermittelt. Menschen mit einer Schwäche des Immunsystems verweigern die handgreifliche Begrüßung oft kategorisch, und auch Gesunde haben gute Gründe, ihnen beizupflichten. Fernöstliche Kulturen, für Höflichkeit bekannt, praktizieren das Händeschütteln gar nicht.

Wer also einem die Hand hinhält und das Grußangebot nicht erwidert bekommt, sollte sich nicht etwa brüskiert oder gar abgelehnt fühlen — vielleicht möchte der Begrüßte einfach nur nicht mit den Keimen des anderen, den er nicht gut genug kennt, in Berührung kommen. Dass Leute gesund aussehen, sagt nichts über den Zustand ihrer Hände, weiß Hengel: "Viele Menschen werden von gewissen Erregern, die sie mit sich herumschleppen, nicht krank, weil ihr Immunsystem gut funktioniert. Aber als Überträger funktionieren sie damit umso besser."

Wer sich während der kommenden Festtage vor ansteckenden Krankheiten schützen will, sollte seine Gäste eher mit einem Wangenkuss als mit einem Händedruck willkommen heißen. Solche Küsse sind weitaus weniger bedenklich; das hat ein britisch-amerikanisches Medizinerteam in einer Übersichtsstudie herausgearbeitet.

Gewiss gibt es Skeptiker, die solche Maßnahmen für sinnlos halten: Hygiene sei ein übertriebener Akt der Ängstlichkeit und fördere erst Infektionen, indem sie natürliches Milieu vernichte. Sicher ist, dass einige Keime das anders sehen.

(RP)
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