Zunehmende Antibiotika-Resistenz Gesundheitsexperten schlagen Alarm

Düsseldorf · Das Europäische Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention (ECDC) warnte, dass erstmals gleich eine ganze Reihe europäische Länder Resistenzen gegenüber Reserveantibiotika gemeldet hätten, die sich Ärzte eigentlich für Notfälle aufsparen. Dies seien "besorgniserregende Neuigkeiten", warnte Behördenchef Marc Sprenger in Brüssel. Schon jetzt sterben EU-weit mehr als 25.000 Menschen jedes Jahr an Infektionen durch antibiotikaresistente Bakterien.

Zunehmende Antibiotika-Resistenz: Gesundheitsexperten schlagen Alarm
Foto: ddp

Grund für die steigende Zahl von Resistenzen sind unter anderem die zu großzügige oder fahrlässige Anwendung von Antibiotika bei Mensch und Tier. Noch immer würden zu viele Ärzte zu leichtfertig Antibiotika verschreiben und viele Patienten diese falsch einnehmen, kritisierte EU-Gesundheits- und Verbraucherkommissar John Dalli.

Inflationärer Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft

Als einer der Hauptverursacher des Problems gilt aber die Landwirtschaft, wo Antibiotika auch aufgrund der schlechten Haltungsbedingungen sehr häufig und zum Teil sogar präventiv gegeben werden. Laut einer am Dienstag veröffentlichten Studie aus Nordrhein-Westfalen bekommen bereits vier von fünf Hühnern Antibiotika.

Die EU-Kommission appellierte angesichts dieser Entwicklung an die Mitgliedsländer, mehr zu tun und kündigte weitere - auch gesetzliche Schritte an, um unter anderem den Missbrauch von Antibiotika bei der Tierzucht einzuschränken. "Wir müssen rasch und entschlossen handeln, wenn wir nicht die Möglichkeit verlieren wollen, bakterielle Infektionen bei Mensch und Tier mit Antibiotika zu behandeln", warnte Dalli.

Um hier spürbare Fortschritte zu machen, müssten die Länder Europas zusammen arbeiten, mahnte EU-Forschungskommissarin Máire Geoghegan-Quinn. "Kein Land alleine kann dieser Herausforderung alleine gerecht werden."

Aigner fordert Konsequenz von Ländern

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CDU) begrüßte die Initiative aus Brüssel und sprach sich für eine "umfassende, gemeinsame europäische Antwort" aus. Bis neue Regelungen in Kraft treten könnten, gelte es nun die bereits bestehenden Gesetze auch tatsächlich umzusetzen, betonte sie und forderte die Länder auf "von ihren Überwachungs-, Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten mit aller Konsequenz Gebrauch zu machen".

Kritischerer Einsatz beim Menschen

Der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, Peter Liese, und der Veterinärexperte Horst Schnellhardt mahnten vor allem einen kritischeren Einsatz beim Menschen an. "Es ist unverantwortlich, beim kleinsten Schnupfen schon Antibiotika einzunehmen, ohne dass überhaupt eine bakterielle Infektion vorliegt", erklärten die CDU-Politiker. "Dadurch züchten wir Antibiotikaresistenzen." Laut ECDC werden bis zu die Hälfte der Antibiotika in Krankenhäusern falsch eingesetzt.

In Deutschland hat Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) bereits Maßnahmen angekündigt, mit denen sie einem übermäßigen Antibiotikagebrauch entgegenwirken will. So soll die Überwachung durch Länderbehörden verbessert und mehr Transparenz über die tatsächlich verabreichten Mengen in der Tierzucht erreicht werden.

(APD)
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