Eine chronische Schmerzerkrankung Fibromyalgie - Schmerzen mit ungeklärter Ursache

Die Fibromyalgie oder das Fibromyalgiesyndrom ist eine häufig auftretende chronische Schmerzerkrankung, die sich durch Muskel- und gelenknahe Schmerzen äußert. Dazu bestehen häufig Ein- und Durchschlafstörungen, als weitere Symptome können Konzentrationsstörungen, Leistungsabfall und nicht selten seelische Beschwerden wie Angstgefühle oder sogar Depressionen auftreten.

Fibromyalgie: 10 Fakten über die chronische Schmerzerkrankung
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10 Fakten über Fibromyalgie

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Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Was ist Fibromyalgie?

Bei Fibromyalgie handelt es sich um eine chronische Schmerzerkrankung. Der Begriff bedeutet wörtlich übersetzt „Muskel-Schmerz“. Das Syndrom geht mit Schmerzen in verschiedenen Körperregionen einher, oftmals sind gelenknahe Stellen und Muskeln betroffen. In Deutschland sind rund zwei Prozent der Erwachsenen vom Fibromyalgiesyndrom betroffen, Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer. In den meisten Fällen wird die Erkrankung zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr festgestellt, allerdings können auch Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene unter dem Fibromyalgiesyndrom leiden.

Wie fängt Fibromyalgie an?

Fibromyalgie wird auch als Fibromyalgiesyndrom – kurz FMS – bezeichnet. Die Krankheit entsteht über einen sehr langen Zeitraum. Die Patienten leiden zumeist unter chronischen Schmerzen, die über lange Zeit andauern. In vielen Fällen beginnen die Schmerzen am Rücken und breiten sich dann auch in Beinen und Armen aus, oftmals treten die Beschwerden in der Nähe der Gelenke auf.

Die ständigen Schmerzen sorgen vielfach für Schlafstörungen, die Betroffenen sind körperlich und geistig erschöpft. Dazu kommen Angstgefühle, innere Unruhe und Niedergeschlagenheit bis hin zur Depression.

Was passiert bei Fibromyalgie im Körper?

Beim Fibromyalgiesyndrom reagiert der Körper auf bestimmte äußere Faktoren mit Schmerzen. Auslöser können beispielsweise Stress im Arbeitsleben oder im Alltag oder andere psychische Belastungen sein. Wiederholt sich dieses Verhalten, kann sich im Laufe der Zeit ein mechanischer Beantwortungsmechanismus entwickeln. „Schmerzen sind dann automatisch die Antwort auf Stress und nehmen immer mehr zu“, warnt Prof. Stefan Schewe, niedergelassener internistischer Rheumatologe aus München und Vorstandsmitglied der Deutschen Rheuma-Liga (bitte Link einfügen www.rheuma-liga.de ). „Es kommt im Körper zu sogenannten Autobahnen des Schmerzes und irgendwann treten selbst bei kleinsten Herausforderungen starke Schmerzen auf.“

Welche Symptome hat man bei Fibromyalgie?

Typisch für das Fibromyalgiesyndrom sind chronische Schmerzen in unterschiedlichen Körperregionen. Besonders betroffen ist oftmals der Rücken, dazu treten Beschwerden in Beinen und Armen rund um Hüften, Knie, Sprunggelenke sowie Hände, Ellenbogen und Schultern auf. Viele Patienten leiden weiterhin unter Schlafstörungen und sind sowohl körperlich als auch geistig total erschöpft. Dies führt auch zu seelischen Problemen und Beschwerden. FMS-Betroffene reagieren oftmals empfindlich auf Reize und leiden unter innerer Unruhe, Angst oder sogar Depressionen.

Weitere typische Beschwerden sind Kopfschmerzen, Gefühlsstörungen an Händen und Füßen, Magen- und Darmprobleme, Herzrasen oder Konzentrationsstörungen. Das FMS geht vielfach auch mit einer allgemein erhöhten Schmerzempfindlichkeit einher.

Wie entsteht Fibromyalgie?

Die genauen Ursachen für das Entstehen einer Fibromyalgie sind bis heute nicht bekannt. Bestimmte Faktoren können jedoch das Risiko erhöhen. „Auslösesituationen können Stresssituationen im Arbeitsleben und im Alltag sein, die dazu führen, dass Stress mit Schmerzen beantwortet wird“, erklärt Prof. Dr. Stefan Schewe. „Die Erkrankung hat somit auch mit der heutigen Lebensweise zu tun. Man muss den ständigen Anforderungen gerecht werden, dazu kommen vielfach mangelnde Bewegung und eventuell noch Traumata.“ Ein Beispiel für weitere Ursachen sind psychische Belastungen wie Misshandlungen im Kindesalter. Darüber hinaus begünstigen auch Übergewicht und das Rauchen eine Erkrankung, weiterhin kann das Fibromyalgiesyndrom auch als Folge einer anderen Krankheit auftreten.

Seit einigen Jahren forschen Experten zudem daran, ob biochemische oder neurologische Störungen bei der Entstehung der Krankheit eine Rolle spielen. Sie untersuchen beispielsweise die Wahrnehmung von Schmerz an den zuständigen Rezeptoren. Fibromyalgie-Patienten scheinen ein anderes Wahrnehmungsverhältnis zu haben, so dass es sich bei FMS auch um eine Erkrankung der Nerven handeln könnte. Bei Betroffenen scheint die Schwelle, ab der Reize als Schmerz empfunden werden, deutlich niedriger als bei anderen Menschen zu sein.

Wie kann man Fibromyalgie behandeln?

Die Symptome und Beschwerden der Fibromyalgie-Betroffenen sind sehr unterschiedlich. Daher muss ein Arzt die Therapie ganz individuell abstimmen, oftmals werden verschiedene Formen der Behandlung kombiniert. „In erster Linie setzen wir auf die Information des Patienten“, betont Prof. Stefan Schewe. „Das Wissen über die Form der eigenen Erkrankung ist äußerst wichtig. Es ist hilfreich zu erkennen, dass man unter einer Schmerzwahrnehmungs- und Schmerzleitungserkrankung leidet und keine Erkrankung der Gelenke vorliegt.“ Die Information ist ein wichtiger Schritt der Therapie, denn so können Betroffene die Symptome besser einordnen und die Krankheit mit Unterstützung erfahrener Ärzte angehen. Allerdings werden Patienten mit FMS selbst von einigen Ärzten nicht ausreichend ernst genommen, das kann zu weiteren psychischen Belastungen führen.

Neben der umfassenden Information des Patienten über das Fibromyalgiesyndrom spielt die Bewegung im Alltag eine wichtige Rolle bei der Behandlung. „Wir wissen, dass Bewegung die Schmerzwahrnehmung positiv beeinflussen und damit vermindern kann“, hebt Prof. Stefan Schewe diesen wichtigen Baustein der Therapie hervor. „Das klingt für viele Patienten zunächst unschlüssig, aber Bewegung führt dazu, dass die Schmerzen weniger empfunden werden.“ So können gymnastische Übungen beispielsweise die Muskeln lockern, sinnvoll sind auch „sanfte“ Sportarten wie Gehen, Nordic Walking, Schwimmen oder Radfahren. Besonders gut vertragen FMS-Patienten die Bewegung in warmem Wasser. In jedem Fall müssen die Patienten im Rahmen der Therapie jedoch langsam mit dem Sport beginnen, da Übungen zunächst auch zu neuen Schmerzen führen können. Wichtig ist auch das Dehnen vor dem sanften Training. Angenehm können zudem warme Bäder oder Wärmepackungen sein. Bei psychischen Beschwerden helfen Entspannungsübungen, autogenes Training oder Meditation.

In Ausnahmefällen kann eine medikamentöse Therapie notwendig sein. „Diese hilft jedoch oftmals nur für eine gewisse Zeit und eignet sich keinesfalls zur Dauerbehandlung“, warnt Internist Prof. Schewe. „Viele Patienten möchten zunächst schmerzfreier werden und können beispielsweise mit nichtsteroidalen Antirheumatika behandelt werden. Damit gehen jedoch oftmals starke Nebenwirkungen einher, so dass sie nur als Ausnahme zum Einsatz kommen sollen.“ Generell sind Schmerzmittel im Rahmen der Behandlung des Fibromyalgiesyndroms selten hilfreich, der Effekt ist gering.

Bei relevanten Begleiterscheinungen wie einer Depression können zur Behandlung auch Antidepressiva verschrieben werden. Sie verbessern den Schlaf, lindern Schmerzen und lösen Verspannungen. „Schlafstörungen sind ein wichtiger Grund für die Schmerzzustände bei Fibromyalgie-Patienten“, erklärt Prof. Schewe. „Wer nachts besser schlafen kann, fühlt sich zumeist deutlich besser.“ Reine Schlaf- oder Beruhigungsmittel sind zur FMS-Behandlung allerdings weniger geeignet, da sich der Körper an die Medikamente gewöhnt. Generell sollte eine medikamentöse Therapie immer mit Verfahren wie Krankengymnastik, Trainingstherapie oder psychologische Beratung einhergehen. Letztere ist besonders wichtig bei Verbindungen von FMS mit Traumata in der Kindheit oder Jugend, die an der Entstehung der Erkrankung beteiligt sein können.

Wie wird Fibromyalgie diagnostiziert?

Bis zur Diagnose der Erkrankung vergeht oftmals viel Zeit. „Der Arzt muss dazu die Krankheitsgeschichte des Patienten genau hinterfragen und andere Erkrankungen ausschließen“, erklärt Prof. Stefan Schewe von der deutschen Rheuma-Liga. „Es handelt sich daher um eine Ausschluss-Diagnose.“ Vielfach wenden sich Betroffene mit den Schmerzen im Rücken- und Gelenkbereich zunächst an einen Orthopäden. Bei einer Fibromyalgie sind die Gelenke jedoch in Ordnung und der Facharzt findet dann weder bei einer klinischen Untersuchung noch in den Laborwerten Hinweise auf Entzündungen. Um eine Diagnose zu erhalten, wandern viele Patienten von einem Arzt zum nächsten und werden teilweise nicht ernstgenommen, da die Ursache ihrer Symptome nicht auszumachen ist. Die Schmerzen treten vielmehr ohne erkennbaren Grund auf. Zudem ist eine Diagnose des Fibromyalgiesyndroms auch nicht mit Laborwerten möglich.

Der richtige Ansprechpartner für FMS-Patienten ist ein Rheumatologe. Für eine Diagnose hinterfragt er die genaue Krankheitsgeschichte des Betroffenen, untersucht den Körper gründlich und prüft, ob eine entzündliche Rheuma-Erkrankung vorliegt, die direkt behandelt werden kann. Sind andere rheumatische Krankheiten ausgeschlossen, kann die Diagnose „Fibromyalgiesyndrom“ lauten. „Die Schmerzen bei FMS haben wechselnden Charakter und treten nicht nur am Gelenk auf“, weiß Prof. Stefan Schewe. „Ein wichtiger Hinweis auf die Erkrankung sind schmerzhafte Druckstellen an den Sehnenansätzen.“

Wie lange dauert ein Schub bei Fibromyalgie?

Das Fibromyalgiesyndrom äußert sich durch chronische Schmerzen in verschiedenen Körperregionen. Diese sind unberechenbar und können sich jeden Tag anders anfühlen. Die Beschwerden sind beispielsweise unterschiedlich stark oder treten an verschiedenen Stellen im Körper auf. Bei einigen Menschen lassen die Schmerzen tagsüber für einige Stunden nach.

Was löst Fibromyalgie-Schübe aus?

Im Allgemeinen fördern Stress im Alltag und Berufsleben sowie andere psychische Belastungen die Entstehung von Fibromyalgie. Im Laufe der Zeit reagiert der Körper selbst auf einfache Reize mit Schmerzen, was zu einer Beeinträchtigung vieler Lebensbereiche führt.

Ist Fibromyalgie heilbar?

Viele Betroffene leiden ihr Leben lang unter dem Fibromyalgiesyndrom. „Die meisten Menschen lernen mit der Erkrankung umzugehen, weil sie merken, dass sie die Schmerzwahrnehmung durch ihr Verhalten beeinflussen können“, gibt Prof. Schewe Hoffnung. „Hilfreich ist auch der Austausch mit anderen Betroffenen, beispielsweise über die Rheuma-Liga. Hier gibt es Anregungen dazu, wie man mit dem Schmerzproblem umgehen kann.“

(bb)
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